Amnion 5: Heute sterben alle Götter
ich will vor dem Regierungskonzil aufdecken, daß du von der VMKP hereingelegt worden bist.«
Fast verlor Angus den Halt an der Tischkante. »Ach du Schande, Morn«, entfuhr es ihm, »das kannst du doch unmöglich der Regierung erzählen!« Dann müßte sie nämlich enthüllen, daß er ihr ein Zonenimplantat eingepflanzt und sie von ihm das Kontrollgerät angenommen hatte. »Das wäre unser beider Untergang. Man würde uns das Gehirn wegpusten. Die Polypen liquidieren uns zehnmal, ehe sie zulassen, daß du so etwas laut aussprichst.«
War es das, was sie erschreckte? Die Aussicht, vor dem Erd- und Kosmos-Regierungskonzil für ihre eigenen Vergehen Rede und Antwort stehen zu sollen? Sich selbst aufopfern zu müssen, um der Menschheit, dieser völlig bekloppten Spezies, Schutz sowohl vor der eigenen Weltraumpolizei wie auch den Amnion zu ermöglichen?
Morn nickte grimmig. Falls sie Furcht hatte, wurde es durch die Düsternis ihres Blicks wirksam verhehlt. »Genau deshalb ist es für uns ratsam, sich von ihnen fernzuhalten.«
Angus vermochte seine heftige Bestürzung nicht mehr zu meistern. Er mußte ein Ventil haben. Er befahl seinen Z-Implantaten, ihre Emissionen herabzusetzen, seine künstliche Beherrschung zu vermindern, damit er wenigstens herumschreien konnte.
»Gottverflucht noch mal! Weißt du denn nicht, was sie dadurch, daß ich von ihnen geleimt worden bin, gewonnen haben? Nein, du hast keinen blassen Schimmer. Du bist ja an Bord dieser beschissenen Blechbüchse Käptens Liebchen umhergegurkt, während’s sich abgespielt hat. Die Bullen haben Scheißkapitän Schluckorso und die Pappnase Milos Taverner dafür bezahlt, daß sie mich übern Tisch ziehen. Sie wollten den KombiMontan-Sicherheitsdienst blamieren. Damit das Regierungskonzil ein sogenanntes Autorisierungsgesetz verabschiedet.« Angus selbst war eines der ersten Opfer dieser Neuerung geworden. Unter Berufung auf das Autorisierungsgesetz hatte Hashi Lebwohl ihn von der KombiMontan-Station ins VMKP-HQ überstellen lassen. »Es verleiht der VMKP die Oberhoheit über jeden miesen lokalen Sicherheitsdienst überall im Human-Kosmos. Als ob sie noch mehr Macht nötig hätte… Als wären Data-Nuklei, Id-Plaketten, Notstandsbefugnisse, Raumschiffe wie die Stellar Regent und alles Geld der Scheißgalaxis nicht genug. Die Astro-Polypen werden auf gar keinen Fall dulden« – er beendete seine Argumentation mit wildem Nachdruck –, »daß du ihnen eine solche Machtfülle untergräbst.«
Morn senkte den Kopf. Vielleicht um ihren Kummer zu verbergen; oder um sich Zeit zu nehmen und diese neue Information erst einmal zu verkraften. Angus ersah den Grund nicht, bis sie den Blick wieder auf sein Gesicht heftete.
Ihre Augen glosten wie ein Spiegelbild seiner heimlichen, schwarzen Wut.
»Es mag zwar abartig klingen«, antwortete sie verbissen, »aber irgendwie überrascht mich selbst das nicht mehr. Allerdings ändert es nichts. Damit muß Schluß sein. So oder so. Wir haben keinen Einfluß, um diesen Methoden Einhalt zu gebieten. Aber vielleicht kann es das Regierungskonzil.«
Damit muß Schluß sein. Trotz seiner Betroffenheit hörte Angus aus Morns Mund das Echo Warden Dios’ mitsamt all seinen undurchschaubaren Vorrangigkeiten und Geheimnissen. Hatte der elende, einäugige, gräßliche Oberpolyp das etwa auch vorhergesehen?
Ein Argument blieb Angus noch übrig, ein letzter Einwand, der sie dazu bewegen mochte, von ihrer Idee abzulassen. Schreien verstimmte sie, also rekonstituierte er seine künstliche Ruhe. Er wollte diskutieren wie jemand, dem sie nichts entgegenhalten konnte.
Er wollte sich anhören wie Nick Succorso…
»Ich habe dir gesagt, daß du verrückt bist«, rief er ihr spöttisch in Erinnerung. »Vielleicht sperrst du einfach nie deine Lauscher auf. Hast du nicht aufgepaßt, als ich erklärt habe, daß ich nicht zur Erde umkehren kann? Ich dachte, es wäre dir klar. Sobald Milos Taverner mir in den Rücken gefallen ist, bin ich zu gefährlich geworden. Was ich mit mir herumtrage, die Geschichte dieses Irrflugs, ist zu gefährlich. Darum steht meine Programmierung dagegen. Ich kann nicht zurück zur Erde, wenn es mir nicht jemand unter Anwendung meiner Prioritätscodes befiehlt. Aber die Codes sind neutralisiert. Du kannst mich anbrüllen, bis mir die Trommelfelle platzen. Nur nimmt mein Interncomputer, selbst wenn ich dir gehorchen möchte, es nicht zur Kenntnis. Er gestattet’s mir nicht.«
Das war die reine Wahrheit. Ohne die
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