Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)
Dabei erkennt man den Satan sofort daran, dass er mehrere Sprachen spricht, ganz offensichtlich aus einer großen Stadt kommt und sich für die Vereinten Nationen einsetzt. Anders ausgedrückt: Wer kein überzeugter Nationalist ist, liefert sich dem Bösen aus. Von der Serie wurden weltweit über fünfundsechzig Millionen Bücher verkauft. Und mit seinem Charisma und dem internationalen Hintergrund entspricht natürlich niemand dem Bild vom Antichrist so genau wie Präsident Barack Obama.
Jede Landschaft wirkt sich auch auf die religiösen Gefühle seiner Bewohner aus. Ich kenne das aus den Niederlanden, wo in den unter dem Meeresspiegel liegenden Poldern immer die Angst vor einer Sintflut herrschte und wo unter einem grauen Himmel ein schwermütiger und mystischer Glaube vorherrschend war. Die Landschaft hier ruft dieselbe Art von Gefühlen hervor, von der Bedeutungslosigkeit und Verletzlichkeit des Menschen unter dem Auge des Allmächtigen, dem nichts entgeht. »Wenn ich hier geboren worden wäre«, räumt Jonathan Raban ein, »dann würde ich diesen Endzeitpredigern wahrscheinlich mit etwas mehr Verständnis lauschen, statt mit dieser Mischung aus Beunruhigung und Hohn, die sie jetzt hervorrufen.«
Raban ist in seinem Buch Bad Land auf der Suche nach der Geschichte der um 1910 gegründeten, nunmehr vergessenen Farm von Ned Wollaston und der Siedlung Ismay, die später in Joe umbenannt wurde. Die amerikanischen Viehzüchter waren von Anfang an Rancher mit einer Arbeitsweise, die sie von den Spaniern übernommen hatten. Ab dem Frühjahr, wenn das Jungvieh geboren war, ließen sie ihre Rinder und Schafe mehr oder weniger frei in der weiten Prärie herumlaufen. Jedes Tier erhielt das Brandzeichen seines Besitzers. Im Herbst trieben Cowboys das jüngere Vieh in die Nähe der Ranch, wo es dann überwinterte. Die ausgewachsenen Rinder wurden zum Markt gebracht; in späteren Jahren trieb man manche von ihnen in Staaten wie Kansas, Nebraska oder Wyoming, wo sie weiter gemästet und anschließend geschlachtet wurden. Um 1870 lebten auf den Ebenen des Mittleren Westens Herden aus Tausenden von Rindern, die mal hier, mal dort grasten, im Frühjahr auf den saftigen Weiden im Norden, und im Herbst drehten sie, wie ein alter Rancher mir einmal sagte, »den Hintern in den Wind und zogen in den Süden, manchmal Tausende von Meilen, sie waren nicht aufzuhalten«.
Der Rancher, der einsame Cowboy und das Nomadenleben wurden das romantische Symbol für den unaufhaltsam weiterziehenden Amerikaner. Tatsächlich währte die Hoch-Zeit des Cowboys nur rund zwanzig Jahre. Um 1890 war alles schon wieder vorbei. Der Cowboy wurde von zwei äußerst prosaischen Erfindungen verdrängt: dem Stacheldraht und einer kleinen Windmühle aus Metall. Mit dem Stacheldraht konnten die Farmer ihr Land einzäunen, mit den Windmühlen waren sie in der Lage, Wasser aus den tiefsten Brunnen zu pumpen, um damit auch das trockensten Land zu bewässern und fruchtbar zu machen. Große Teile des Mittleren Westens, die Mitte des 19. Jahrhunderts noch als unfruchtbar galten, wurden auf diese Weise urbar gemacht.
Gleichzeitig veröffentlichten die amerikanischen Eisenbahngesellschaften überall in Europa Anzeigen und ließen Broschüren verteilen, in denen die schönsten Landschaften skizziert wurden, ein neuer, amerikanischer Garten Eden, unter dem Motto: » Uncle Sam sends you an inivitation …« Und die Siedlerfamilien kamen, zu Hunderttausenden; erfahrene Bauern, aber auch Städter, die nie zuvor einen Spaten in der Hand gehabt hatten. Das Land bekamen sie, vor allem nach dem erweiterten Homestead Act im Jahr 1909, fast umsonst. Dann konnten sie sich an die Arbeit machen: Holz sammeln, Tausende von Pfählen herstellen, Stacheldraht ziehen.
Der Stacheldraht ließ, mehr als Gesetze und Regelungen, eine neue Ordnung in der Präriegesellschaft entstehen, und ein neues Bürgertum. »Die Arbeit an einem Zaun entlang der gemeinsamen Grenze, aus der Ferne beobachtet von einem Rancher hoch zu Pferd, machte benachbarte Siedler zu Freunden und Bundesgenossen«, schreibt Raban. »Stacheldraht ist das Sinnbild des Krieges, und so sahen die Rancher ihn auch. Für die Siedler war die gemeinsame Errichtung eines Zauns hingegen eine wunderbare Methode, die Barrieren, die es aufgrund ihrer verschiedenen Sprachen und ihrer unterschiedlichen Herkunft gab, abzutragen.«
Und der Stacheldraht diente den Nachbarn außerdem als Telefon, lange bevor es die Bell Company gab. Man
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