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Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin

Titel: Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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lang genug, um den Boden zu erreichen; nachdem Daoud es losgebunden hatte, zog Ramses es hinunter und tat rasch etwas, das ich nicht sehen konnte – es wieder festbinden, nahm ich an, da es sich kurz darauf wieder abrollte und das Ende unweit der Stelle über dem Boden baumelte, wo wir standen. Es war in regelmäßigen Abständen geknotet – eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, um zu verhindern, dass der Kletterer den Halt verlor.
    Ramses schwang sich auf den Felsgrat und begann mit dem Abstieg. Noch bevor ich sein Gesicht sah, wusste ich, dass etwas im Argen lag.
    »Es ist kein Tier«, klärte er uns auf. »Es ist ein Mensch. Das heißt, es war einmal einer.«
    Nefret griff nach dem Seil. Ramses fasste sie an den Schultern, zerrte sie zurück und drehte sie zu sich um. »Er ist tot, Nefret. Du kannst nichts mehr für ihn tun.«
    »Ich kann feststellen, wie er gestorben ist.« Sie versuchte sich ihm zu entwinden, doch er verstärkte seinen Griff.
    »Nefret, hör mir zu! Ich rede nicht von einer hübsch einbalsamierten Mumie. In der Kammer steht noch immer Wasser, und er liegt seit Tagen, womöglich seit Monaten dort oben.«
    Ihr Gesicht war gerötet von Hitze und Erregung. »Verflucht, Ramses, ich habe mehr Leichen untersucht als du!«
    »Du wirst diese nicht untersuchen.«
    »Wer sollte mich daran hindern?«
    »Äh-hm«, räusperte sich Emerson.
    Ich stieß ihn mit meinem Schirm. »Du jedenfalls nicht, Emerson. Nefret, mäßige dich und denk nach. Ich teile dein Interesse an Leichen voll und ganz, aber ich sehe keinen sittlichen Nährwert darin, diese hier und jetzt zu untersuchen.«
    Der Geruch schien sich seit Ramses’ Ankündigung intensiviert zu haben. Ich presste ein Taschentuch auf meine Nase, und Emerson musterte mich entgeistert.
    »Heißt das, du bestehst nicht darauf, ihn zu inspizieren, und das Grab auch nicht? Gütiger Himmel, Peabody, fühlst du dich nicht gut?«
    »Ganz hervorragend, mein Lieber, danke der Nachfrage, und das soll auch so bleiben.«
    Die Kinder, die einander aggressiv angefunkelt hatten, drehten sich zu uns. Erfreut stellte ich fest, dass meine vernunftgeprägten Äußerungen die Gemüter etwas besänftigt hatten. Nefrets Mundwinkel zuckten, und die Zornesröte wich von Ramses’ Gesicht. Seine Hände glitten von ihren Schultern zu ihren Armen, eine kaum merkliche Liebkosung. »Bitte«, sagte er.
    Nefret warf den Kopf zurück und sah ihm fest in die Augen. »Wenn du es so siehst …«
    Emerson entfuhr ein Stoßseufzer. »Sehr gut. Wir werden ihn ohnehin hinausschaffen müssen, wenn wir das Grab inspizieren wollen.«
    »Die Pietät erfordert, dass er von dort oben fortgeschafft wird«, räumte ich ein. »Und ein anständiges Begräbnis bekommt. Ich tippe auf einen Unfall, während er auf Grabplünderungstour war.«
    »Es war kein Unfall. Man hat ihn in Sitzhaltung vor der Stollenwand aufgerichtet, und damit er nicht umfällt …« Ramses zögerte, bevor er fortfuhr. »… hat man ihm einen Eisennagel durch die Kehle und in eine Felsritze getrieben.«
4. Kapitel
    Bevor wir die Proviantkörbe öffneten, marschierten wir noch ein Stück durch das Wadi. Da kein Lüftchen ging und es kaum Schatten gab, legten wir so viele Kleidungsstücke ab, wie es gerade noch schicklich war. Voller Neid sah ich von Ramses zu Emerson, beide mit freiem Oberkörper, und zu Selim und Daoud, die sich in ihren verhüllenden, aber weiten Gewändern sehr wohl zu fühlen schienen.
    Ich wusste, dass ich mich noch mit Emerson würde auseinander setzen müssen, was das weitere Procedere anbelangte. Er war fest entschlossen, in dieses verflixte Grab vorzudringen.
    »Wir haben nicht die entsprechende Ausrüstung, um einen verwesenden Leichnam zu bergen«, gab ich zu bedenken, während ich eine Orange schälte. »Wie wollen wir ihn überhaupt transportieren? Du denkst doch hoffentlich nicht, dass wir uns reihum abwechseln und ihn über diese Klippen schleppen?«
    Emerson ist der eigensinnigste Mensch, den ich kenne, aber selbst er wusste darauf erst einmal nichts zu erwidern. Er biss in einen Hähnchenschenkel und kaute mit vollen Backen. Seine blauen Augen nahmen einen nachdenklich-verträumten Ausdruck an, seine edle Denkerstirn blieb unbewegt; aber ich wusste genau, dass er nur auf Zeit spielte, bis er meinen logischen Erwägungen einen Dämpfer verpassen könnte.
    »Zugegebenermaßen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich«, räumte Ramses ein, der seinen Vater ebenso gut einzuschätzen wusste wie ich. »Ich

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