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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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Minuten? Weniger? Angus’ Interncomputer hätte ihm die Frist exakt nennen können, doch er mochte gar nicht so genau Bescheid wissen.
    Sein Muffensausen war ohnedies stark genug.
    Schweiß brannte in seinen Augen. Die Nässe wegzuwischen, war ihm unmöglich. Um seine Sicht zu klären, mußte er die Lider so fest zusammenpressen, daß das ganze Gesicht schmerzte.
    Ihm wäre weniger mies zumute gewesen, hätte Ciro sich mit ihm unterhalten. Davon ginge keine Gefährdung aus. Auf dieser Frequenz und bei so geringer Leistung könnte die Stiller Horizont sie nicht empfangen.
    Angus blieb es einerlei, wie verdreht der Bursche vielleicht daherschwafelte, wie weit er noch immer Sorus Chatelaine hörig war: Er hätte mit ihm über alles geplaudert, solange der Junge nicht hinsichtlich seiner Aufgabe durcheinandergeriet, nicht vergaß, wann und wie er handeln mußte. Aber das jämmerliche Bürschlein sprach die meiste Zeit kein Sterbenswörtchen. Rang man ihm keine speziellen Antworten ab – die er auf knappe, wenig hilfreiche Äußerungen wie Die Luke ist offen oder Ich laß Sie nicht im Stich beschränkte –, ließ er Angus mit seinem Schweiß und der Furcht allein.
    Nur einmal hatte Ciro seine Zurückhaltung aufgegeben. Mir war’s lieber, alle hielten die Klappe, hatte er Mikka angefahren, die im Interspatium-Scout saß. Ich muß schon an genug denken. Ansonsten hatte er seine Übergeschnapptheit in Schweigen gehüllt.
    Wie, zum Henker, sollte Angus also hier draußen die Ruhe bewahren? Er hatte vor Minuten oder Stunden den Weg geplant; jede erdenkliche Eventualität in Betracht gezogen. In den verbleibenden acht oder sieben Minuten hatte er nichts mehr zu tun. Aus eigenem Entschluß hatte er auf die ihm ebenso unentbehrliche wie trügerische Sicherheit im Innern der Posaune viel früher als erforderlich verzichtet. Angus war in die Hölle des Vakuums hinausgewechselt, als glaubte er, ihm stünde ein angenehmes Erlebnis bevor.
    Was für ein bescheuerter Scheiß.
    So lange er sich zurückerinnern konnte, war er, wenn er Manschetten hatte, immer in Bestform gewesen: schneller, stärker und schlauer als unter anderen Bedingungen. Aber jetzt galt diese Erfahrung nicht mehr.
    Er war sich selbst fremd geworden, und alles, was er tat, empfand er als unbegreiflich.
    Der Scheißkahn ist so riesig…. hatte er zu Ciro gesagt.
    Ich brauche etwas Zeit, um ihn mir anzuschauen. Aber er hatte gelogen. In Wahrheit hatte er gehofft, daß der Anblick all dieser gewaltigen, gräßlichen Leere es ihm ermöglichte, wieder der Alte zu werden; sich in den Angus Thermopyle zurückzuverwandeln, an den er sich erinnerte.
    Was machte er hier? In Gottes Namen, was hatte ihm bloß eingegeben, dieses Vorhaben sei eine gute Idee?
    Der Mann, der er gewesen war, wäre mit dem größten Vergnügen auf der Rächer geblieben; hätte es dem Scheißtyp Warden Dios, dem VMKP-HQ, Suka Bator und dem gesamten verfluchten Planeten freudig gegönnt, daß sie an den eigenen, hausgemachten Perversitäten kaputtgingen. Oder er hätte die Posaune vom Kommandomodul losgerissen, den PulsatorAntrieb auf Vollschub hochgejagt, das Wagnis auf sich genommen, volle Pulle in die Grenzenlosigkeit des Alls davonzustochen. Er hatte nichts derartiges getan. Er doch nicht: nicht dieser veränderte, gefühlsduselige, hirnblöde Angus Thermopyle. Vielmehr hatte er von sich aus vorgeschlagen, den ganzen Sauhaufen aus der Patsche zu hauen. Oder bei dem Versuch zu verrecken.
    Was war nur in ihn gefahren?
    Lag es an dem Data-Nukleus mit seinen mittlerweile verstümmelten Instruktionen? Wahrscheinlich nicht: Er hatte seitens der Zonenimplantate keine Beeinflussung verspürt.
    Oder an Morn? Vielleicht. Nach der Havarie der Stellar Regent hatte sie sich vollkommen und gründlich in seiner Gewalt befunden – und ihm trotzdem, als Nick Succorsos Falle zuschnappte, das Leben gerettet. Sie hatte ihn mit der schlichten, einfältigen, unüberlegten Begründung von den Prioritätscodes befreit, daß sie so etwas wie Unifikation als ein Übel erachtete. Und sie hatte ihm, obwohl die damit verbundenen Risiken stetig wuchsen, immer wieder vertraut. Irgendwie hatte sie sich seinem Herzen eingefressen: Er konnte unmöglich übersehen, was er ihr schuldete.
    Allerdings war wohl, wie er die Sache sah, eine Ursache der alleinige – oder letztendliche – Anstoß zu seiner bis zum Nichtwiedererkennen gehenden Entfremdung von sich selbst gewesen, nachdem er bis zur Unerträglichkeit hatte leiden müssen

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