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Amnion 1: Die wahre Geschichte

Amnion 1: Die wahre Geschichte

Titel: Amnion 1: Die wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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säuberten die Sonden die Kratzer und schlossen sie mit Sprühverband. Nachdem der cybernetische Arm eine neue Injektionsnadel eingesetzt hatte, verabreichte er Angus eine Spritze, die – den Angaben auf dem Monitor zufolge – eine schwache Dosis eines Blockers enthielt, der verhinderte, daß der Nervensprit seinen Organismus vergiftete, und dafür sorgte, daß der Körper den Stoff statt dessen ausschied.
    Um den überhöhten Pulsschlag und die verstärkte Transpiration zu dämpfen, injizierte der MediComputer ihm gleichfalls eine beträchtliche Dosis Kat.
    Die gesamte Behandlung dauerte keine Minute.
    Angus fühlte sich leicht benommen, als er sich aufrichtete, ihm schwindelte ein wenig, als sein Blick auf Morn Hylands zusammengesunkene Gestalt fiel.
    Sie trug eine Bordmontur. Trotz der Absicht, in den Tod zu gehen, hatte sie sich vorher etwas angezogen. Vielleicht konnte sie den Anblick des eigenen Äußeren nicht mehr ertragen, der Körperlichkeit, die ihrem Gemüt und Geist, die darin wohnten, soviel Leid bereitet hatte. Aber ungeachtet der Bordmontur und ihrer verkrümmten Lage, in die sein Stoß und die Gravitation des Asteroiden sie geworfen hatten, sah sie in seinen Augen reizvoller denn je aus, so wehrlos und begehrenswert.
    Das Kat übte auf ihn eine sonderbare Wirkung aus. Ein Gefühl unheimlicher Ruhe erfüllte ihn, als er das Kontrollgerät des Z-Implantats aus der Tasche holte und Morn aus ihrem Zustand befreite.
    Ein Zucken durchfuhr sie; ruckhaft öffnete sie die Lider. Im ersten Moment vermochte sie sich anscheinend nicht auf die Situation einzustellen. Dann bemerkte sie die Weise, wie Angus sie anschaute, und ihr ganzes Mienenspiel spiegelte nichts anderes mehr als Elend wider.
    »Steh auf!« sagte Angus barsch, aber ohne Roheit.
    Als ob sie an ihren Empfindungen zu ersticken drohte, blieb sie zunächst völlig verkrampft und sich zu rühren unfähig auf dem Boden liegen. Langsam jedoch lockerte sich ihre Anspannung. Sie dehnte die Glieder, ging in die Hocke; schließlich stand sie vor ihm. Aber sie weigerte sich, ihm ins Gesicht zu blicken.
    Angus malte sich aus, wie es wäre, sie wieder zu verprügeln. In seiner Phantasie spürte er, wie er langsam den Arm höbe, ahnte die Wucht, mit der die Knöchel seiner Faust ihr Gesicht träfen. Verdient hätte sie es. Doch er tat es nicht. Er bewahrte eine höchst erstaunliche Ruhe.
    Vielleicht hatte er, indem er sie in dermaßen tiefes Unglück trieb, daß sie einen Selbstmord versuchte, etwas Wunderbares bewirkt.
    »Ich will, daß du lebst«, sagte er gelassen. »Falls du so was noch einmal probierst, stelle ich Sachen mit dir an, im Vergleich zu denen das, was du schon hinter dir hast, dir romantisch vorkommen wird. Glaub ja nicht, es gab nichts Schlimmeres. Da gibt’s noch so manches. Wenn ich will, bring ich dich zur nächstbesten Schwarzwerft und mache dich zur öffentlichen Hure sämtlicher syphilitischen Illegalen im ganzen beschissenen Asteroidengürtel.«
    Er schwang sich aus der Patientenkammer. »Komm mit!« wies er sie in Gnadenstimmung an, als hätte er ihr eben Verzeihung gewährt. »Ich möchte, daß du nun anfängst, dir deinen Unterhalt zu verdienen.« Damit setzte er sich behäbig zum Kommandomodul der Strahlenden Schönheit in Bewegung.
    Er verstand noch immer nicht, weshalb er sie nicht noch einmal verdroschen hatte. Es mußte wohl am Effekt des Kats gelegen haben. Oder der Möglichkeit, daß Morn bald verzweifelt genug sein könnte, um sich in ihn zu verlieben.

 
9
     
     
    Tatsächlich hatte er durchaus vor, sie zur nächsten Schwarzwerft mitzunehmen. Gleichzeitig allerdings hegte er den festen Vorsatz, dem ersten Kerl, der sie bloß mit einem Finger anrührte, die Eier abzusäbeln. Doch wie er feststellen mußte, hatte er gar nicht diese Wahl.
    Diese Sachlage dämmerte ihm zwei Tage später, während Morn die Strahlende Schönheit einer Aufwärmphase unterzog, sie auf den Start aus dem Asteroidenversteck vorbereitete. Morn lernte schnell, viel schneller, als Angus es erwartet hatte. Und unter anderem hatte sie gelernt, ihm auf eine Art zu gehorchen, die er als beruhigend empfand, mit einem Betragen, das sein besitzgieriges Verlangen minderte, die Strahlende Schönheit unter seiner alleinigen Kontrolle zu behalten.
    Morns Auftreten zeichnete sich durch vollständige Verschlossenheit aus, ihre Emotionen fanden nur so stumpfen Ausdruck, wie ihr Gesicht blaß blieb. Allem Anschein nach hatte das bloße Grauen vor Angus’

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