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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Schritt: Sobald sie ihren Verifikationscode preisgab, wurde er auch Nick zugänglich, er könnte ihn und ihre Id-Daten nach Belieben für seine Zwecke ausnutzen. Dann wäre sie um so isolierter, noch stärker von ihm und seiner Crew abhängig.
    Aber sie hatte diese Lage willentlich herbeigeführt; nun durfte sie keinen Rückzieher machen. Nachdem die erforderlichen Daten kopiert worden waren, hängte sie sich die Plakette wieder unter der Bordmontur um den Hals. Dann sprach sie ihren Text, als sagte sie sich selbst und ihrem ganzen alten Leben ein endgültiges Lebewohl.
    »Hier ist Morn Hyland, Leutnantin der VMKP.« Deutlich nannte sie ihren Verifikationscode. »Ich gehe an Bord der Käptens Liebchen einer vollzugsdienstlichen Aufgabe nach, die außerhalb Ihrer Zuständigkeit steht. Falls Sie eine Bestätigung wünschen, wenden Sie sich bitte an Min Donner bei der Operativen Abteilung im VMKP-Hauptquartier.«
    Mit dieser Empfehlung konnte sie nichts Nachteiliges bewirken, weil die KombiMontan-Station zweifelsfrei ohnehin bei Min Donner Rückfrage hielt.
    »Hinsichtlich der Klage der KombiMontan-Station gegen den Kapitän der Strahlenden Schönheit liegt mir keinerlei Beweismaterial vor.« Ihr Unvermögen, Angus’ Namen auszusprechen, beeinträchtigte ihre innerliche Festigkeit, doch sie ließ sich nicht beirren. »Meines Wissens ist das Frisieren von Data-Nuklei ausgeschlossen. Ich bin nie Augenzeugin einer Entnahme von Speicherchips aus dem Data-Nukleus der Strahlenden Schönheit geworden. Sollten Chips entfernt worden sein, befinden sie sich nicht in meinem Besitz. Meine Vorbehalte gegen den Kapitän der Strahlenden Schönheit sind persönlicher Natur, und ich habe nicht vor, sie zum Gegenstand öffentlicher Verhandlungen zu machen.«
    So hielt sie gegenüber Angus Thermopyle ihr Wort.
    Jedem anderen wäre sie wohl in den Rücken gefallen, aber das ihm gegebene Versprechen erfüllte sie.
    »Kapitän Nick Succorso vom Raumschiff Käptens Liebchen und ich stehen in einem Verhältnis wechselseitiger Unterstützung und Zusammenarbeit. Richten Sie alle weiteren Anfragen an die Operative Abteilung des VMKP-Hauptquartiers.« Ihre Schlußbemerkung verdutzte sogar sie selbst. »Leben Sie wohl, KombiMontan-Station.« Danach schnürte ihre Kehle sich ein, und sie brachte kein Wort mehr hervor.
    »Das dürfte sich gut bewähren«, sagte Nick zu Lind. »Also sende es. Aber ohne Wiederholung. Sollen sie ruhig schwitzen, wenn ihnen Teile fehlen.«
    Er wandte sich an Shaheed. »Vector, du gehst in den Maschinenraum. Wir lassen der Station noch ’ne Frist von zehn Minuten, damit dort nicht der Eindruck aufkommt, wir wären auf der Flucht. Nach Ablauf der zehn Minuten heizen wir volle Pulle.«
    Morn drohte sich plötzlich der Magen umzudrehen. Erneut wallte Panik in ihr empor, preßte ihr Herz und Lungen gegen die Rippen. ›Volle Pulle heizen‹ bedeutete nichts anderes als Hoch-G-Flug; die kraftvollste Beschleunigung, die die Triebwerke der Käptens Liebchen erzeugen konnten.
    Falls Nick wegen Morns Hyperspatium-Syndrom Befürchtungen plagten, ließ er sich nichts anmerken. Statt dessen gab er Anweisungen. »Mikka, bring sie in ihre Kabine. Schließ sie ein. Geh vollkommen sicher, daß sie nicht ausbuchst, solange wir volle Fahrt fliegen. Ich will, daß sie nichts anstellen kann, bis die Hoch-G-Phase vorbei ist und sie uns glaubhaft gemacht hat, daß sie bei Verstand ist.« Er drehte seinen Andrucksessel und widmete Morn ein wüstes Grinsen. »Wie sie am Leben bleibt, ist ihr Problem.«
    Bevor Morn dazu etwas einfiel, wie sie irgendwie reagieren konnte, packte Mikka sie am Arm und zog sie von der Brücke, durch die Blende zum Kommandomodul hinaus. Wenige Minuten später saß Morn wieder in ihrer Kabine. Mikka sperrte die Tür von außen ab.
    Nicks Erste Offizierin ließ Morn allein mit dem Hyperspatium-Syndrom, das ihren Vater und die Mehrzahl der Menschen, die sie je liebte, das Leben gekostet hatte.
    Bequemlichkeitshalber betrachtet man Geschichte oft als Konflikt zwischen dem Hang zur Ordnung und dem Drang zum Chaos. Beide sind notwendig; beide sind Manifestationen des Überlebenstriebs. Ohne Ordnung kann nichts existieren; ohne Chaos kann nichts wachsen. Und doch wird durch das Ringen zwischen beiden mehr Blut als in jedem andersartigen Krieg vergossen.
    Der Hang zur Ordnung ist ein Ausdruck des innigen Wunsches der Menschheit nach Sicherheit (die es erlaubt, sich zu nähren), Stabilität (die Bildung ermöglicht) und

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