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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die Mordlust, während er allein in die dichtgefügte, bedrohliche Leere der Korridore vordrang, die nach Kassafort und in den Untergang führten.

 
MORN
     
     
    Sie konnte nicht denken. Worte hatten keine Bedeutung: keine Worte könnten dies lange Stillschweigen zurückdrängen, das in ihrer Zelle lastete, während die Amnion darauf warteten, daß die Mutagene sie transformierten. Alles andere ergab keinen Sinn.
    Angus war da. Aber natürlich war das unmöglich. Wieviel mußte sie noch durchleiden, bis sie sich vom Alptraum Angus befreit hatte?
    Er behauptete, er käme, um sie zu retten. Das war nicht nur ausgeschlossen, es war nackter Schwachsinn: kein Mann seiner Couleur würde je ein derartiges Risiko auf sich nehmen, um irgendwen zu retten, am wenigsten eine Polizistin, die soviel über ihn wußte.
    Er hatte erwähnt, wo Davies sei, als wollte er damit andeuten, ihren Sohn hätte er schon gerettet – und das war weniger unmöglich als voll und ganz unvorstellbar.
    Aber auch Sib Mackern war da. Bei seiner Anwesenheit handelte es sich um eine Tatsache, oder nicht? Hinter der Helmscheibe des EA-Anzugs erkannte sie sein Gesicht, oder? Vor eifriger Hilfsbereitschaft zitterte er regelrecht: selbst durch Zwischenschichten aus Mylar und Plexulose schien er wahre Wellen an Trost und Zuspruch auszustrahlen. Außer all das war eine Halluzination… Es sei denn, die grausame Realität all dessen, was Nick ihr zugemutet, was sie selbst der Menschheit angetan hatte, war mittlerweile dermaßen unerträglich für sie geworden, daß sie sich aus der Wirklichkeit in Wahngebilde geflüchtet hatte…
    Einige Besatzungsmitglieder der Käptens Liebchen wollten ihr helfen? Waren gekommen, um sie zu befreien? Gemeinsam mit Nick? Mit Angus?
    Sie klammerte sich an den Namen ihres Sohns und die Griffe des Impacter-Gewehrs, um nicht in irrwitzige Schluchzer der Konfusion auszubrechen.
    Sib Mackern versuchte, ihr behilflich zu sein, drängte sie dazu, ihre Glieder in den EA-Anzug zu stecken. Sie wünschte seine Hilfe, wollte auch den Schutzanzug selbst. Aber Angus hatte gesagt: Du paßt am besten selbst auf Succorso auf, damit er keinen Unfug mehr anrichtet. Sie durfte das Gewehr keinesfalls lange genug weglegen, um den EA-Anzug anzuziehen.
    Behutsam ergriff Mackern ihre linke Hand, bemühte sich, ihre Finger von der Waffe zu lösen.
    Mit der Plötzlichkeit einer Spukgestalt erschien Nick an der Schwelle.
    »Wenn ihr Clowns euch nicht beeilt«, schnauzte er, nachdem er seinen externen Lautsprecher eingeschaltet hatte, »kommt keiner von uns hier lebend raus.«
    Als hätte er ein Stichwort genannt, dröhnte eine Erschütterung durch die Zelle. Für einen Sekundenbruchteil flackerte die schweflige Beleuchtung. Aus den oberen Ecken der Wände rieselte Staub. Irgendwo nahebei mußte eine schwere Explosion erfolgt sein.
    Was hatte sie da in Angus’ Pfoten gesehen? Was für ein Typ von Waffe war das? Sie hatte ausgesehen wie eine maßstabsgerecht verkleinerte Materiekanone.
    Kämpfte er mit einer Materiekanone um ihre Befreiung?
    Fähig war er zu so etwas. Ein und dieselbe unaustreibbare Feigheit, die ihn zum Vergewaltiger erniedrigte, machte ihn zu einem hochgradig gefährlichen Menschen.
    Ein leises Winseln drang von Morns Lippen, während Mackern mit sanfter Gewalt ihre Finger von dem Impacter-Gewehr entfernte und ihren Arm in den Ärmel des EA-Anzugs schob.
    Dann kam die rechte Hand an die Reihe: sie nahm das Gewehr in die Linke, zwängte die Rechte eilig in den Handschuh des Raumanzugs. Mit jeder Sekunde wuchs in ihr eine unbeschreibliche Verzweiflung an. Jeder ihrer Unterarme wies die Blutergüsse kleiner Einstiche an den Stellen auf, wo die Amnion ihr Mutagene injiziert und Blut entnommen hatten. Norepinephrine und Dopamine, all ihre Immunität, war ihr abgezapft und in kleine Ampullen gefüllt worden: ein Verrat am ganzen Menschengeschlecht. Morn war nichts außer Furcht geblieben.
    Sie erwartete, daß Mackern den EA-Anzug schloß, doch er tat es nicht. Vielmehr schnallte er ihr eine Art von Innengestänge um die Hüften. »Das ist ’n neues System zur Bedienung der Lenkdüsen«, erläuterte er währenddessen. »Es funktioniert ähnlich wie Waldos. Du bewegst die Hüften, und die Düsen reagieren. Es kann sein, du brauchst sie. Offen gestanden« – den letzten Satz fügte er in mattem Ton hinzu – »ich kann selber nicht damit umgehen.«
    Jetzt war Morn endgültig klar, daß sie träumte. Mit solchen EA-Anzügen hatte sie an der

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