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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Angus Thermopyle einen solchen Leidesweg zugemutet – sich überhaupt soviel intrigante Mühe gemacht – wenn er ihnen nicht traute?
    Er räusperte sich. Seine Stimme klang heiser vor Zorn.
    »Also gut. Dann muß es eben sein. Schießen Sie nicht. Ich erfülle Ihre verdammten ›Ansprüche‹. Wenn ich’s kann.«
    Als er kapitulierte, hätte er nicht sagen können, ob ihn Verzweiflung antrieb oder Hoffnung.

 
MORN
     
     
    Auf der Brücke des Polizeikreuzers brach die Hölle los. Cray schrie von den VMKP-HQ-Flugleitbojen erhaltene Warnungen: Die Rächer war zu nah an der Orbitalstation in die Tard zurückgekehrt, hatte zu hohe Geschwindigkeit. Porson rief zu ihren Angaben Bestätigungen, die Stimme vom Streß verzerrt. Seine Hände flitzten nur so über die Tastatur, um die Daten der eigenen Sensorinstrumente und die Informationen der übers Sonnensystem verteilten Scanninganlagen zu sortieren. Der Mann an den Waffensystemen fluchte lauthals. Patrice tippte der Steuerungskonsole Daten mit einer Flinkheit ein, deren Geräusch an Schnellfeuer erinnerte. Aus der Kehle Bydells, der Datensysteme-Offizierin, drang ein helles Stöhnen, das ein Winseln hätte sein können, während sie in rasender Hast die verschiedenerlei Radarechos zu identifizieren versuchte.
    Auch Davies schimpfte mit hoher, gepreßter Stimme vor sich hin, Überraschung und Schrecken verkrampften ihm die Gurgel. Ciro war keinerlei Reaktion anzumerken. Dagegen stöhnte Mikka auf, als wäre in ihrer Brust etwas zersprungen. Bleich und entgeistert betrachtete Vector wortlos die Displays. Im Handumdrehen wechselte Angus den Standort, trat neben Morns Konsole, so daß er die Monitoren sehen und gleichzeitig auf sie achtgeben konnte. Min Donner stemmte sich, den Blick scharf wie ein Falke, gegen die Gurte, allzeit bereit zum Handeln. Kapitänhauptmann Ubikwes dunkle Stimme durchdrang dennoch den Tumult mit unüberhörbarer Deutlichkeit. »Abbremsung vorbereiten, Sergei, Bremsschub auf meinen Befehl. Auf Ausweichmanöver einstellen!« Er wirkte unnatürlich ruhig, als wäre er gegen Überraschung und Wut gefeit. »Materiekanone aufladen, Glessen!« befahl er dem Waffensysteme-Offizier. »Torpedos scharfmachen! Bereithalten zum Feuern! Bydell, geben Sie Gefechtsalarm! G-Belastung ankündigen, Kollisionswarnung… Ach, alles was nötig ist, zum Donnerwetter!«
    »Aye, Kapitän.«
    Umgehend gellte zusätzlich das trostlose Heulen der Alarmsirenen durch den Lärm.
    »Statusmeldungen über den Schleimbeutel, Porson?« raunzte Dolph Ubikwe.
    »Ich bin noch mitten in den Messungen, Kapitän«, rief Porson. »Wir haben noch keine eindeutigen Scanningergebnisse. Es ist noch zuviel Hyperspatiumstatik um uns herum.« Plötzlich entfuhr ihm ein Krächzen. »Er hat uns in der Zielerfassung.«
    »Los, Sergei, Bremsmanöver«, befahl Kapitän Ubikwe dem Steuermann. »Verwenden Sie alle entbehrliche Energie für den Bremsschuh.«
    Das dumpfe Brausen des Schubs erscholl so unvermittelt, als wäre die Rächer in einen Schmelzofen gestürzt. Ein Zittern durchlief das Raumschiff. Bei noch eingeschalteter Bordrotation wäre es nun in Stücke zerfallen.
    Hohe G-Belastung, Gewalt der Schwerkraft: das Wesen der Realität.
    Die Stiller Horizont hatte die Erde vor der Rächer erreicht. Weil Morn auf einem schonenden Flug bestanden hatte…
    Aus Sorge vor dem Kommenden hatte sie genau den falschen Entschluß gefaßt. Sie und ihre Begleitung wären nun vielleicht in Sicherheit, hätten sie es geschafft, eher als das Amnion-Raumschiff im Erd-Sonnensystem anzulangen.
    Sie hätte alles in der Hand haben müssen: sich selbst ebenso wie den Kreuzer. Statt dessen fühlte sie sich jetzt mit völligem Handlungsunvermögen geschlagen. Die Hyperspatium-Durchquerung der Rächer hatte sie aus dem Normalraum geradewegs ins Reich der Alpträume versetzt. Stiller Horizont war schon da. Natürlich. Welche zweitschlimmste Vorgehensweise hatte der Defensiveinheit offengestanden, nachdem es ihr mißlungen war, die Posaune zu vernichten? Was anderes als das? Eine Aktion von derart abwegiger Extremheit und Gefährlichkeit, daß Morn im Leben nicht damit gerechnet hätte.
    Sie hatte versagt, ehe sich ihr überhaupt eine ernsthafte Erfolgsaussicht bot.
    Und nun drückte Bremsschub sie mit brutaler Wucht in den Andrucksessel. Die G-Werte zerrten ihr wider Willen die Lippen von den Zähnen. Ihre Augen schienen in den Höhlen zerquetscht zu werden. Sie konnte kaum noch atmen: Das Donnern des Schubs durchbebte

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