Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Das ist eine Falle. Aber das war ihm längst klar. Er konzentrierte sich aufs Mikrofon, auf die knisternde Funkverbindung, die ihn an sein Verhängnis kettete.
    »Stiller Horizont, Sie sind Amnion. Ich bin ein Mensch.« Damit bestand ein völlig unversöhnlicher Unterschied. »Aus welchem Grund soll ich Ihnen vertrauen?«
    »Weil wir Amnion sind, Warden Dios«, lautete Vestabules unumwundene Antwort. »Im Gegensatz zur Menschheit betreiben wir ehrliche Verhandlungen. Und wir halten unsere Zusagen ein. Aber ich will Ihnen zusätzlich folgendes sagen: Wir könnten nichts dadurch gewinnen, daß wir uns an Ihnen vergreifen. Töten wir Sie, tritt ein anderer Mensch an Ihre Stelle, und die Konfrontation besteht wie zuvor weiter. Und erzwängen wir Ihre Mutation, so daß Sie einer von uns würden, käme es auf Ihrer Orbitalstation zur Entdeckung der Transformation. Eine Mutation müßte Gedächtnislücken verursachen, die Sie verrieten. Gleichzeitig wären unumgängliche Veränderungen in Ihrer Art und Weise des Sprechens nachweisbar. Sie wären zwar einer von uns, aber Ihre Orbitalstation würde Ihnen den Gehorsam verweigern, und wir zögen daraus keinen Nutzen.«
    Für einen Moment schwieg Vestabule. »Sie werden fragen, welche Gegenleistung ich biete«, fügte er dann hinzu. »Ich biete Ihnen Zeit, Warden Dios. Durch die Dauer unserer Diskussion verschiebt sich die Situation zu Ihren Gunsten. Je näher Ihre Raumschiffe kommen, um so mehr wächst für uns die Gefahr. Mit jeder Stunde verringert sich der Schaden, den wir im Lauf eines Gefechts anrichten können, bevor wir vernichtet werden. Im Interesse der Diskussion bin ich damit einverstanden. Aber sie müssen ein vergleichbares Risiko auf sich nehmen.«
    Möglicherweise kannte der Amnioni keine Regungen wie Spannung, Erregung oder Eifer mehr. »Wie lautet Ihre Antwort, Warden Dios?« fragte er ohne hörbare Betonung.
    Grob schaltete Dios abermals das Mikrofon ab. Anstatt umgehend zu antworten, nahm er sich einen Augenblick Zeit, um über die Natur der Gefährdung nachzudenken.
    Vestabules Argumente stimmten im großen und ganzen mit dem überein, was er erwartet hatte. Und sie zeichneten sich durch Realismus aus. Der Amnioni durchschaute die taktischen Gegebenheiten ganz klar: Das war offensichtlich. Auf seltsam menschliche Weise wußte er, was er tat.
    Kein Aufschub konnte noch Schutz für Suka Bator gewährleisten. Genausowenig für das VMKP-HQ.
    Die Mutation riskieren…?
    Aber Warden Dios’ eigentliche Furcht galt nicht der Mutation. Seine Sorge ging weiter.
    Es ließ sich nicht mehr ausschließen, daß sein äußerst kompliziert angelegter, raffinierter Anschlag auf Holt Fasner die eigenen Bestrebungen sabotierte. Er harte eine äußerst ernste Verstrickung herbeigeführt, die an Menschenleben, Ressourcen und Hoffnungen viel mehr kosten mochte, als sich die Menschheit leisten konnte. Offener Kampf hier und jetzt machte seine langwierigen Vorbereitungen zunichte: Koina Hannish und Morn Hyland würden neutralisiert, die Macht des Drachen hingegen wüchse. Im Kriegsfall bliebe dem Planeten nach der Annihilierung des VMKP-HQ und des EKRK keine Alternative, als auf Holt Fasner zu setzen. Und Dios war der Auffassung, daß Fasner alles tun würde, um diese Situation zu seinem Vorteil auszunutzen…
    Bei ihm ist es keine gewöhnliche Todesfurcht, hatte Norna erklärt. Er will ewig leben. Ich seh’s. Was glauben Sie denn, warum er mich hier eingesperrt hat? Seit fünfzig Jahren büße ich für das, was ich sehe.
    Warden Dios hatte keine andere Wahl. Er brauchte die Frist, die Vestabule ihm bot, mit verzweifelter Notwendigkeit. Aufgewogen gegen die Zukunft der Menschheit war der Preis gering, der ihm persönlich abverlangt wurde.
    Dios schaltete das Mikrofon von neuem ein. Das Technikpersonal des Kommandozentrums – und die Hälfte der Leute in der Stationszentrale – beobachteten ihn, als hielten sie kollektiv den Atem an.
    »Stiller Horizont, hier spricht Warden Dios.« Es kostete ihn alle Willenskraft, mit fester Stimme zu sprechen. »Ich nehme Ihren Vorschlag an. Ich komme zu Ihnen an Bord.« Im Kommandozentrum griff ein Getuschel der Bestürzung und des Widerspruchs um sich, doch er beachtete es nicht. »Unter einer Bedingung«, schränkte er statt dessen seine Einwilligung in scharfem Ton ein.
    »Warden Dios, hier Marc Vestabule«, antwortete der Amnioni sofort. »Welcher Bedingung?«
    Indem er Panik und eingefressene Scham unterdrückte, tat Warden Dios den

Weitere Kostenlose Bücher