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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ganz für die Pflichten und Ziele ihrer Position zu engagieren. Zweifel waren etwas, das sie im Namen ihres Dienstes an Warden Dios, der Operativen Abteilung, der Vereinigte-Montan-Kombinate-Polizei sowie der Menschheit beiseiterückte.
    Diese Einstellung war für sie von grundlegender, wesentlicher Bedeutung. Ohne diese Haltung wäre sie handlungsunfähig gewesen. Zweifel waren ihrer Natur nach zerstörerisch: sie zerfraßen alles. Die jüngsten Vorgänge gaben dafür einen hervorragenden Beweis ab. Im Laufe der Videokonferenz mit dem EKRK hatte Warden Dios ihr Anlaß zum Anzweifeln seiner Ehrbarkeit geboten. Aber andere Dinge, die er sagte und tat – beispielsweise der Auftrag, mit dem er sie auf die Erde geschickt hatte – begründeten wiederum Zweifel an dem Bild seiner Person, das er dem Konzil vorgespiegelt hatte. Wem sollte sie glauben: dem Privatmann, auf dessen Wunsch sie zur Erde geflogen war, oder dem Polizeipräsidenten, der sich im Effekt selbst beschuldigt hatte, aus taktischen Erwägungen Menschenhandel zu betreiben, Morn Hyland im Stich gelassen zu haben, deren Schicksal Min Donners treues, kompromißloses Herz ein Weh verursachte, als hätte ein Dolchstoß es getroffen?
     
    Ließe sie Zweifel ihr Handeln bestimmen, wäre sie als OA-Direktorin nutzlos. Sie brauchte einen anderen Maßstab für ihre Entscheidungen.
    Für sie hieß dieser Maßstab: Dienst.
    Gegenwärtig versah sie ihren Dienst, indem sie sich verstohlen wie eine Terroristin in die Etage des Gebäudes schlich, die die Büros der beiden Konzilsdeputierten des Vereinten Westlichen Blocks umfaßten. Ginge es nach ihr, sollte niemand außer dem Mann, dem ihr Besuch galt, von ihrer Anwesenheit erfahren.
    Dieser Mann war VWB-Konzilsdeputierter Kapitän Sixten Vertigus. Min hatte den Termin schon vor etlichen Stunden mit ihm verabredet, lange vor Dios’ Videokonferenz. Falls er es sich nach dem, was ihm von ihr mitgeteilt worden war, nicht doch noch anders überlegt hatte, mußte er bereits auf sie warten.
    Allein, wenn es sich machen ließ.
    Anhand eines kleinen Sensors, den sie in der Faust verbarg, stellte sie fest, der Flur hinter der nächsten Tür war menschenleer: ein Normalzustand, weil der Flur ausschließlich zum Notausgang führte. Die erste wirkliche Bewährungsprobe für Mins Planung – und Kapitän Vertigus’ Planung – stand bevor, wenn sie die Tür durchquert, den Flur durchmessen hatte und um die Ecke bog. Bisher hatte ihr Weg die VWB-Rezeption gemieden, eine offene Anlaufstelle für Sekretärinnen, Speichellecker und Neuigkeitenjäger. Doch es gab keinen Korridor im EKRK-Komplex, in dem man nie irgend jemand begegnet wäre. Hinter der Ecke müßte Min eigentlich die Schar der Rechtsberater und sonstigen Mitarbeiter des Konzilsdeputierten passieren.
    Aber Kapitän Vertigus hatte darin eingewilligt, für die Abwesenheit seines Personals zu sorgen, damit Min Donner ihn ungesehen aufsuchen konnte.
    Also, hatte er sich daran gehalten, oder nicht? Min hörte keine Stimmen; die Sensoranzeige ermutigte jedoch weniger. Wenigstens eine Person befand sich in Meßweite des Instruments…
    Alles hing von der Geheimhaltung ab. Was Warden Dios zu erreichen hoffte, würde unverwirklichbar, sollten irgendwelche Gerüchte über eine Zusammenkunft Min Donners mit Kapitän Vertigus an die falschen Ohren dringen. Vertraute Sekretäre waren manchmal zuverlässig verschwiegen; Rechtsberater nie. Und schneite zufällig ein Neuigkeitenjäger herein, liefe das auf ein Desaster hinaus.
    Lautlos wie Öl glitt Min an der Wand entlang und spähte um die Ecke.
    Hashi Lebwohl hatte versprochen, auf den winzigen Sender sei Verlaß. Zum erstenmal ärgerte es Min nicht, daß er recht behielt. Nur eine Person, zehn Meter entfernt…
    Sämtliche Arbeitsnischen und Schreibtische waren verlassen. Allein hockte Sixten Vertigus auf einer Tischkante; offensichtlich wartete er auf Min.
    Als er sie sah, winkte er ihr zu und ging in sein Büro.
    Während des ein, zwei Herzschläge lang dauernden Wegs zu der Tür bemerkte Min die Hinfälligkeit seiner Bewegungen. Er war ein sehr alter Mann, und im Gegensatz zu anderen Min bekannten Persönlichkeiten hatte er auf Verjüngungsmethoden verzichtet, die die Wirkung des Nagezahns der Entropie auf seinen genetischen Code gemildert hätten. Tatsächlich war das einer der Gründe, weshalb man ihn, obwohl er in anderer Beziehung kaum Effizienz nachzuweisen hatte, jedesmal zum Deputierten wiederwählte. Zur Bevölkerung des

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