Amnion 5: Heute sterben alle Götter
Brennstoff reichen würde, wären wir noch zu fliegen imstande.«
»Strahlen wir noch Vectors Funksendung ab?«
»Sicher. Jetzt funken wir sie, während niemand es hört, in alle Richtungen.« Mikka schwieg kurz. »Teufel noch mal«, meinte sie dann verdrießlich, »das ist ’ne beträchtliche Beanspruchung der Akkumulatoren.«
Der Energieakkumulatoren, die allein noch den Fortbestand der Posaune garantierten.
»Da wir gerade davon sprechen«, bemerkte Vector seelenruhig, »ich habe sie eben auch höllisch beansprucht.«
Morn wandte den Kopf, sah ihn an der Konnexblende. Sein Blick fiel auf Mikka, und sofort verkniff er die Lider. Mit einem Ruck setzte er sich in Bewegung. Er brachte ein großes Tablett mit Antigrav-Flaschen sowie angeflanschten Speisepackungen. Während er den Niedergang herunterschwebte, kräuselte sich Essensdampf über seiner Schulter.
»Kaffee«, zählte er in seinem onkelhaftesten Tonfall auf, was er zubereitet hatte. »Heiße Suppe, Bohnensuppe, geht man nach dem Geruch. Und gedünstete Lendensteaks, falls man der Beschriftung glauben darf. Eine wahnsinnige Energieverschwendung. Bloß die Kraftnahrungskapseln hab ich nicht gekocht.«
Er hielt auf den G-Andrucksessel des Ersten Offiziers zu und fing sich an der Kante der Computerkonsole ab, zwang auf diese Weise Mikka, von seinem Erscheinen Kenntnis zu nehmen.
»Ich dachte, du hättest mir angekündigt«, sagte er streng, »du wolltest dich schlafen legen.«
Mikka warf ihm einen bösen Blick zu; eine reine Reflexhandlung, der es an jeglichem Nachdruck mangelte. Sie entgegnete nichts.
»Na egal.« Vector zuckte die Achseln. »Wer bin ich, um irgend jemand Vorhaltungen zu machen? Wäre einer von uns intelligenter als ein Mehlwurm, hätten wir uns wahrscheinlich erst gar nicht in diesen ganzen Zores hineingeritten.«
Mit überbetonter Gutgelauntheit teilte er Essenspackungen und Antigrav-Flaschen aus. Sobald der duftende Dampf Morn in die Nase stieg, schwindelte es ihr vor Heißhunger. Plötzlich schienen die Schmerzen wie weggeblasen zu sein; für eine Sekunde schrumpfte ihre Welt auf Kaffee, Suppe und Fleisch zusammen. Mit einer Hand steckte sie, während sie vor freudiger Erwartung zitterte, den Kaffee in eine Halterung an der Armlehne des Andrucksessels, zog sich zwei Essenspackungen auf den Schoß und hob mit unsicheren Bewegungen die Suppe an den Mund.
Bohnensuppe, ach was. Der Inhalt des Päckchens hatte nicht den Geschmack von Bohnensuppe und roch auch nicht danach. Vielmehr schmeckte er wie im Schlaraffenland. Sie merkte beim Schlürfen kaum, daß die Hitze ihr die Zunge verbrühte.
Ein derartiger Nervenkitzel war ihr nicht mehr widerfahren, seit sie das letzte Mal ihr Z-Implantat aktiviert hatte.
Mehrere Mundvoll hatte sie geschluckt, ehe sie die Umgebung wieder so bewußt wahrnahm, daß ihr auffiel, sie wurde von Vector wachsam beobachtet. Er vergewisserte sich dessen, daß mit ihr alles in Ordnung war…
»Vector Shaheed«, sagte sie leise, »du bist ein Heiliger. Du hast das Ewige Leben verdient.«
Er schmunzelte ihr flüchtig zu, bevor er zur Auxiliarkommandokonsole-Technikkontrollpult-Kombination schwebte und sich zum Essen mit dem Nullschwerkraftgurt an den Sitz hakte.
Morn grub die Zähne in einen Lendensteak-Preßfleischstreifen, kaute einen Bissen. Aß noch mehr Suppe, schluckte die Kraftnahrungskapseln. Trank Kaffee. Und erlangte allmählich das Empfinden, daß es durchaus verwirklichbar sein mochte, sich etwas Vernünftigeres einfallen zu lassen. Endlich etwas zu essen, war jedenfalls schon ziemlich vernünftig. Sofort machte das heftige Pochen in ihrem Arm sich von neuem bemerkbar, als ob auch der Schmerz kräftiger würde in dem Maße, wie sie ihrem Körper Nahrung zuführte. Dennoch empfand sie ihn jetzt als geringere Anfechtung. Gestärkt konnte sie ihn leichter ertragen.
Zu guter Letzt heftete sie den Blick erneut auf Mikka.
Gebeugten Kopfs kauerte Mikka über ihrem Kaffee, das Gesicht im Dampf. Fürs erste, hätte man meinen können, gab sie sich damit zufrieden, das Aroma einzuatmen. Dann jedoch trank sie ein paar Schlückchen. Langsam richtete sich ihr Kopf auf, und schließlich griff sie nach der Suppenpackung.
Im Laufe des Essens wich die Blässe allmählich aus ihren Wangen. Sie straffte den Rücken und lehnte sich in aufrechterer Haltung in den G-Andrucksessel.
Insgeheim seufzte Morn vor Erleichterung. Sie wollte auf Mikka nicht verzichten.
Irgendwann war Morn mit dem Verzehren der Mahlzeit
Weitere Kostenlose Bücher