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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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heißt aber genauso, daß ich bei eurer Gerichtsverhandlung die Wahrheit aussagen muß. Möglichst die volle Wahrheit. Wenn ich selbst dabei schlecht abschneide, dann bestimmt nicht ohne Grund. Ich habe auch gegen das Gesetz verstoßen. Falls ihr euch dadurch wohler fühlt, verhafte ich euch sofort.«
    Sie meinte es vollkommen ernst. »Allerdings würde sich deswegen nun nichts für euch ändern. Wenn ich als Polizeibeamtin eine Verhaftung durchführe, stehen mir so manche Rechte zu. Laut gesetzlicher Maßgabe können meine Arrestanten nicht ohne ›Begründung‹ aus meinem Gewahrsam entfernt werden. Und ohne meine Aussage läßt sich gegen euch nichts unternehmen. Insofern hättet ihr einen gewissen Schutz.«
    Außer man ermordete Morn, um sie zum Schweigen zu bringen.
    Zu ihrer Überraschung brach Vector in Gelächter aus. Er klatschte die Hände zusammen und verdrehte die Augen. »›Tod, wo ist dein Stachel?‹« Seine Stimme bebte vor Heiterkeit. »Erst werde ich zum Heiligen ausgerufen. Dann werde ich in einem Raumschiff verhaftet, das mit defekten Antrieben irgendwo mitten im Nichts treibt. Mehr kann das Leben mir unmöglich bieten. Wenn ich jetzt abtrete, sterbe ich glücklich. Morn Hyland…« Sein Lachen verklang. »Du bist eine erstaunliche Frau. Durch und durch erstaunlich.«
    Mikka beachtete ihn nicht. Verkrampft wartete sie in ihrem G-Andrucksessel, bis er verstummte; man hätte glauben können, daß sie den Atem anhielt. Danach erst beugte sie sich vor und ergriff das Wort.
    »Erinnerst du dich daran«, fragte sie Morn mit leiser, aber eindringlicher Stimme, »an unser Gespräch an Bord der Käptens Liebchen! Nachdem Orn von Nick umgebracht worden war? Es war praktisch unsere erste Unterhaltung. Du hast mich gefragt, wie oft ich schon vergewaltigt worden wäre. Dann hast du gesagt: ›Nach einer Weile leiden Sie so darunter, daß Sie gar nicht mehr gerettet werden möchten. Sie wollen den Dreckskerl bloß noch eigenhändig › auseinandernehmen ‹.‹ Ich habe dir geglaubt. So wie du’s gesagt hast, wußte ich sofort, ’s war dir zu glauben. Ich habe erkannt, daß ich eine Frau vor mir habe, die einen Mann ›auseinandernehmen‹ kann. Da wurde mir zum erstenmal klar, daß Nick sich Verdruß eingebrockt hatte. Dich an Bord zu holen, war ein schwerer Fehler gewesen. Mich hat’s nicht mal sonderlich verdutzt, als du den ganzen Scheißkahn in deine Gewalt gebracht hast, um Davies zu retten.«
    Unwillkürlich schloß Morn die Lider. Sie spürte eine neue Schmerzwelle anschwellen; erneut überschwemmten körperliche Beschwerden ihre Wahrnehmung, ihre Empfindungen. Sie mochte sich an diesen Wortwechsel mit Mikka nicht erinnern. Sie wollte sich nicht an Orn Vorbulds Übergriff auf sie erinnern, und ebensowenig an seinen Tod. Zorn hatte längst zuviel Macht über sie.
    Doch Mikka hatte noch nicht alles gesagt. Nun klang ihr Tonfall härter.
    »Aber mit Angus hast du nichts dergleichen getan, nicht wahr?« meinte sie in einem Ton, als stellte sie Morn zur Rede. »Ihn hättest du ›auseinandernehmen‹ können. Statt dessen hast du ihn von seinen Prioritätscodes befreit. Jetzt behauptest du, deine Aussage würde zu unseren Gunsten ausfallen. Wahrscheinlich wegen ›außerordentlicher Umstände‹ oder solchem Scheiß.« Sie schwieg kurz. »Und trotzdem«, fügte sie dann gemäßigter hinzu, »glaube ich dir auch dieses Mal. Wieso eigentlich? Als die Gelegenheit da war, hättest du Angus zu Hackfleisch machen sollen. Wie ist es möglich, daß du jetzt versprichst, du würdest für uns einstehen, und trotzdem erreichst, daß ich dir glaube?«
    Vielleicht richtete sie in Wirklichkeit an Morn die verschleierte Bitte, ihr einen Grund zu nennen, weshalb sie nicht auf der ganzen Linie kapitulieren sollte. Morn wußte keine Antwort.
    Die Amnion hatten ihr Mutagene injiziert. Damit hatten sie sie gelehrt, daß sie es sich nicht mehr leisten konnte, weiterhin gegen irgend jemanden Groll zu hegen. Nicht gegen Nick und nicht gegen Angus; genausowenig gegen sich selbst. Wenn das Menschsein für sie zählte, durfte sie sich mit so etwas nicht mehr abgeben. Rache war zu kostspielig.
    Während das grausame Glühen der Schmerzen abermals nachließ, öffnete Morn die Augen, um auf Mikkas Vorhaltung einzugehen. Sie atmete tief ein und ebenso bedächtig aus, als könnte sie damit gleichzeitig Wut und Aufwühlung aus ihrem Innern entweichen lassen. Dann zuckte sie die Achseln, als wäre lediglich ein geringfügiges Problem

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