Amnion 5: Heute sterben alle Götter
Operativen Kommandozentrums sprach.
Eine bittere Erwiderung, hervorgebracht durch den inneren Druck seines insgeheimen Grauens, lag Warden Dios auf der Zunge. Was soll das heißen, hätte er nun zu gerne geschrien oder geheult, ihr hättet keine Hoffnung mehr, wenn ich abgeschrieben werden muß?! Was für Wundertaten erwartet ihr eigentlich von mir?
Doch bevor sein Kummer und seine Scham stark genug wurden, um seine Selbstbeherrschung zu beeinträchtigen, wichen sie einem anderen Gefühl: einem ungewohnten, unvertrauten und unerwünschten Stolz darauf, daß er bei seinen Untergebenen ein derartiges Ansehen genoß, sie sich dermaßen auf ihn verließen.
In einem anderen Leben, einem Leben ohne den fatalen Fehler, Holt Fasner Vertrauen geschenkt zu haben, hätte ihn ein solcher Moment für alles andere entschädigt. Eventuell wäre er zu glauben fähig gewesen, er hätte so etwas verdient.
In diesem wahren Leben dagegen durfte er es sich nicht gestatten, Stolz oder Trost zu empfinden. So leicht konnte das Unheil seiner Komplizenschaft bei Holt Fasners Machenschaften nicht abgetan werden.
Bedächtig erhob er sich vom Sessel. Er wollte seinen Untergebenen in die Augen blicken, so offen er es noch konnte; ihnen in dieser Stunde als Gleicher gegenüberstehen.
»Ich danke Ihnen, Wachtmeister, ich danke Ihnen allen.« Lieber hätte er demütig leise geredet; aber er zwang sich zu einer Lautstärke, die es der ganzen Versammlung ermöglichte, ihn zu verstehen. »Ich weiß Ihre Sorge um meine Person zu schätzen…« Ratlos spreizte er die Hände. »Mehr zu schätzen, als ich beschreiben kann. Aber versetzen Sie sich einmal in meine Lage. Wenn Sie mich so sehr respektieren, daß Sie für mich zu sterben gewillt sind, dann haben Sie sicherlich auch genug Achtung vor mir, um zu wissen, daß ich zu Ihnen die gleiche Haltung habe. Der Amnioni wünscht mit mir persönlich zu diskutieren. Und mit jeder Stunde, die ohne Kampf verstreicht, erhöhen sich unsere Überlebenschancen. Wenn ich die Erde schützen und Sie wenigstens noch etwas länger am Leben erhalten kann, indem ich mein Leben riskiere, glauben Sie wirklich, ich könnte es verkraften, mich vor dieser Herausforderung zu drücken?«
Nacheinander schaute er jedem Umstehenden in die Augen. Dann straffte er die Schultern und schob das Kinn vor.
»Wir sind die VMKP. Es ist unsere Pflicht – und gleichzeitig ist es uns eine Ehre –, die Menschheit zu verteidigen.« Jahre hindurch hatte er sogar ihm widerwärtige Lügen verbreitet; lauter Lügen, die ihn anekelten, erst Holt Fasners, danach selbst ausgeheckte Lügen. Nun hielt er sich, soweit er es durfte, an die Wahrheit. »Mein Leben ist angesichts der Gelegenheit, meiner Aufgabe gerecht zu werden, eine Belanglosigkeit.«
Und es war eine Kleinigkeit, die es zu riskieren galt, um dagegen vorzubeugen, daß die Stiller Horizont die Rächer, sobald der Kreuzer auftauchte, nicht kurzerhand atomisierte. Diese Wahrheit verschwieg er; nicht einmal jetzt konnte er gestehen, wie weit er auf Morn Hyland angewiesen war – und auf Min Donner.
Er brauchte seine prothetische IR-Sicht nicht, um zu erkennen, daß er auf alle den gewünschten Eindruck machte – außer auf Hashi Lebwohl. In den Augen seiner Untergebenen leuchtete Überzeugtheit oder schimmerten Tränen: Dieselbe Treue und Opferbereitschaft, die sie zum Protest aufgewiegelt hatten, machten sie empfänglich für seine Entgegnung.
»Natürlich kann ich meine Aufgabe nicht anpacken«, fügte er mit einem Achselzucken hinzu, um es ihnen zu erleichtern, ihm die Art von Beistand zu leisten, die er haben mußte, »wenn Sie nicht alle an Ihren Platz zurückkehren und Ihren Teil beitragen.«
»Jawohl, Sir«, antwortete der junge Wachtmeister mit belegter Stimme. »Sofort.« Beinahe leidenschaftlich befahl er den Technikern und Technikerinnen, Offizierinnen und Offizieren sowie dem übrigen Personal Habachtstellung. Zum Zeichen der Solidarität salutierten alle wie bei einer Parade vor dem VMKP-Direktor.
Normalerweise grüßte Dios nie zurück, wenn jemand vor ihm salutierte: Er mochte diese Zackigkeit nicht. Doch in diesem Fall hielt er eine Ausnahme für angebracht. Wie hätte er sich jetzt weigern dürfen?
Allerdings gönnte er sich keine Zeit, um diesen Moment auszukosten oder zu bereuen. Er hatte es zu eilig. Sobald sich die Ansammlung zerstreute, befahl er einem Mitarbeiter, sein Shuttle zum unverzüglichen Ablegen vorbereiten zu lassen.
Zu sehr entsetzte ihn die
Weitere Kostenlose Bücher