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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Shadow. Früher oder später wird es mir wieder einfallen .
    Die grünen Lichter wechselten zu Blau, dann Rot, schließlich wurde das Rot immer blasser, und die Spinne ließ sich auf ihr metallenes Hinterteil nieder. Wednesday begann wieder auszuschreiten, eine einsame Gestalt unter den Sternen, mit breitkrempigem Hut, sein ausgefranster dunkler Umhang bauschte sich regellos im von nirgendwoher wehenden Wind und sein Stock klopfte auf den glasigen Felsboden.
    Als die metallische Spinne nur mehr ein fernes Schimmern im Sternenlicht war, weit auf der Ebene hinter ihnen entfernt, sagte Wednesday: »Jetzt dürfte es ungefährlich sein zu reden.«
    »Wo sind wir?«
    »Hinter den Kulissen«, sagte Wednesday.
    »Wie bitte?«
    »Stellen Sie es sich so vor, dass Sie sich hinter den Kulissen befinden. Wie in einem Theater oder so. Ich habe uns gerade aus dem Publikum herausgezogen, und jetzt laufen wir hinter der Bühne rum. Backstage. Sozusagen eine Abkürzung.«
    »Als ich diesen Knochen berührt habe, da bin ich in einen Typen namens Town hineingeschlüpft. Er gehört zu den kauzigen Typen. Er hasst uns.«
    »Ja.«
    »Er hat einen Boss namens Mister World. Der erinnert mich an jemanden, ich weiß nur nicht, an wen. Ich konnte in Towns Kopf hineinsehen – vielleicht war ich ja auch in seinem Kopf. Ich bin mir da nicht ganz sicher.«
    »Wissen die, wo wir hinwollen?«
    »Ich glaube, sie blasen die Jagd gerade ab. Sie wollten uns nicht zum Reservat folgen. Wollen wir denn zu einem Reservat?«
    »Vielleicht.« Wednesday stützte sich kurz auf seinen Stock, dann ging er weiter.
    »Dieses Spinnending, was war das?«
    »Ein materialisiertes Muster. Eine Suchmaschine.«
    »Sind die gefährlich?«
    »Mein Alter erreicht man nur, wenn man immer das Schlimmste annimmt.«
    Shadow lächelte. »Und wie alt wäre das?«
    »So alt wie meine Zunge«, sagte Wednesday. »Und ein paar Monate älter als meine Zähne.«
    »Sie spielen Ihre Karten so dicht vor der Brust«, sagte Shadow, »dass ich nicht mal sicher bin, ob es überhaupt Karten sind.«
    Wednesday grunzte nur.
    Jeder neue Hügel, über den sie mussten, war schwerer zu erklimmen als der vorige.
    Shadow verspürte einen Anflug von Kopfschmerzen. Das Sternenlicht hatte etwas Pochendes, etwas, was mit dem Pulsschlag in den Schläfen und der Brust in Resonanz trat und ihn verstärkte. Am Fuß des nächsten Hügels stolperte er, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, musste sich aber, ohne Vorwarnung, übergeben.
    Wednesday griff in eine Innentasche und zog einen kleinen Flachmann hervor. »Nehmen Sie ein Schlückchen hiervon«, sagte er. »Aber nur einen kleinen Schluck.«
    Die Flüssigkeit war scharf und verdunstete im Mund wie guter Brandy, obwohl sie nicht nach Alkohol schmeckte. Wednesday nahm die Flasche wieder an sich und steckte sie weg. »Es ist nicht gut für jemanden aus dem Publikum, wenn er plötzlich hinter der Bühne herumläuft. Deswegen ist Ihnen übel. Wir müssen uns beeilen, damit Sie hier rauskommen.«
    Sie gingen jetzt schneller. Wednesday schritt fest aus, während Shadow hin und wieder stolperte, aber er fühlte sich nach dem Getränk, das im Mund einen Geschmack von Orangenschale, Rosmarinöl, Pfefferminz und Klee hinterlassen hatte, schon wieder besser.
    Wednesday packte ihn am Arm. »Da«, sagte er und deutete auf zwei identische kleine Hügel aus gefrorenem Felsglas zu ihrer Linken. »Gehen Sie zwischen diesen beiden Hügeln hindurch. Bleiben Sie dabei aber dicht neben mir.«
    Sie gingen los – und die kalte Luft und das helle Tageslicht schlugen Shadow gleichzeitig ins Gesicht.
    Sie standen nun auf halber Höhe eines sanft ansteigenden Hügels. Der Dunst war verschwunden, es war ein sonniger, kalter Tag, und der Himmel zeigte sich in strahlendem Blau. Am Fuß des Hügels befand sich ein Kiesweg, auf dem ein roter Kombi wie ein Spielzeugauto entlanghoppelte. Aus einem nahe gelegenen Gebäude strömte in Schwaden Holzrauch heraus. Es sah aus, als hätte jemand vor dreißig Jahren einen Wohnwagen hochgehoben und auf den Hang fallen lassen. Das Gebäude war vielfach ausgebessert, geflickt und an einigen Stellen erweitert worden.
    Als sie zur Tür kamen, öffnete sich diese, und ein Mann mittleren Alters mit scharfen Augen und einem Mund, der wie ein Messerschnitt wirkte, sah zu ihnen hinunter und sagte: »Eyah, ich hab gehört, dass zwei Weiße auf dem Weg sind, die mich besuchen wollen. Zwei Weiße in einem Winnebago. Und ich hab gehört, dass sie sich verirrt

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