Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Kassierer nie –, doch keiner von ihnen achtete auf Nick und Morn. Denkbar war, daß sie Weisung bekommen hatten, sich um nichts zu kümmern, was zwischen der Käptens Liebchen und der Amnion-Sektion passierte.
»Leckt mich doch am Ärmel«, knurrte Nick zu allen und niemandem, während er Morn durch die Rezeption zu den Fluren zerrte, die zur Amnion-Sektion führten. Gerne bezahlen ließ sich der Kassierer? Nick auch. Erbittert setzte er das Fehlen von Schutzvorkehrungen, die diplomatische Distanzierung von der Käptens Liebchen, auf die Rechnung, die er dem Kassierer zu präsentieren beabsichtigte.
Mit jeder Stunde wurde diese Rechnung länger.
»Bitte, Nick«, raunte Morn durch zusammengebissene Zähne. »Ich wehre mich doch gar nicht… Du brauchst mir nicht den Arm zu brechen.«
Für einen Moment drückte er noch fester zu, bis er sie japsen hörte. Dann lockerte er den Druck; nicht aufgrund ihrer Bitte, sondern weil seine Faust ermüdete.
»Also bist du endlich wach«, konstatierte er leise und hämisch. »Gut. Ist dir klar, wo wir sind? Ahnst du, wohin wir gehen?«
Morn gab keine Antwort. Eine Reaktion ließ sich allein an der wachsenden Stetigkeit ihrer Schritte und daran erkennen, wie sie sich bewegte, um ihren Arm zu schonen.
»Gut«, wiederholte Nick und nickte, als wäre er sich völlig sicher, von ihr verstanden zu werden. »Es gibt für das, was wir tun, mehrere Gründe.« Nämlich daß ich es will. Du hast es verdient. Es muß sein. »Einer ist, daß ich eine neue Unterredung mit dem Mutantenschwein Marc Vestabule hatte. Eine ganze Reihe von Drohungen hat er ausgestoßen, aber eine kam mir besonders auffällig vor. Er hat behauptet, die Amnion hätten irgendwelche ›Mittel‹, um zu verhindern, daß wir uns wehren.« Die gleiche Intuition, die ihm davon abgeraten hatte, Vestabule in dieser Angelegenheit zu provozieren, bewog ihn jetzt dazu, Morn darauf anzusprechen. »Damit geprahlt, sie hätten die Möglichkeit, mein Raumschiff zu ›paralysieren‹, und zwar ›völlig‹. Was weißt du darüber?«
Ein paar Schritte lang schwieg Morn. »Gütiger Himmel, Nick…«, seufzte sie schließlich. Ihre Stimme bezeugte völlige Erschöpfung, hatte einen Klang, als wäre Morns Seele bis ins Innerste zerfasert und zerfranst. Aber man merkte ihr zuwenig Furcht an, viel zu wenig Furcht, als daß Nick Anlaß zur Befriedigung gehabt hätte. »Wie kommst du auf die Idee, ich könnte so ’ne Frage beantworten?«
Das zu begründen, fiel Nick sehr leicht. »Erstens bist du Polizistin. Bevor du dich mir angeschlossen hast, hattest du Informationsquellen, die mir bis heute fehlen. Es ist vorstellbar, daß du über das Niveau der Amnion-Technik mehr Kenntnisse als ich hast. Und zweitens…« Aus spontaner Wut grub er erneut die Finger in ihren Oberarm. »Zweitens hast du, während du vorübergehend mein Schiff übernommen hattest, mit ihnen in Funkverbindung gestanden.« Mein Schiff, du elende Hexe.
Sie unterdrückte ein neuerliches Keuchen. Seit Mikka fort war, hatte Morn ihn kein einziges Mal angeschaut; auch jetzt sah sie ihn nicht an. Aber sie hörte ihm zu. »Na schön«, fauchte sie durch die Zähne, als wollte auch sie ihm drohen; als wäre sie selbst jetzt, auf dem Weg zu den Amnion, noch der Meinung, ihm Paroli bieten zu können. »Tauschen wir doch unsere Informationen aus. Du verrätst mir, warum die VMKP von dir angefunkt worden ist, ehe wir nach Station Potential geflogen sind. Sag mir, was für eine Absprache zwischen euch besteht. Wofür sie dich angeheuert haben. Ich will wissen, wieso man mich dir überhaupt überlassen hat. Dann erzähle ich dir, weshalb die Amnion glauben, sie können deinen Kahn paralysieren.«
Sie erstaunte Nick; irgendwie blieb sie ihm über. Warum erschrak sie nicht? Wieso war sie nicht verstört bis ins Mark? Sie hätte aus Abscheu und Flehentlichkeit schluchzen müssen, statt zu versuchen, mit ihm zu feilschen.
In beiden Richtungen war der Korridor leer. Die Amnion mieden die übrige Station, und niemand, der ein bißchen Vernunft kannte, drängte sich ihnen auf. Selbstverständlich befand sich der Zugang zur Amnion-Sektion unter der Überwachung der Observationsgeräte des Kassierers; doch aus diesem Abstand konnten sie wahrscheinlich keine Stimmen erfassen. Nick ließ Morris Arm los, packte sie statt dessen an den Schultern und riß sie zu sich herum.
»Sieh mich an, verdammt noch mal!« Warum bist du nicht vor Furcht von Sinnen? »Sieh mich an!«
Sie hob den
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