Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Ihnen gelieferten Maschinenteile sind zerschmolzen.«
Unvermittelt beugte Nick sich vor, stützte sich auf die Konsole der Kommandoposition, schnarrte seine Drohung Vestabule direkt ins Gesicht. »Folglich bleibt mir nur noch eine Wahl. Ich muß dem Kassierer das Geheimnis meiner Immunität verkaufen.«
Und daß das geschieht, willst du doch nicht, oder, du oxydierter Brocken Amnionscheiße?
»Nick«, flüsterte Mikka; ihr Raunen klang wie ein Aufstöhnen des Einspruchs.
Sonst gab niemand einen Laut von sich.
»Außer Sie räumen mir genügend Zeit ein«, fügte Nick als letztes hinzu, fast wie aufgrund eines nachträglichen Einfalls, »um eine andere Lösung anzubahnen.«
Indem er lebhaft zwinkerte, als ob die Bordatmosphäre der Käptens Liebchen seinem Menschenauge Beschwerden verursachte, musterte der Unterhändler Nick. Nichts deutete auf seine Reaktion hin; kein Muskel zuckte in seiner Wange, seine Finger blieben ruhig. Nicks Steuerbrückencrew saß in starrer Reglosigkeit da, während Vestabule die Situation abwog, im geheimen seine Amniongedanken dachte.
»Also gut«, sagte er, sobald er seine Überlegungen beendet hatte.
Ransum atmete hörbar aus.
Zum Glück verhielten alle anderen Crewmitglieder sich still.
Doch Vestabule erübrigte ohnehin für niemanden Aufmerksamkeit außer Nick. »Kapitän Succorso«, stellte er klar, »wenn Sie unverzüglich, zum Zeichen Ihrer Absicht, beim Handel mit uns ehrlich zu sein, die versprochene Entschädigung leisten, gewähren wir Ihnen eine Frist von einem Ihrer Standardtage, um mit dem Kassierer eine Übereinkunft zu erzielen. Aber vor einem muß ich Sie in aller Offenheit warnen: Bei dem Übereinkommen darf Ihre vorgebliche ›Immunität‹ nicht erwähnt werden.« Die bloße Ausdruckslosigkeit seiner Stimme verlieh seiner Warnung eine eindringliche Wirkung. »Solche Informationen können nicht vertraulich bleiben, am wenigsten in dieser Station, unter Illegalen Ihresgleichen. Wir würden davon erfahren. Dann wäre die Zeit der Verhandlungen vorüber. Wir müßten unsere Möglichkeiten nutzen, um Ihre Abwehrmittel zu paralysieren, und Sie hätten Ihr Raumschiff an uns abzutreten. Zum Ausgleich würden wir Sie und alle, die zu Ihnen halten, in unsere Gewalt bringen. Und sollte das nicht ausreichen, gingen wir weiter. Bevor wir dulden, daß das Wissen, das Sie zu haben behaupten, sich verbreitet, wären wir sogar ganz Kassafort zu vernichten bereit.«
Diese Drohung nahm Nick nicht ernst; sie war zu übertrieben, um sich deshalb Sorgen machen zu müssen. Unsere Abwehrmittel paralysieren? Wieder lag ihm die Frage auf der Zunge: Wie? Und auch dieses Mal verkniff er sie sich. Er hatte das eine herausgeschunden, was er wollte, nämlich Zeit. Nun mochte er nichts mehr riskieren, durch das sie ihm verlorengehen könnte.
Er stieß ein sarkastisches Auflachen aus. »Wie Sie meinen. Wenn Sie so verrückt sein wollen, na bitte. Aber bis dahin…«
Er schaute sich auf der Steuerbrücke um; sah Sibs bleiches, beklommenes Gesicht, Mikkas störrisch-düstere Miene, Vectors klare, blaue Augen und versonnenes Stirnrunzeln; die konzentrierte Bereitschaft, die sich in Lietes ganzer Gestalt zu ballen schien. Milos kam nach Kassafort. Endlich befand Sorus Chatelaine sich in Reichweite.
»Bis dahin«, wiederholte er, wobei er sein horizontales Grinsen und die heiße Verquollenheit seiner Narben von neuem Vestabule zudrehte, »gilt unsere Abmachung. Ich weiß nicht, was als nächstes passiert, aber ich will alles und jedes versuchen« – er bleckte die Zähne –, »um zu garantieren, daß sie sich für beide Seiten lohnt.«
Marc Vestabule betrachtete ihn nur, zwinkerte/zwinkerte nicht, ohne ein Wort zu äußern.
Schroff stand Nick auf. »Liete, bring den Sausack von Bord.«
Ohne zu zögern zeigte Liete dem Unterhändler die Konnexblende des Kommandomoduls. Eine Hand ließ sie am Griff der Waffe.
Fügsam und unbekümmert, als hätte er alles zugestanden erhalten, was er sich wünschen konnte, wandte Vestabule sich ab und entfernte sich zwischen Liete und Simper von der Brücke.
Kaum war das Trio außer Hörweite, schwang Nick sich zu Mikka herum. »So.« In seinem Körper stak eine Spannung wie bei einem sprungbereiten Raubtier. »Wir haben’s geschafft, sie noch für einen Tag abzuwimmeln. Das verändert die gesamte Lage. Jetzt können wir wieder hoffen. Du holst Morn. Weck sie auf und spül ihr das Kat aus ’m Kreislauf. Ich will, daß sie in zehn Minuten auf ’n Beinen
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