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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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informierte ich meinen zeternden Kleidermuffel, dass er keine formelle Abendgarderobe tragen müsse, sich aber bitte schön die Haare bürsten und ein frisches Hemd überstreifen solle. Das machte er dann auch fröhlich und unmelodisch pfeifend.
    Mir war klar, warum er bester Laune war. Emerson liebt das Abenteuer an sich und sein archäologischer Forschergeist entflammte sich bereits bei der Aussicht, die einzigartigen Monumente der Vergessenen Oase erneut zu erforschen – eine intakte Kultur, die seit dem vierten Jahrhundert vor Christus kaum Außeneinflüssen ausgesetzt gewesen war. Damals hatten Flüchtlinge aus der versunkenen Hauptstadt Meroe ihren Weg dorthin gefunden, genau wie frühere Einwanderer aus den letzten altägyptischen Dynastien. Mit seinem Anliegen hatte Merasen meinem Ehemann die Qual der Wahl in punkto Ausgrabungsgebiet abgenommen – außerdem war damit Ramses’ Studium in Deutschland hinfällig geworden.
    Ich entschied mich für ein besonders hübsches Kleid in einem kräftigen Rotton – meiner Lieblingsfarbe. Offen gestanden musste ich mich bei Laune halten. Ganz egal, welche Vorkehrungen wir treffen würden, es war und blieb eine heikle, gefahrvolle Reise. Und was würden wir letztlich finden? Ein totes Kind und einen sterbenden König – das Ende einer Dynastie und etliche Thronanwärter, die bereits in Lauerstellung lagen? Selbst wenn wir unbeschadet ankämen, wie würde man unsere Ankunft aufnehmen? Auch wir hatten das Gesetz des Heiligen Berges gebrochen, indem wir diesen verlassen und zu allem Überfluss ihre hoch verehrte Hohepriesterin entführt hatten.
2. Kapitel
    »Und was machen wir mit David?«, wollte Ramses wissen.
    Die Bäume vor seinem Zimmerfenster glitzerten vor Nässe. Fahles Sonnenlicht hatte den frühmorgendlichen Nieselregen abgelöst.
    Zum ersten Mal seit der Ankunft unseres sonderbaren Besuchers fanden wir Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch. In den letzten beiden Tagen war mir wegen Merasen zunehmend unbehaglich zumute und Ramses schien meine Vorbehalte als Einziger aus der Familie zu teilen. Nefret mit ihrer Warmherzigkeit war natürlich auf Anhieb bereit, ihrem alten Freund und seinem Kind zu helfen, und Emerson drängte schon seit Jahren auf eine Rückkehr zum Heiligen Berg.
    Jetzt würde mein Ehemann seinen Willen bekommen. Die Expedition war beschlossene Sache. Eigentlich hatte sie nie in Frage gestanden – trotz der eher geringen Erfolgsaussichten. Noblesse oblige, wir standen tief in Tareks Schuld und hatten keine Wahl.
    Ebendiese Schuld hatten wir tagtäglich vor Augen: Nefret nämlich. Hätte Tarek nicht die lange, gefahrvolle Reise nach England gewagt, hätten wir sie niemals gefunden, und ihr dramatisches Schicksal wäre besiegelt gewesen. Die Frauen vom Heiligen Berg heirateten genau wie im alten Ägypten und im Königreich Meroe schon sehr früh und bekamen Kinder. Einer der Männer, der um ihre Hand angehalten hatte, war Tareks Bruder gewesen, ein skrupelloser Zeitgenosse, der dem jungen Monarchen nach dem Thron und nach dem Leben trachtete. Wären wir nicht dort aufgekreuzt, um unseren Freund tatkräftig zu unterstützen, hätte Nefret als geknechtete Ehefrau eines grausamen Despoten ihr Dasein fristen müssen.
    Gleichwohl bedurften diverse Probleme der Klärung und Ramses war offenbar der Einzige außer mir, der sich damit sachdienlich auseinander setzte.
    »David ist nur eines von vielen Problemen«, seufzte ich und spähte suchend nach einem freien Plätzchen, weil ich mich setzen wollte. Rose hatte am Morgen in Ramses’ Zimmer sauber gemacht, allerdings regierte bereits wieder das Chaos. Augenscheinlich hatte er Kommodenschubladen und Kleiderschrank auf der Suche nach Anziehsachen durchwühlt, die er tragbar fand. Das Ergebnis bestand aus einem kragenlosen, fadenscheinigen Hemd und einer fleckigen Hose (ich hätte schwören mögen, dass ich sie Rose zum Entsorgen mitgegeben hatte, zumal sich die Flecken nicht entfernen ließen. Sicher wieder irgendeine ekelhafte Chemikalie!) Die nicht genehmen Kleidungsstücke hingen ringsum auf den Möbeln verteilt. Auf Bett, Stühlen und Schreibtisch stapelten sich Bücher und Briefe. Zwei Kätzchen kletterten in den Gardinen herum.
    »Oh – Entschuldigung«, murmelte Ramses, der meine Absicht erkannte. Er hob einen Stoß Papier von einem Stuhl und warf diesen dann auf den überquellenden Schreibtisch, von wo er kurzerhand zu Boden fiel. »Setz dich, Mutter. Und?«
    »Du teilst meine Vorbehalte,

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