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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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vom großen Fluss entfernt waren, stahl sich Merasen ein Kamel und floh. Dabei tötete er zwei Männer.
    »Ich fand die Soldaten«, fuhr er fort. »Und ich hielt Wort. So konnte ich mich rächen und bekam zudem eine Belohnung. Sie gaben mir Geld. Es reichte nicht aus. Ich war am großen Fluss, aber tief im Süden, in dem Land, das sie Sudan nennen. Ich musste arbeiten, habe heimlich gestohlen und brauchte viele Monate, um hierher zu kommen. Es ist allein meine Schuld, wenn ich an der Mission meines Königs gescheitert bin.«
    Wir hatten ihm gebannt gelauscht. Emerson spielte mit seiner Pfeife herum. Sie anzuzünden, hatte er vor lauter Anspannung vergessen. Jetzt räusperte er sich. »Ihr seid nicht gescheitert. Nur wenige hätten so mutig und weise reagiert wie Ihr.«
    »Ganz recht«, bekräftigte ich, obwohl mir klar war, dass mein Kommentar neben Emersons wenig galt. Der junge Mann strahlte über das ganze Gesicht. Offenbar waren die Geschichten um Emersons Heldentaten bereits Legende in den Heiligen Bergen, ob nun aufgebauscht oder nicht.
    »Viele Monate«, murmelte Nefret. »Mindestens fünf. Und wir brauchen auch noch –«
    »Das diskutieren wir später«, unterbrach ich sie, zumal es draußen inzwischen dunkel wurde. »Ramses, zeigst du unserem Gast sein Zimmer und suchst ihm etwas Passendes zum Anziehen raus? Egal was, Hauptsache, er ist beim Abendessen manierlich gekleidet.«
    »Ich begleite ihn.« Nefret sprang auf. »Davids Sachen passen ihm bestimmt besser als deine, Ramses. Außerdem kann er erst einmal Davids Zimmer haben. Ist das in Ordnung, Tante Amelia?«
    »Ja, mein Schatz, danke für deine Hilfe«, erwiderte ich.
    Sie nahm Merasen bei der Hand und zog ihn mit sich.
    »Vater«, hob Ramses an. Emerson winkte ab.
    »Nicht hier. Komm mit in die Bibliothek.«
    Während Gargery schmollend das Teegeschirr abräumte, folgte ich Emerson in den besagten Raum. Er steuerte direkt zu dem Schrank neben dem Kamin, nahm eine massive Stahlkassette heraus und schloss diese auf. Nachdem er eine Zeit lang in den Papieren herumgewühlt hatte, fischte er ein vergilbtes Dokument heraus und breitete es auf dem Schreibtisch aus.
    Wir drei inspizierten es schweigend. Die Markierungen waren immer noch deutlich zu erkennen – Zahlen und etliche kryptische Symbole, die Bilderschrift der alten Ägypter. Vor zehn Jahren waren wir mit Hilfe einer Kopie dieser Karte zum Heiligen Berg gelangt. Nach unserer Rückkehr mit Nefret hatte ich diese Skizze eigentlich vernichten wollen. Emerson war strikt dagegen gewesen. »Man kann nie wissen«, hatte er angemerkt. »Eines Tages brauchen wir sie vielleicht wieder.«
    Jetzt wünschte ich mir sehnlichst, ich hätte sie verbrannt. Wenn ich an jene katastrophale Expedition zurückdachte, fielen mir nur die Gluthitze und der Treibsand, der ständige Durst und die Unzuverlässigkeit der von uns angeworbenen Männer ein. An die letzten Tage hatte ich keinerlei Erinnerung, da uns Tareks Rettungsmannschaft mehr tot als lebendig auffand. Unsere Abreise vom Heiligen Berg hatte überstürzt und in nächtlicher Dunkelheit stattgefunden, aber eines hatte ich noch lebhaft vor Augen: Als wir fortritten und ich mich aus Angst vor Verfolgern umgedreht hatte, ragten die Berggipfel wie eine mittelalterliche Burg vor dem Sternenhimmel auf – hell erleuchtet, denn im Innern tobte ein Feuer, vergleichbar einem Vulkanausbruch. Wir hatten Tarek im Kampf um den Thron zurückgelassen, nachdem er uns versichert hatte, dass die meisten Gegner bereits geschlagen seien. Wir hatten ihm versprochen, den heiligen Ort niemals zu erwähnen. Trotzdem hatte ich mich oft gefragt, wie die Sache ausgegangen war. Immerhin wussten wir jetzt, dass Tarek gesiegt hatte.
    Emerson sprach als Erster. »Es dauert einige Wochen, bis wir die Expedition zusammengestellt haben. Zudem können wir frühestens im September aufbrechen – die Wüstenhitze ist sonst unerträglich. Wenn wir uns denn dazu entschließen.« Erwartungsvoll blickte er zu mir.
    »Du hast doch bestimmt einen Hintergedanken, oder?«, forschte ich.
    »Für wie naiv hältst du mich eigentlich?«, gab Emerson zurück. »Zweifellos wäre damit auch das Problem gelöst, wo wir in dieser Saison arbeiten.«
    »Zweifellos«, bekräftigte ich spitz. »Die Unwägbarkeiten der Reise und die Ungewissheit, was uns dort erwartet – falls wir den Heiligen Berg überhaupt erreichen –, lassen den logischen Schluss zu, dass wir dieses spezielle Problem vielleicht zum letzten Mal

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