Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Morn, ich habe dich mal unterstützt, so wie’s Vector und Mikka taten. Wir haben dir nicht in dem Umfang beigestanden, wie’s nötig gewesen wäre, aber wir sind so weit gegangen, wie wir’s damals für vertretbar hielten. Laß dir nun von uns helfen. Davies kann das Schiff nicht lange verteidigen. Wenn wir nicht bald zurück sind, ist er am Ende. Dann ist jeder von uns und alles verloren.«
Morn gab durch nichts zu erkennen, daß seine Worte ihr irgend etwas besagten: sie reagierte nur jedesmal, wenn der Name ihres Sohns fiel. Doch das genügte. Immer wenn Sib Mackern ›Davies‹ sagte, war sie ein wenig näher gerückt: erst hatte sie sich aufgesetzt, dann die Füße auf den Boden gestellt, und zum Schluß stand sie auf.
»Laßt nicht zu, daß Nick ihn anrührt.«
Ihre durch die Atemmaske gedämpfte Stimme klang so schwächlich, als hauchte sie nur Dunst hervor.
»Ich habe ’ne bessere Idee«, brummte Angus. Morns Äußerung löste bei ihm einen Umschwung aus: kaum hatte er ihre Stimme gehört, wich seine Bekümmertheit einer kalten, beherrschten, altvertrauten Wut. Er trat in den Flur hinaus. Zu schnell, als daß es hätte verhindert werden können, riß er Succorso das Impact-Gewehr von der Schulter, kehrte in die Zelle zurück und warf die Waffe Morn zu. »Da. Du paßt am besten selbst auf Succorso auf, damit er keinen Unfug mehr anrichtet.«
Morn fing das Gewehr auf und umklammerte es, als wäre es der einzige reale Gegenstand im Raum. Ihre Finger ertasteten den Abzug.
»Wir müssen uns von hier per EA verdrücken, Morn.« Noch immer war Mackerns Stimme voll Besorgnis. »Das ist unser einziger Rückweg zur Posaune. Ich hab dir ’n EA-Anzug mitgebracht.« Er breitete die Arme aus und zeigte ihn ihr. »Ich helf dir beim Anziehen.«
Unvermittelt wandte Angus sich ab. Er konnte es nicht mehr mitansehen. Und seine Programmierung verlangte ihm andere Aufgaben ab, die er auszuführen hatte. Ohne Rücksicht auf seinen Gram öffneten sich in seinem Kopf neue Dateien, informierten ihn über alles, was die VMKP über Fusionsgeneratoren wußte, ergänzt um alles, was die kartografische Vermessung der Energieversorgungsanlagen Kassaforts an Erkenntnissen ergeben hatte.
Ausgefüllt mit den Plänen fremder Menschen und eigenem Gewaltdrang verließ er die Zelle.
Sofort kam Nick Succorso ihm entgegen. »Sie mieser Dreckskerl. Nun wird sie mich abknallen.«
Angus hatte für ihn keine Beachtung übrig. »Nicht so lange sie glaubt, Sie könnten nützlich sein, um Davies’ Leben zu retten.«
Er drehte Succorso den Rücken zu und wandte sich an Mikka Vasaczk.
Sie erwiderte seinen Blick mit der verbitterten Miene einer auf alles gefaßten Frau. Ihre Fäuste hielten die Waffen gepackt, als wüßte sie von Kindesbeinen an, wie man damit umging.
»Ich gehe jetzt ’n gesonderten Weg«, teilte er ihr mit. »Ich muß noch etwas anderes erledigen. Bis ich wieder da bin, haben Sie das Kommando.«
Kaum merklich wurden ihre Augen größer; aber sie unterbrach ihn nicht, enthielt sich jedes Widerspruchs.
»Es obliegt Ihnen, sie zur Posaune zu bringen.« Er meinte ausschließlich Morn. Was aus den anderen wurde, war ihm einerlei. »Schaffen Sie sie an Bord. Sie und Davies. Dann verriegeln Sie den Raumer. Ich kann die Schleuse jederzeit öffnen. Denken Sie daran, Sie haben das Kommando, nicht er.« Angus deutete mit einem Nicken in Succorsos Richtung. »Dulden Sie nicht, daß er quertreibt. Falls er Ihnen irgendwelchen Ärger macht, tun Sie mir den Gefallen und erschießen Sie ihn.«
Nick Succorsos Kichern klang schrill: ein wenig nach Irrsinn. »Kaptein Thermogeil, Sie sind wirklich und wahrhaftig vollkommen übergeschnappt.«
Angus ignorierte ihn.
»Ich brauche eine Stunde«, sagte er zu Mikka Vasaczk. »Sollte ich bis dahin nicht zurück sein, fliegen Sie ohne mich ab. Reißen Sie die Posaune einfach aus der Parkbuchtverankerung und starten Sie durch. Sie können sich auf keine nennenswerte Weise verteidigen, dazu wissen Sie zuwenig über den Kahn, aber Ihnen bleibt keine andere Wahl. Warten Sie nämlich länger, müssen Sie leider auf alle Fälle das Handtuch werfen.«
Mikka Vasaczks düsterer Blick verhieß, daß sie ihm zu gehorchen beabsichtigte, solange sie lebte.
»Eine Stunde«, wiederholte Angus rauh.
Dann hetzte er davon, als wäre er von der Kette gelassen worden.
Gegenwärtig befand sein Gemüt sich in schönster Harmonie mit seiner Programmierung. Helle Freude durchsang sein Herz wie eine Hymne auf
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