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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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aufzubewahren. An letzterem hatten die Amnion kein erkennbares Interesse; und um ersteres in die Verhandlungen einzubringen, war die Unterredung mit Marc Vestabule zu günstig verlaufen.
    Naturgemäß bestand jederzeit die Gefahr, daß die Amnion Morn in ein ähnliches Geschöpf wie Vestabule umwandelten. Taten sie es, behielt Morn einen Teil – einen Großteil? – ihres menschlichen Verstands; dann mußten sie ersehen, daß sie wertvoller war, als sie angenommen hatten. Doch daran konnte Nick nichts ändern. Darauf hatte er keinerlei Einfluß mehr.
    Er entnahm dem Wandschrank ein Fläschchen mit Kapseln – seinen kostbaren Vorrat des Immunitätsserums – und schüttete sich zwei davon in die Handfläche. In seiner Wange zuckte ein schwacher Tic, aber darauf achtete er nicht. Eine Kapsel schluckte er sofort, nur zur Vorbeugung; die zweite steckte er tief in eine Tasche seiner Bordmontur. Dann stellte er die Flasche in den Schrank zurück und schloß ihn wieder ab.
    Während er sich mit beiden Händen die Narben rieb, blickte er aufs Chronometer. Wie lange mochte es dauern, Morn das Kat aus den Adern zu spülen, damit sie laufen konnte? Nicht lang. In ein, zwei Minuten müßte sie auf dem Weg zu Kassaforts Amnion-Sektion sein, dem von den Aliens gemieteten Bereich der Station, wo sie die für sie nötige, brandige Luft atmen durften – und sie ihre eigenen Verteidigungseinrichtungen hatten.
    Dort hinzugehen war gefährlich; doch es ließ sich nicht vermeiden. Und es gewährte ihm zumindest ein gewisses Maß an Rache für Morns Lügen.
    Wenn er daran dachte, gingen ihm unwillkürlich auch Überlegungen durch den Kopf, wie er Mikka Vasaczk töten könnte.
    Frauen. Nichts als Ärger mit Frauen. Kaum hatte er einen Ausweg gefunden, um Morn loszuwerden, fiel Mikka ihm in den Rücken. Und zudem war die Frage, auf welche Weise er sich an Sorus Chatelaine rächen sollte, ebenfalls noch unbeantwortet. Falls sich keine andere Möglichkeit bot, hatte er vor, sie kurzerhand zu erschießen; aber er wünschte sich mehr, brauchte mehr. Frauen waren es, die ihn so fertigmachten; zum Ausgleich mußte er es ihnen so gemein heimzahlen, wie es sich nur einrichten ließ.
    Marc Vestabule schwafelte andauernd von ›Entschädigung‹; doch er benutzte das Wort nicht im entferntesten mit der ganz persönlichen Inbrunst, mit der Nick es anstrebte, sich schadlos zu halten.
    Sorus Chatelaine jedoch mußte warten. Erst war Morn an der Reihe. Und sobald diese Rechnung beglichen war, hatte er die Käptens Liebchen zu retten. Er war sich vollauf sicher, daß sich im Verlaufe seiner Bemühungen eine Gelegenheit ergab, um sich Mikka vom Hals zu schaffen.
    Ohne daß es ihm aufgefallen wäre, schritt er schon seit einem Weilchen in der Kabine auf und ab, als bemühte er sich in regelrechter Fiebrigkeit, zwischen realen und rein imaginären Methoden der Vergeltung zu trennen.
    Beim Summton des Interkom-Apparats blieb er stehen. »Nick«, meldete Mikka in laschem Ton, »ich hab sie geweckt. Sie ist noch beduselt, aber sie kann laufen.«
    Um von seiner Anspannung ein wenig abzureagieren, drosch Nick roh auf die Taste des Apparats. »Wir treffen uns an der Schleuse. Von dort an übernehme ich sie.«
    Mikka unterbrach die Verbindung, ohne den Befehl zu bestätigen.
    In mörderischer Stimmung tippte Nick den Öffnungscode ins Türschloß und verließ die Kabine.
    Zum zweitenmal innerhalb von knapp über einer Stunde mußte er von Bord des Raumschiffs gehen. Und das zweite war lebensgefährlicher als das erste Mal: bei den Amnion lag die Wahrscheinlichkeit höher, daß sie aktive Maßnahmen gegen ihn ergriffen, als beim Kassierer. Trotzdem trödelte er nicht. Innere Angespanntheit war durchaus nicht das gleiche wie Kraft oder Zuversicht, aber konnte ähnlich wie sie einem Zweck untergeordnet werden.
    Er stieß im Zugangskorridor der Luftschleuse auf Mikka und Morn. Sie gingen langsam; Morn bewegte sich nur mit lahmem Schlurfen vorwärts. Ohne Mikka als Stütze wäre sie aufs Deck niedergesackt. Von hinten sahen sie wie Schwestern aus, die eine den Arm um die andere geschlungen hatten, um sich gegenseitig Mut einzuflößen.
    Ein Schnauben des Mißmuts entfuhr Nick, als er sah, daß Mikka sich die Zeit gelassen hatte, um Morn in eine saubere Bordmontur zu kleiden. Vermutlich hatte Mikka sie auch eigenhändig gereinigt, ihr den angesammelten Schmutz von rund zwölf Stunden abgewaschen. Aber an Morn war Menschenwürde pure Verschwendung. Eine Frau, die

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