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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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über die VMKP das Sagen. Wird sie aber als Polizeitruppe des EKRK rekonstituiert, ist er nicht mehr der Drache. Dann ist er bloß noch ein größenwahnsinniger Konzernchef, wie es schon so manchen gegeben hat. Unter normalen Umständen hätte so eine Gesetzesvorlage keine Erfolgsaussicht. Er hat zu viele Stimmen auf seiner Seite. Zu viele Konzilsdeputierte bilden sich ein, sie könnten etwas gewinnen, wenn sie ihm ihre Unterstützung gewähren oder sie sich von ihm abkaufen lassen. Aber ich glaube, diese Konferenz begünstigt einen Umschwung. Einer Menge Leute ist ein Schreck in die Glieder gefahren. Sie waren selbst dabei. Wahrscheinlich sind Sie auch bestürzt gewesen… Für die Begriffe des Konzils kann es ausschließlich einen gerechtfertigten Anlaß geben, um gegen das vorgelegte Trennungsgesetz zu stimmen, sich in einer Frage, bei der es um die Zukunft der Menschheit geht, auf Holt Fasners Seite zu schlagen. Dieser Grund ist Ehrlichkeit. Solange die Polizei als ehrlich gilt, bleibt für das Konzil eine Trennung von VMK und VMKP überflüssig. Wenn es sich gegen die besten Interessen der Menschheit stellt und möglicherweise ihr Überleben aufs Spiel setzt, ist das nicht etwa Amtsmißbrauch, sondern geschieht lediglich aus Pragmatismus. Nach dieser Videokonferenz müssen die Konzilsdeputierten sich allerdings fragen, ob die VMKP tatsächlich eine ehrliche Truppe ist. Vielleicht hat Igensard ja recht. In dem Fall wäre es plötzlich unverzeihlich, gegen ein Trennungsgesetz zu sein. Sogar Deputierte, die bereits beim Drachen im Sold stehen, werden es sich zweimal überlegen, bevor sie ihm bei etwas Rückendeckung gewähren, das nach Hochverrat aussieht.«
    Und das muß es sein, ersah sie mit der Unmittelbarkeit einer Erleuchtung, auf was Dios von Anfang an abgezielt hat. Wenn es das war, was er zu erreichen beabsichtigte, als er sie mit dem Besuch bei Vertigus beauftragte, anschließend sich selbst vor dem vollzähligen EKRK mit Dreck behäufte, mußte er schon länger höllisch leiden, als sie es sich vorstellen konnte. Gott sei seiner Seele gnädig.
    Unversehens hob Kapitän Vertigus die Hände. Auf seinen durchscheinenden Wangen hatten sich vor Aufgeregtheit oder Erschütterung winzige rote Fleckchen gebildet. »Einen Moment mal. Moment mal. Das ist mir alles viel zu plausibel. Dem Braten traue ich nicht. Wenn stimmt, was Sie mir erzählen, warum wollen Sie dann unbedingt im Hintergrund bleiben? Wieso muß die Gesetzesvorlage von mir kommen, statt von Ihnen, oder von Warden Dios? Hätte es kein höheres Gewicht, wenn die VMKP selbst ein Trennungsgesetz vorschlägt?«
    Min schüttelte den Kopf. »Nur wenn die Überzeugung herrscht, wir seien ehrlich. Andernfalls wird man darin nur einen neuen Winkelzug sehen, hinter dem diesmal nicht Holt Fasner steht, sondern Warden Dios. Derselbe Mann, der sich nicht scheut, eine Mitarbeiterin an Illegale zu verschachern, wird man denken, will sich nun nicht einmal noch vom Drachen Grenzen ziehen lassen, sondern die ganze Macht für sich allein. Ich glaube nicht, daß Dios so ist, aber natürlich kann ich nicht dafür garantieren.«
    Sie grinste über die eigene Selbstironie. »Könnte ich es, hätte ich mich nicht aus rein persönlichem Entschluß an Sie wenden müssen. Aber darum geht’s gar nicht. Schlügen wir das Gesetz selber vor – der Polizeipräsident oder ich –, hätte der Drache die Möglichkeit, es zu vereiteln. Zunächst einmal bräuchte er uns nur hinauszuwerfen. Er könnte aber noch weiter gehen… erheblich weiter. Innerhalb der Zeit, die das Konzil braucht, um den Entwurf zu lesen, geschweige denn zu erörtern oder auf seiner Grundlage etwas zu unternehmen, kann er die gesamte VMKP in alle Winde zerstreuen. Den Human-Kosmos seiner Verteidigung berauben. Das EKRK wäre dazu genötigt, von Grund auf eine neue Polizeitruppe aufzubauen.
    Wird er zu einer derartig extremen Drohung provoziert, sind wir alle verloren. Ich weiß nicht, ob er im Zweifelsfall wirklich so weit ginge, aber ich bin auch keineswegs dazu bereit, dieses Risiko zu tragen.«
    »Jetzt verstehe ich, was Sie meinen«, brummelte Kapitän Vertigus mit einem leichten Ausdruck des Unwohlseins in der Miene.
    Einen Moment später gab er sich einen Ruck, als versuchte er seine Gedanken zu konzentrieren. An seinen Mundwinkeln hatten sich Speicheltröpfchen gesammelt; er wischte sie fort. »Nur klingt es mir noch immer alles viel zu plausibel«, wiederholte er, indem er sich erneut vorbeugte, um Min

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