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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zu wechseln. Selbst wenn eine Ruhepause nötig war, könnte sie längst wieder fort sein. Trotzdem hat sie noch dieselbe Flugrichtung wie vor der Hyperspatium-Durchquerung im Massif-5-System. Wir sind schneller als sie. Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit holen wir sie in wenigen Stunden ein.«
    Dolph Ubikwe machte große Augen, während er über die Implikationen nachdachte. »Wartet sie auf uns?« fragte er Min. »Will sie von uns eingeholt werden? Nach allem, was passiert ist?«
    Min ging nicht unmittelbar auf seine Fragen ein. Statt dessen wandte sie sich an den Scanningoffizier.
    »In welchem Zustand ist sie? Fliegt sie mit Schub?« Min unterdrückte Regungen der Anspannung und der Bitterkeit. »Hat sie uns in der Zielerfassung?«
    »Wir messen ihre Scanningimpulse, Direktorin«, erwiderte Porson ohne zu zögern. »Man weiß drüben, daß wir da sind. Aber wir sind nicht ins Visier genommen worden… Tja, auf den zweiten Blick muß ich gestehen…« Er räusperte sich und sah Kapitän Ubikwe an. »Ich bin mir nicht mehr sicher, ob’s die Posaune ist.«
    Rasch erklärte er seine Zweifel. »Das Raumschiff befindet sich an passender Position. Es hat auch die richtige Größe. Aber die Emissionssignatur fehlt. Es ist auch keine Partikelspur vorhanden. Soweit’s mir ersichtlich ist, sind die Antriebsaggregate kalt.«
    Kein Schub? Keine Kursänderung? 1,4 Lichtjahre weit war der Interspatium-Scout in den leeren, interstellaren Weltraum hinausgesprungen – und jetzt trieb er durchs All?
    »Doch, es ist die Posaune, Kapitän«, meldete Cray von den Kommunikationsanlagen, bevor Min eine weitere Frage stellen konnte. »Sie sendet noch dieselbe Funkausstrahlung Vector Shaheeds. Wir haben sie kurz nach dem Rückfall in die Tard wieder aufgefangen. Sie ist aber nicht eigens an uns gerichtet. Es ist ’ne allgemeine Abstrahlung. Bisher versucht die Posaune uns nicht zu kontaktieren.«
    »Allgemeine Abstrahlung?« knurrte Dolph Ubikwe halblaut. »Mann, wozu soll denn hier draußen so was gut sein? Da ist doch niemand, der…« Er brach mitten im Satz ab. »Porson, sind wir allein? Oder sind irgendwelche anderen Raumschiffe in der Nähe? Irgendein Hinweis auf die Freistaat Eden?«
    Porsons Blick huschte über die Anzeigen. »Nichts, Kapitän. Weit und breit nur unsere beiden Schiffe.« Er zuckte die Achseln. »Auf einer Seite bin ich natürlich blind.« Durch den Brand und Gefechtseinwirkung hatte die Rächer eine komplette Sensorgruppe verloren. »Allerdings hält die Steuerung uns ja in Eigenrotation, dadurch bekommen wir trotzdem, wenn auch in Teilabschnitten, ein Gesamtbild des Umraums. Hätten wir in der Umgebung Gesellschaft, wüßten wir’s inzwischen.« Die schwache Zentrifugalschwerkraft des Kreuzers schien an Mins Magen zu zupfen, verursachte ihr Brechreiz. Als er der Posaune, dermaßen präzise gefolgt war, obwohl die Rächer rotierte, hatte Sergei Patrice ein wahres Wunder vollbracht.
    Kapitänhauptmann Ubikwe seufzte. Zum erstenmal seit langen Stunden erlaubte er sich Anzeichen der Schwäche zu zeigen. Er wirkte, als schrumpfte er ein wenig, erweichten in seiner massigen Gestalt die Knochen, und ihm sanken die Lider.
    »Na gut«, brummte er. »Nehmen Sie sie aufs Korn, Glessen, nur für die Eventualität, daß man’s mit einer Überraschung versucht. Materiekanone laden.«
    »Aye, Kapitän«, antwortete Glessen. »Zu Befehl.«
    »Gut.« Dolph Ubikwe redete, als dächte er laut nach. »Wir zwei sind also allein. So weit, so gut. Und die Posaune macht keine Anstalten zum Verduften. Mal was anderes. Es sieht sogar danach aus, als hätte sie die Antriebsanlagen stillgelegt. Fast als wollte sie von uns eingeholt werden. Andererseits tut sie nichts, um uns zu kontaktieren.«
    Nun mußte Min einfach handeln. »Wir kontaktieren sie von uns aus«, sagte sie ungeduldig. »Ich will mit den Leuten sprechen.«
    Dolph Ubikwe sah sie mißgelaunt an. »Einen Moment«, entgegnete er. »Vorher muß ich mich um einiges andere kümmern.«
    Brüsk aktivierte er seinen Interkom-Apparat und gab per Bordsprechfunktion im ganzen Raumschiff bekannt, daß eine Wiederaufnahme der Bordrotation bevorstand.
    Sein Verhalten grenzte an Unverfrorenheit – und war ohne Zweifel nur ein Vorgeschmack dessen, was noch folgen sollte –, aber notgedrungen duldete Min es trotz ihres Tatendrangs und aller Galligkeit. Mittlerweile mußte die Besatzung der Rächer geradezu nach normaler Schwerkraft lechzen; danach und einer Gelegenheit, um sich die

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