Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
machen. Aber ich bin gewissermaßen Handelsware. Sie haben’s selber gesagt. Wenn Sie aus Handelsgut Gewinn ziehen wollen, dürfen Sie’s nicht beschädigen.«
Einen Moment lang musterte der Kassierer Davies. »Ein ganz rotziger kleiner Flegel, was?« meinte er dann zu seiner Begleiterin. »Vielleicht solltest du ihm verklickern, warum es ratsam ist, uns gegenüber fügsam zu sein.«
Die Frau kannte kein Zögern. »Davies, du bist intelligent genug, um die Lage zu begreifen, in der du steckst. Niemand hat deinen Vater je beschuldigt, ein Dummkopf zu sein, und könnte man deiner Mutter Dummheit nachsagen, hätte sie nie erfolgreich die Polizeiakademie absolviert. Sicherlich bist du nur ein Stück Ware. Aber es kann dir nicht egal sein, an wen du verkauft wirst. Du darfst mir glauben, daß es dir nicht gleich sein sollte.«
»Was hat das mit der Beantwortung der Fragen zu tun?« erkundigte sich Davies. »Sie wollen bloß abklären, wieviel Sie für mich einstreichen können. Sie werden mich doch nicht aussuchen lassen, wem Sie mich verscheuern.«
»So einfach verhält’s sich nicht«, fuhr der Kassierer ihn an. Aber zornig klang seine Stimme keineswegs. »Zur Zeit passiert zuviel auf einmal. Es steht zu vieles auf dem Spiel. Mich interessiert nicht, wieviel ich an dir verdienen kann. Ich mache mir Sorgen, daß ich dich dem falschen Abnehmer zuschlagen könnte. Bevor ich weiß, was los ist, kann ich nicht entscheiden, ob ich das Geschäft mit Kapitän Succorso oder den Amnion machen soll.«
»Wirst du an Succorso verkauft«, erläuterte die Frau, »kehrst du zu deinesgleichen zurück. Zu den Astro-Schnäppern. Das heißt, falls deine Behauptung, daß Succorso und Morn Hyland zusammenarbeiten, wahr ist. Aber wenn du den Amnion zufällst, endest du wie Marc Vestabule.«
Davies entsann sich an Vestabule. Noradrenalin zischte wie Statik durch seine Synapsen. Zu stark schwoll der Druck in seinen Adern, als daß er in der Horizontalen hätte bleiben können. Ruckartig schwang er sich von der Pritsche empor und wich an die Wand gegenüber der Tür zurück. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Beton und drehte sich dem Kassierer zu.
Succorso hatte vor, ihn den Amnion auszuliefern. Davies hatte ihm die Lüge, Nick und Morn arbeiteten zusammen, zum Zweck des blind vorgenommenen Versuchs erzählt, Nicks Position zu schwächen und Morns Einfluß zu erhöhen. Von dieser Warte aus hatte er keinen Grund gehabt, um sich darum zu kümmern, wer ihn bekam.
Doch der Kassierer hatte gesagt: Zur Zeit passiert zuviel auf einmal. Wenn es so war, dann könnte der Kassierer zu einer Festlegung gezwungen werden, ob Davies mit ihm kooperierte oder sich dagegen sträubte. Dann möchte die relative Sicherheit, die Davies in dieser Zelle genoß, bald zu Ende sein.
Unter diesen Umständen mußte er sich sehr wohl dafür interessieren, wem man ihn überließ. Über Nick Succorso führte ein weniger direkter Weg zu den Amnion, ein eventuell weniger unumgänglicher Weg. Nahm er ihn, lebte er vielleicht noch etwas länger. Und womöglich fand er unterwegs dazu Gelegenheit, Nick gehörig eins auszuwischen.
Davies schluckte, um die Verkrampfung in seiner Kehle zu lockern. »Was wollen Sie wissen?« fragte er.
Der Kassierer lächelte. »So ist es besser«, lobte er Davies beifällig. »Ich mag kooperative Zeitgenossen. Fang doch einfach an, indem du mir verrätst, warum Kapitän Succorso Station Potential angeflogen hat.«
In Davies’ Brust wummerte das Herz. »Soviel ich weiß«, antwortete er mit dem Nachdruck überschüssiger Kraft und akuter Furcht, »damit Morn mich zur Welt bringen konnte. Sie war schwanger, wußte aber, daß sich an Bord eines Raumschiffs kein Säugling halten läßt. Also sind sie nach Station Potential geflogen. Wegen des dort möglichen Schnellwachstumsverfahren.«
»Wieso?« fragte der Kassierer kurz und bündig. »Was ist an dir Besonderes?«
»Keine Ahnung.« Davies brauchte die Trübseligkeit seines Blicks nicht vorzutäuschen. »Niemand hat’s mir erklärt. Kann sein, es hat überhaupt nichts mit mir zu schaffen. Ich meine, nichts mit mir an sich. Vielleicht wollte sie mich ganz einfach bloß haben und konnte sich nur nicht den ganzen Aufwand leisten, den’s gekostet hätte, einen… ’n normalen Sohn zu gebären. Die viele Zeit und Fürsorge.« Vielleicht benötigte sie so dringend einen Verbündeten, daß sie es vorgezogen hat, ihren Geist dem eigenen Kind zu übertragen, statt es eigenständig
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