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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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enthielt mindestens ein Halbdutzend kleiner Kapseln. »Die Lage ist gar nicht so übel, wie sie aussieht. Jede Kapsel garantiert eine Stunde Immunität. Damit bleibe ich noch lange genug Mensch.«
    Lange genug, um ins VMKP-HQ umzukehren, wo die Abteilung DA mehr von dem Antimutagen aufbewahrte, das Nick Succorso von Hashi Lebwohl erhalten hatte.
    Ach Scheiße, stöhnte Angus bei sich. Unvermittelt verflogen Erleichterung und Bedauern: wichen gräßlicher Klarentschlossenheit und Panik.
    Dios hatte vor, mit ihnen von Bord der Stiller Horizont zu gehen.
    Ein anderer mußte zurückbleiben.
    Oder Angus mußte ein verzweifeltes Risiko auf sich nehmen.
    Anscheinend hatte der Mann, der er geworden war, keinerlei Wahl. Mit raschem Zugriff entfernte er den zusätzlichen EA-Anzug vom Rücken und schleuderte ihn in Dios’ Richtung. »Ziehen Sie das Ding an«, knirschte er durch die Zähne, »und zwar schnell. Vector hat recht. Der Dicke kann das Kommandomodul nicht mehr lang in der jetzigen Position halten.«
    Und Vestabule mußte Verstärkung alarmiert haben.
    »Moment mal«, rief Davies. »Soll das heißen, du willst, daß Dr. Shaheed an Bord bleibt?«
    Die Anspannung in seiner Stimme verwies darauf, daß er der Meinung war, er müßte sich freiwillig auch für diesen Opfergang melden.
    »Nein«, schnauzte Angus erbost. »Es heißt, du sollst den Schnabel zuklappen, damit ich mich konzentrieren kann.«
    Ihm war alles bekannt, was man bei der VMKP über dieses Modell von EA-Anzug wußte; sämtliche Toleranzwerte, ja jedes Molekül. Den Informationen der Interncomputer-Datenspeicher zufolge könnte es möglich sein… Seine EM-Prothese war nutzlos geworden. Er mußte sich aufs bloße Auge und die apparative Akkuratesse des Interncomputers verlassen. Ein Millimeter zuviel, und die Helmscheibe war zu schwach, um neuen Belastungen standzuhalten. Ein Millimeter zuwenig, und die Sprünge blieben undicht. In beiden Fällen wäre im Vakuum ein Bersten der Plexulose unabwendbar.
    In beiden Fällen wäre er effektiv blind, wenn er abkratzte.
    Den Raumhelm unter den Arm geklemmt, stellte er den Industrielaser auf schwächste Leistung und breiteste Strahlfächerung, dann machte er sich daran, mit dem kohärenten Karmesinrot die Helmscheibe zu bestreichen, schmolz und verschweißte an den ärgsten Rissen die Plexulose.
    Herrgott, das war reiner Schwachsinn. Es konnte im Leben nicht gutgehen. Den Datenspeichern zufolge konnte man diese Plexulosesorte mit dem Laser bearbeiten. Bildende Künstler benutzten sie, weil sie sich zertrennen und formen ließ, ohne das molekulare Raster zu beeinträchtigen. Aber noch nie hatte irgend jemand versucht, eine Raumhelmscheibe mit der Hand wieder dichtzuschweißen.
    Und ob er es schaffte oder nicht, die Polarisierung war dahin. Wenn Mikka dazu gezwungen worden war, das Dispersionsfeld der Posaune zu aktivieren, blieb Angus der elektromagnetischen Kanonade des Bosonensturms schutzlos ausgeliefert.
    Gerne hätte er sich eingeredet, während seines gesamten Werdegangs noch keinen derartigen Blödsinn angestellt zu haben. Durch diesen Gedanken wäre er seltsam beruhigt gewesen. Aber ihm war klar, daß diese Verzweiflungstat lediglich den Kulminationspunkt einer ganzen Kette fürchterlicher Entschlüsse und grausamer Irrtümer bildete. Er befände sich gar nicht hier, hätte er nicht das und dies und jenes getan; sich nicht in all den Jahren seines Lebens von Gewalttat zu Gewalttat geflüchtet.
    Was nun auch geschah, er mußte ihm ohne den Trost eines bequemen Selbstbetrugs entgegengehen.
    Binnen einer Minute war er fertig. Er konnte auf Leben oder Tod nichts anderes unternehmen. Den Laser steckte er, um ihn griffbereit zu haben, in eine Gürteltasche.
    Inzwischen hatte Dios den EA-Anzug übergestreift, den Raumhelm aufgesetzt und dichtgemacht; die Hüften im Waldo-Geschirr der Lenkdüsen zurechtgerückt. Er, Davies und Shaheed waren bereit zum Aufbruch.
    Wildentschlossen stülpte auch Angus sich den Helm über, rastete ihn in den Halsring des EA-Anzugs ein und koppelte ihn an die Anzugsysteme, füllte das dünne Material mit Luft, führte Elektrizität zu.
    Im Innern des Raumhelms flackerten Statusanzeigen auf; die Mehrzahl verfiel sofort ins Warnblinken. Doch das Lämpchen, das bei undichtem Helm rot geleuchtet hätte, blieb grün.
    Vorerst.
    »Angus«, knisterte Davies’ Stimme aus den Helmlautsprechern, »kannst du überhaupt was sehen?«
    »Nein«, gestand Angus. Die Helmscheibe war fast völlig milchig

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