Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Medinet Habu konzentrieren. Sie können nicht erwarten, dass die Antikenverwaltung es tolerieren wird, wenn Sie irgendwelchen Hirngespinsten nachjagen.«
Als wir aufbrachen, war die Kutsche überladen. Jumana saß auf der Bank, gemeinsam mit Ramses und Nefret, doch ihre Kisten und Kästchen brauchten unendlich viel Platz. Bei unserer Ankunft zeigte ich dem Mädchen ihr Zimmer. Ich hatte den starken Verdacht, dass sie die Annehmlichkeiten nicht beeindruckten. Als Gast in Cyrus’
Haus hatte sie vermutlich mehr Komfort genossen. Trotzdem lobte sie alles sehr artig. Schließlich teilte ich ihr mit, dass Emerson mit ihr reden wolle.
»Worüber denn?«, wollte sie wissen.
»Ich denke, du weißt worüber, Jumana. Um Himmels willen, Kind, du siehst ja aus wie ein verschrecktes Kaninchen. Du hast doch sicher keine Angst vor ihm.«
»Nicht vor ihm«, murmelte Jumana kaum hörbar.
»Ich habe nichts Verwerfliches getan, Sitt Hakim.«
»Das habe ich auch nie behauptet. Komm mit.« Wir hatten uns zuvor darauf geeinigt, dass Emerson und ich ein vertrauliches Gespräch mit Jumana führen würden, von daher verblüffte mich, dass die Kinder noch im Salon waren.
»Wir haben nur gewartet, um Gute Nacht zu sagen.«
Nefret gab mir einen Kuss.
»Ich hoffe, das Haus gefällt euch«, sagte ich, an Ramses gewandt, der mir seine Meinung bislang vorenthalten hatte. »Und dass ihr alles habt, was ihr für heute Nacht braucht.«
»Solange ein Bett drin steht«, murmelte mein Sohn und brach leise jaulend ab, da Nefret ihm ihren Ellbogen in die Rippen stieß.
»Ich will in der Morgendämmerung aufbrechen«, sagte Emerson entschieden.
»Ja, Sir«, erwiderte Ramses.
»Frühstück hier um sechs«, sagte ich.
»Ja, Mutter«, erwiderte Nefret.
Jumana sah ihnen mit großen Augen nach, als sie Arm in Arm, die Köpfe zusammengesteckt, verschwanden.
Oder war es Ramses, den sie mit schmachtendem Blick verfolgte? Sie war in dem Alter, in dem Mädchen sich in die unpassendsten Personen verlieben, und Ramses verfügte über sämtliche Attribute, die sie sich von einem zukünftigen Ehemann erhoffen durfte (einmal abgesehen von der störenden Tatsache, dass er bereits verheiratet war). Wenn Jamil von ihrer Schwärmerei wusste oder auch nur ahnte, würde das erklären, warum er sich Ramses als Vergeltungsobjekt ausgesucht hatte.
»Ach übrigens«, sagte ich zu Emerson, »du hast Cyrus nichts von den Artefakten erzählt, die ich in Kairo gekauft habe. Ich hatte fest damit gerechnet, du würdest sie ihm zeigen.«
»Ganz im Gegenteil«, entgegnete Emerson. »Dann würde er nur noch in Kairo herumlungern, auf der Suche nach weiteren von diesen verdammten Dingern. Er sollte sich auf seine Exkavation konzentrieren.«
Er verstummte, beschäftigte sich mit seiner Pfeife.
Nachdem der Augenblick jetzt gekommen war, reute ihn sein Vorschlag bereits, Jumana auf den Zahn zu fühlen;
er fürchtete, dass sie in Tränen ausbrechen könnte. Emerson ist hoffnungslos feige in Sachen Frauen.
Er wusste nicht, wie er anfangen sollte. Bevor wir etwas sagen konnten, setzte sich Jumana kerzengerade auf und schob trotzig ihr Kinn vor. »Es war furchtbar töricht von mir«, erklärte sie. »Jamil kann doch nichts Schlimmes tun … oder?«
»Nein«, sagte Emerson. »Außer vielleicht dir.«
»Er würde mir nichts tun.«
Ich war angenehm überrascht, dass sie sich beruhigt hatte – ängstliche Frauen sind mir ein Gräuel – gleichwohl war ihr Selbstvertrauen irgendwie alarmierend. »Er wird keine Gelegenheit bekommen«, bekräftigte ich. »Hör mir zu, Jumana. Du hattest Recht, Ramses vor Jamil zu warnen, aber du täuschst dich, wenn du meinst, er ist harmlos. Ich möchte dein Wort darauf, dass du nicht mehr allein umherstrolchst, und wenn Jamil versuchen sollte, Kontakt zu dir aufzunehmen, dann musst du uns das umgehend mitteilen.«
»Was wollt ihr mit ihm machen, wenn ihr ihn findet?«
Diesmal war Emerson zu schnell für mich. »Ihn einsperren. Du siehst doch hoffentlich ein, dass wir nicht billigen können, dass er irgendwelche Leute bedroht und … Warum starrst du mich so an, Peabody?«
»Ich starre dich nicht an, Emerson«, sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln. »Es ist nur … ich glaube, dass ich unsere Intentionen besser darlegen kann als du. Jumana, wenn Jamil zu uns käme und Reue zeigte, wür den wir alles tun, um ihm zu helfen.«
»Ganz bestimmt?«
»Ja«, erwiderte ich entschieden. Sie liebte diesen missratenen Burschen noch immer und
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