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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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dem ganzen Sonnensystem zu ›diskutieren‹. Oder Sie nehmen meine Bedingung an und können die Diskussion unter den von Ihnen gewünschten Umständen führen.« Grimmig kam er zum Schluß. »Und nun wählen Sie.«
    Er hob die Faust, hielt sie ausgestreckt, um das Mikrofon endgültig abzuschalten.
    Einige Mitglieder des Kommandozentrum-Technikpersonals wirkten, als ob sie beteten. Andere schüttelten fassungslos den Kopf. Anhaltendes Füßescharren aus der Stationszentrale erweckte den Eindruck, als hätte ein Großteil des dortigen Personals die Plätze verlassen.
    Warden Dios verspürte das Bedürfnis aufzublicken, sich darüber zu informieren, was sich hinter seinem Rücken ereignete; doch Marc Vestabules Schweigen hielt ihn gebannt. Seine Faust schwebte über dem Schalter des Mikrofons, als hätte ihn Lähmung befallen. Jeden Moment konnte sie zu zittern anfangen.
    Plötzlich antwortete der Amnioni.
    »Also gut, Warden Dios.« Vestabules Sprechweise war zu gekünstelt, als daß seine Zusage nach einem Zugeständnis geklungen hätte. »Unser Raumschiff wird sich auf keine Funkanrufe melden, die nicht von Ihrer Orbitalstation stammen. Als Gegenleistung kommen Sie allein und unbewaffnet zu uns an Bord, damit wir eine persönliche Diskussion führen können.«
    Warden Dios’ Herz flatterte, als hätte er eine Gnadenfrist erhalten; als wäre er begierig auf die waghalsige Gelegenheit, sein Schicksal an Bord der Stiller Horizont zu suchen. »Einverstanden«, sagte er ruppig. »Ende.«
    Statt die Faust auf den Kippschalter zu dreschen, legte er ihm mit sanftem Druck um.
    Als er aufblickte, sah er das gesamte Stationszentralenpersonal sich an der Tür des Kommandozentrums drängen.
    Was…? Trotz all seiner Jahre der Selbstdisziplin, Heimlichkeiten und willentlicher Zurückhaltung war er zu verblüfft, um ein Wort hervorzubringen.
    Aus nur ihm bekannten Gründen hatte Hashi Lebwohl eine Pose kummervoller Entrüstung eingenommen. Möglicherweise täuschte er Gereiztheit vor, um Belustigung zu verhehlen. »Was hat das zu bedeuten, junger Mann?« wandte sich der DA-Direktor an den nächststehenden Offizier, einen ernsten Mann mit irreführend jungem Gesicht und Wachtmeisterabzeichen.
    Der Wachtmeister würdigte Hashi Lebwohl keines Blicks; seine Augen blieben nachgerade flehentlich auf Dios gerichtet.
    Zu vieles stand auf dem Spiel: Warden Dios brauchte einen Moment Zeit, um sich zusammenzureißen. Kräftig rieb er sich mit beiden Händen das Gesicht, rang Furcht und Verstörung nieder, damit sie sich in seinem Auftreten nicht zeigten; versuchte das Empfinden zu unterdrücken, den Hauch des Todes gefühlt zu haben. Er gab sich einen Ruck, rief sich in Erinnerung, daß das seine Leute waren, seine Untergebenen; daß sie die Aufgabe hatten, ihm zu dienen, so wie es seine Aufgabe war, ihnen zu dienen; daß ihr Schicksal von ihm abhing.
    Langsam hob er das Kinn und erwiderte die auf ihn gehefteten Blicke. Düsternis und Trübsal standen in ihren Augen, das Weh einer gemeinsamen Not, einer Drangsal, die er nicht so recht durchschaute, wahrscheinlich weil die eigene Zwangslage ihm dazu keine Gelegenheit ließ. Er spürte die Kraft ihrer geballten emotionalen Aura wie einen vielstimmigen Schrei. Etliche Frauen und auch ein paar Männer rangen mit den Tränen.
    »Wachtmeister…« Dios räusperte sich. Normalerweise kannte er seine Untergebenen samt und sonders beim Namen; jetzt jedoch fiel der Name des jungen Mannes ihm um nichts in der Welt ein. Ein solches Maß zusammengefaßter Vergrämtheit verwirrte ihn. »Vielleicht sollten Sie mir mitteilen, um was es hier geht.«
    Der aus Befangenheit wie erstarrte Wachtmeister konnte kaum sprechen. »Bitte denken Sie nicht, wir wollten bummeln, Sir.« Krampfhaft zuckte sein Adamsapfel. »Ich versichere Ihnen, wir arbeiten dafür gleich doppelt so schnell. Aber ich muß Ihnen einfach sagen… Wir möchten…«
    Er überwand seine Zerknirschung nur mit sichtlicher Mühe. »Es ist so, Sir… Sie können dort nicht hinüber. Es wäre falsch… Das sind Amnion. Sie wandeln Menschen in ihresgleichen um… so wie sie diesen Marc Vestabule verwandelt haben. Wir brauchen Sie hier… Wenn Sie zu denen an Bord gehen, mutieren sie Sie zu einem der ihren, und dann sind wir verloren… Wir hätten keine Hoffnung mehr. Lieber möchten wir für Sie im Kampf sterben.«
    Ein kehliges Gemurmel der Zustimmung bekundete, daß er für das vollzählige Technikpersonal sowohl der Stationszentrale wie auch des

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