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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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durch seine allgemein bekannte Nibelungentreue zur Operativen Abteilung ähnlich ungeeignet für diese Aufgabe.“
    Mandich furchte über diese Aussage die Stirn, aber widersprach ihr nicht.
    »Die Wahrheit« – Lebwohl äußerte das Wort, als riefe es ihm Unbehagen hervor – »wird überzeugender sein, wenn man sie von Ihnen erfährt.« Es mochte sein, daß er recht hatte. Oder nicht. Lane Harbinger hatte keine Ahnung. Dennoch leuchtete der Sinn seines Appells ihr ein. Der bloße Gedanke, die Konzilsparlamentarier könnten es ablehnen, die Wahrheit zu glauben, nur weil sie sie von Lebwohl hörten, war mehr, als sie zu verkraften vermochte. Die einzige Eigenschaft, die sie an sich selbst schätzte, auf die sie Stolz verspürte, war ihre Befähigung, sich durch Trümmer und Schutt der Fakten zu wühlen, bis sie den festen Boden der Tatsachen wiederfand. Und sie respektierte Hashi Lebwohl, nicht weil er, wie sie zugeben mußte, ein brillanter Denker war, sondern weil er diesen Teil ihrer selbst niemals gehemmt oder mißbraucht hatte.
    Wenn sie sich der Herausforderung zu stellen hatte, auf die Zukunft der Menschheit persönlich Einfluß zu nehmen, um den Ergebnissen ihrer Arbeit zur Anerkennung zu verhelfen, dann mußte es eben sein… »In dem Fall«, antwortete sie Lebwohl mit schwacher Stimme, »ist es wohl besser, Sie ordern für mich aus der Bordklinik ‘ne kräftige Injektion.« Sie konnte den Tränenstrom nicht stillen. »Sonst kann ich mich nämlich wirklich nicht mehr auf den Beinen halten.“
    Anstatt an die Computerkonsole zurückzukehren, ließ sie sich langsam auf den Fußboden sinken und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
     
    KOINA
     
    Nur aus Berufsstolz weigerte sich Koina Hannish, sich vor Scham und Elend zu krümmen, während Konzilsvorsitzender Len das Regierungskonzil zur Abstimmung über Cleatus Fanes Vorschlag aufrief.
    Sie hatte in der schlimmstmöglichen Weise versagt: Ihre Anstrengungen, die die Macht des Drachen über das EKRK – und die VMKP – schwächen sollten, hatten sie statt dessen verstärkt. Cleatus Fane hatte sie übertrumpft. Letzten Endes mußte alles scheitern, was Warden Dios sich erträumt oder erstrebt hatte, weil Holt Fasners Untergebene ihm tüchtiger dienten, als sie Dios’ Weisungen auszuführen verstand.
    Was hätte ich tun sollen? fragte sie sich immer wieder. Für sie war diese Frage wichtig. Ihr fehlten sämtliche Beweise. Dennoch hatte sie das Empfinden, Konzilsangehörigen wie Sixten Vertigus, Blaine Manse und Tel Burnish nie mehr in die Augen sehen zu können.
    Hartnäckig hielt sich bei ihr die Vorstellung, es müßte irgend etwas geben, durch das ein anderer Sitzungsverlauf möglich gewesen wäre.
    Aber nach wie vor fiel ihr nichts ein. Keine Geste der Verzweiflung und kein dramatisches Beschwören riß nun noch das Ruder herum. Die Wahrheit lautete schlicht und einfach, daß sie es nicht geschafft hatte.
    Cleatus Fane hatte Oberwasser. Und mit verheerenden Nachwirkungen für die gesamte Menschheit.
    Der arme Abrim Len hatte ihr Erfolg gewünscht; anhand seiner außergewöhnlichen Hilfsbereitschaft war es offensichtlich gewesen. Morn Hylands Schicksal hatte ihm den Rückgriff auf unvermutete Quellen innerer Kraft gestattet. Selbst jetzt tat er noch, was er konnte, um das unausweichliche Debakel hinauszuzögern.
    Nachdem der Vorschlag des GOD zur Diskussion gestellt und befürwortet worden war, hatte Len darauf bestanden, daß der ihm fürs Protokoll einen genauen Wortlaut des Antrags formulierte. Darüber war ein Weilchen verstrichen. Danach hatte er ein langsames, umständliches, namentliches Abstimmungsverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf er jedes Konzilsmitglied mit Namen aufrief, die jeweilige Entscheidung wiederholte und ins offizielle Konzilsprotokoll aufnehmen ließ.
    Trotz der Dringlichkeit der Situation – und obwohl Fane aus Ungeduld der Raserei nahe war – führte Len die Parlamentarierversammlung in ermüdendem Schneckentempo durch die Prozedur, die Warden Dios’ Untergang besiegeln mußte.
    Koina bewunderte ihn für seine Halsstarrigkeit, aber wußte, die Mühe war vergeblich. Inzwischen waren acht Stimmen abgegeben worden: sechs dafür, eine dagegen, eine Enthaltung. Sobald elf Stimmen zugunsten von Cleatus Fanes Vorschlag vorhanden waren – die einfache Mehrheit –, erhielt die Vorlage Gesetzeskraft, selbst wenn Abrim Len sämtliche übrigen Deputierten noch zum Widerstand anstiften könnte.
    Die eine Nein-Stimme überraschte

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