Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Nervenstränge, entlockten jeder Bruchstelle, jedem Riß ihrer Knochen das Äquivalent eines Aufheulens. Sie konnte unmöglich länger warten. Mit der Linken öffnete sie die Sesselgurte, schwebte aus dem Kommandosessel.
    Schmerz und Konsequenzen. Eine vernünftigere Lösung.
    Sie klammerte sich an die Rücklehne des G-Andrucksessels, während sie zum Schlußpunkt kam.
    »Ich glaube, im Grunde genommen will ich sagen, ich habe vor, zur Erde zurückzufliegen. Und wenn ich dort bin, muß ich die Freiheit haben, meine eigenen Entschlüsse zu fassen. Ich muß mit dem Regierungskonzil reden können, ohne daß mir korrupte Polizisten querschießen, die von Warden Dios oder Holt Fasner den Auftrag haben, mich abzuservieren. Wenn das voraussetzt, die Antriebsaggregate mit Klebeband zu flicken und uns im Verlauf des gesamten Rückflugs Astro-Polizisten vom Hals zu halten, dann ich bin ich dazu bereit.«
    Das war genug. Deutlich genug; schmerzlich genug. Nun mußte sie ins Krankenrevier. Bliebe sie, überschritte sie die Grenze zur Selbstzüchtigung; zu Scham und Groll.
    Wenn ich in Schwierigkeiten stecke, fällt mir nie etwas anderes ein, als mir weh zu tun.
    Sie stieß sich in die Richtung der Konnex-Blende ab.
    Vector salutierte, während sie die Brücke durchquerte. »Habe ich schon mal erwähnt«, rief er ihr nach, »daß mir deine Art zu denken gefällt?«
    Morn erreichte das Geländer des Aufgangs, bremste ihre Fortbewegung nicht. Sie war der Ansicht, daß Vector sie keineswegs aufhalten mochte.
    Mikka allerdings scheute es nicht. »Und was«, fragte sie mit lauter Stimme, um Morn zum Antworten zu nötigen, »wenn Angus nicht mitzieht?«
    Morn schlang die Faust ums Geländer, schwang sich herum zum Innenraum der Brücke. »Dann überrede ich ihn dazu, es sich anders zu überlegen.«
    Offenbar war sie dazu verurteilt, sich ständig, auf diese oder jene Weise, mit Angus Thermopyle zu einigen.
    Unter Einsatz nur einer Hand, voller Schmerzen, unbeholfen wie eine Versehrte, schwebte sie zum Krankenrevier der Posaune.

 
ANGUS
     
     
    Im selben Augenblick, als Morn seinen Namen nannte, erwachte Angus Thermopyle.
    Unvermittelt schufen die Zonenimplantate ihm neue Bedingungen. Sie schalteten die regelmäßigen Alphawellen des Schlafs schlichtweg ab; unerinnerbare Träume verpufften, als wären sie nie aufgetreten; die lange Flucht aus dem lärmerischen Chaos des Asteroidenschwarms und vor den Kräften des Schwarzen Lochs endete so schlagartig wie durch einen Filmriß. Dem Interncomputer einprogrammierte Emissionen fegten die Ruhe fort, schreckten den Frieden aus seinen Synapsen und Ganglien. Morn sprach seinen Namen, und sofort wandelte sich sein gesamter neuraler Daseinszustand um. Er zuckte nicht, keine Verkrampfung packte ihn: Sein Körper blieb still liegen. Dennoch schoß er aus unergründlicher, heilsamer Dunkelheit im Handumdrehen empor ans Licht, ins volle Bewußtsein.
    »Angus«, wiederholte Morn. »Es ist Zeit zum Aufwachen. Wir brauchen dich.«
    Er hörte ihrer Stimme Streß an, den seelischen Druck selbstauferlegten Zwangs. Er kannte sie zu gut. Sie verabscheute ihn; sie hatte ihn immer verabscheut. Wäre es nach ihren Wünschen gegangen, hätte sie sich ihm nicht einmal auf dreißig Lichtjahre Abstand genähert. Sie war hier, weil sie ihn brauchte. Die Posaune brauchte ihn; und die Menschen, die Morn etwas bedeuteten. Aber sie war da. Sie hatte im Asteroidenschwarm Hoch-G-Belastung und Hyperspatium-Syndrom überstanden; irgendwie hatte sie durchgehalten.
    Was hatte Davies vorhin von sich gegeben? Als er es riskiert hatte, Angus’ Data-Nukleus herauszunehmen? Bald kommt Morn zu sich… Ich kann ihr doch nicht so was erzählen. Nach allem, was sie durchgemacht hat… Bitter hatte Davies sich aufgebäumt. Ich kann Morn unmöglich ins Gesicht sagen, daß der einzige Mensch, der möglicherweise ’ne Aussicht hat, uns helfen zu können, in so einer Scheißstasis liegt…!
    Also mußte Morn irgend etwas zugestoßen sein. Ein ernster Zwischenfall. So brutal wie all das, was Nick Succorso und Angus selbst ihr angetan hatten.
    Und trotzdem war sie jetzt da.
    Mit einem Aufbranden von Verärgerung, so blitzartig wie die Effekte seiner Z-Implantate, merkte er, daß er sich freute.
    Er hatte die Augen offen. Es war möglich, daß sie die ganze Zeit lang offengestanden hatten. So wie er da bäuchlings auf dem Behandlungstisch lag, die rechte Wange auf der Polsterung, hatte er freie Sicht auf die Computerkonsole mit allen

Weitere Kostenlose Bücher