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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Dann brachen sie die Verträge. So gewannen sie zu guter Letzt doch wieder. Ich kämpfe nicht noch einmal für eine aussichtslose Sache.«
    »Und mich brauchst du gar nicht erst anzugucken«, sagte John Chapman. »Selbst wenn ich für dich kämpfen würde – was ich nicht tun werde –, könntest du mich nämlich gar nicht gebrauchen. Die räudigen, rattenschwänzigen Bastarde haben mich abgemurkst und glatt vergessen.« Er hielt inne. Dann sagte er: »Paul Bunyan.« Er schüttelte bedächtig den Kopf und dann sagte er es noch einmal: »Paul Bunyan.« Nie zuvor hatten zwei so harmlose Wörter derart verdammenswürdig in Shadows Ohren geklungen.
    »Paul Bunyan aus den Legenden?«, sagte Shadow. »Was hat der denn damit zu tun?«
    »Er hat sich in den Köpfen breit gemacht«, sagte Whiskey Jack. Er schnorrte eine Zigarette von Wednesday, und die beiden Männer rauchten zusammen.
    »Es ist wie bei den Idioten, die immer glauben, dass Kolibris sich Sorgen über Gewicht oder Zahnverfall machen würden, oder was weiß ich, vielleicht wollen sie die Vögel auch einfach vor dem bösen Zucker bewahren«, erklärte Wednesday. »Jedenfalls füllen sie irgendeinen Scheißsüßstoff in den Wassernapf. Die Vögel kommen ins Vogelhaus und trinken das Zeug. Dann sterben sie, weil ihre Nahrung keinerlei Kalorien enthalten hat, obwohl ihre kleinen Mägen voll sind. Das ist es, worum es bei Paul Bunyan geht. Niemand hat je Geschichten über Paul Bunyan erzählt. Niemand hat je an Paul Bunyan geglaubt. Er kam im Jahre 1910 aus einer New Yorker Werbeagentur getorkelt und hat den Mythenmagen der Nation mit leeren Kalorien gefüllt.«
    »Ich mag Paul Bunyan«, sagte Whiskey Jack. »Ich bin vor ein paar Jahren mal mit seiner Achterbahn gefahren, in der Mall of America. Man sieht den riesigen alten Paul Bunyan, wenn man ganz oben ist, bevor es dann runtergeht. Platsch! Ich hab nichts gegen ihn. Ist mir egal, dass er nie existiert hat, das bedeutet immerhin, dass er auch keine Bäume gefällt hat. Ist allerdings nicht so gut, wie Bäume zu pflanzen. Das ist noch besser.«
    »Da sprichst du was an«, sagte Johnny Chapman.
    Wednesday blies einen Rauchring. Der Ring hing in der Luft, zerfaserte langsam und löste sich auf. »Verdammt noch mal, Whiskey Jack, das ist hier nicht der Punkt, und das weißt du genau.«
    »Ich werde dir nicht helfen«, sagte Whiskey Jack. »Wenn du deine Abreibung gekriegt hast, kannst du hierher zurückkommen, und wenn ich dann noch da bin, gebe ich dir wieder was zu essen. Du kriegst das beste Essen der ganzen Welt.«
    »Die Alternativen, die es gibt«, sagte Wednesday, »sind alle schlechter.«
    »Du hast keine Ahnung, was für Alternativen es gibt«, sagte Whiskey Jack. Er sah Shadow an. »Sie sind also auf der Jagd.« Seine Stimme war vom Rauch des Feuers und der Zigaretten rau.
    »Ich mache nur meine Arbeit«, sagte Shadow.
    Whiskey Jack schüttelte den Kopf. »Auch Sie jagen irgendeiner Sache hinterher«, sagte er. »Es gibt da eine Schuld, die Sie begleichen möchten.«
    Shadow dachte an Lauras blaue Lippen und das Blut an ihren Händen, und er nickte.
    »Also gut. Der Fuchs war zuerst da, und sein Bruder war der Wolf. Fuchs sagte, alle werden ewig leben. Wenn sie sterben, dann nicht für lange. Wolf sagte, nein, sie werden sterben, sie müssen sterben; alles was lebt, muss sterben, sonst breitet es sich über die ganze Welt aus und frisst all den Lachs und den Karibu und den Bison, isst all den Kürbis und all den Mais. Nun war eines Tages der Wolf gestorben, und er sagte zu dem Fuchs, schnell, mach mich wieder lebendig. Und Fuchs sagte, nein, die Toten müssen tot bleiben. Du hast mich überzeugt. Er weinte, als er das sagte. Aber er sagte es, und es war endgültig. Jetzt herrscht Wolf über die Welt der Toten, und Fuchs lebt für ewig unter der Sonne und dem Mond, aber er trauert immer noch um seinen Bruder.«
    »Wenn ihr nicht wollt, dann wollt ihr eben nicht«, sagte Wednesday. »Wir ziehen dann mal weiter.«
    Whiskey Jack hatte ein ausdrucksloses Gesicht aufgesetzt. »Ich rede mit diesem jungen Mann hier«, sagte er. »Dir kann man nicht helfen. Ihm schon.« Er wandte sich wieder Shadow zu. »Erzählen Sie mir Ihren Traum«, sagte Whiskey Jack.
    »Ich bin einen Turm von Schädeln hochgestiegen«, sagte Shadow. »Riesige Vögel sind um ihn herumgeflogen. Sie hatten Blitze in ihren Flügeln. Sie sind auf mich losgegangen. Und der Turm ist eingestürzt.«
    »Jeder träumt irgendwas«, sagte Wednesday.

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