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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sie zu Kapitän Vertigus an der Tür.
    Durch den Spalt neben seiner Schulter spähte sie in den Bereich des Büros, wo die Schreibtische seiner Mitarbeiter standen.
    Sieben, nein, acht Tische. Auf jedem Schreibtisch Interkom-Apparat, Computerterminal, Drucker, an jedem ein bequemer Sessel. Kein Tisch war besetzt, außer einem: etwas links von der Tür zum Bürozimmer des Kapitäns, ungefähr zehn Meter entfernt, saß eine dickliche Frau mittleren Alters mit angegrautem Haar und altmodischer Brille, vermutlich Marthe. Sie hatte das Gebaren einer Chefsekretärin. Vielleicht plante sie Kapitän Vertigus’ Termine; womöglich dachte sie, sie müßte auch auf den Kapitän selbst achtgeben. Ihr Schreibtisch stand an einer Stelle, von wo aus sie rechts den Durchgang zum Korridor und links die Tür zum Zimmer des Konzilsdeputierten im Augenmerk behalten, sehen konnte, wer es betrat und wer es verließ.
    Gegenwärtig schaute sie jedoch nicht herüber zur Tür. Ihre Beachtung galt einem Mann, der aus der anderen Richtung auf sie zuschlurfte.
    Kaum sah Min Donner ihn, schoß ihr ein Adrenalinschub in die Adern, und ihre Handteller durchwallte ein Glühen, als hätte sie sie sich versengt.
    Der Mann war kein Neuigkeitenjäger. Und er gehörte nicht zum Wartungspersonal, wenngleich er eine verschlissene Arbeitsmontur trug und einen kleinen Werkzeugkasten mitführte, obwohl er die vom Schutzdienst ausgestellte, grüne Wartungsdienst-Id-Plakette an die Schulter geheftet hatte. Die Art und Weise, wie er sich bewegte – steif, so behutsam, als beförderte er etwas Zerbrechliches –, verriet Min sofort, daß er nicht kam, um eine Inspektion oder irgendwelche Reparaturen auszuführen.
    Er bewegte sich wie jemand, dessen Narben aufgrund eines zu hastigen oder schludrigen medizinischen Eingriffs noch nicht heilten.
    Min Donner war Direktorin der Operativen Abteilung, nebenbei manchmal Dios’ Leibwächterin und gelegentlich Henkerin. Einen Kaze erkannte sie auf den ersten Blick.
    Sie zögerte nicht im geringsten. Das waren die Herausforderungen, bei denen sie sich am besten bewährte. Sie hatte schon die Impacter-Pistole in der Faust, als sie Kapitän Vertigus von der Tür zurückzog. »Gehen sie in Deckung«, zischte sie ihm eindringlich zu. »Unter den Schreibtisch.«
    Er taumelte gegen die Schreibtischkante, machte jedoch keine Anstalten, sich nach Mins Warnung zu richten. Er hatte zu lange kein Schiffsdeck mehr betreten, war diesen Befehlston längst nicht mehr gewöhnt. Statt dessen starrte er sie an, das Greisengesicht voller Staunen. »Was…?«
    Min konnte für seine Verwirrung keine Zeit erübrigen. Ihre Aufmerksamkeit bündelte sich wie ein Laserstrahl auf das Geschehen außerhalb des Türspalts. Inzwischen stand der Mann vor Marthes Schreibtisch. Er redete auf sie ein, zeigte ihr ein Papier, das wie ein Arbeitsauftrag aussehen mochte, deutete aufs Zimmer des Kapitäns.
    »Sie sollen in Deckung gehen, sage ich!« fauchte Min. »Es gibt gleich ’ne Explosion. Der Kerl ist ’n Kaze.«
    Sie blickte sich nicht nach dem Kapitän um. Was ein Kaze war, wußte er: Min bemerkte es an den Geräuschen, die er verursachte. Er kroch unter den Tisch, duckte sich hinter den unzulänglichen Schutz.
    Plötzlich summte die Interkom. »Kapitän Vertigus?« meldete sich eine Frauenstimme. »Hier ist jemand vom Wartungsdienst. Er sagt, er soll die Verkabelung Ihres Computerterminals überprüfen.«
    »Was ist mit Marthe?« krächzte hinter Min der Kapitän. »Sie müssen sie da raushalten.«
    Min Donner war Min Donner. Extreme Entscheidungen und Blutvergießen zahlten zu ihrer Profession. »Dann wird sie wissen«, erwiderte sie so leise, daß Vertigus es vielleicht nicht hörte, »daß ich hier gewesen bin.«
    Dennoch mußte sie den Versuch unternehmen, die Frau zu schützen.
    Als Freund und Helfer.
    »Ich glaube, er ist nicht da«, hörte sie durch den Türspalt Marthe zu dem Kaze sagen.
    »Ich schau mal nach«, antwortete der Mann. »Es dauert bloß ’n Momentchen.«
    Sobald er sich von Marthes Schreibtisch abwandte, stieß Min die Tür weit auf. »Zu Boden!« schrie sie der Frau zu, die Waffe zielte in ihrer wie aus Stahl festen Hand auf die Leibesmitte des Kaze.
    Verdutzt riß der Mann die Augen auf, stutzte im ersten Moment.
    Marthe starrte Min so fassungslos an, als wäre die Direktorin soeben direkt aus dem Hyperspatium erschienen.
    »Marthe!« gellte Kapitän Vertigus’ schwache Stimme.
    Dann sprang der Kaze auf Min und die Tür

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