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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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hatte längst übers eigene Verhängnis entschieden.
    »Ist mir schon lange bekannt«, gab er Ciros Schwester spöttisch zur Antwort, anstatt sie durch unehrliche Beteuerungen zu beleidigen. »Was glauben Sie denn, weshalb ich so verdammt gutmütig zu Ihnen gewesen bin?“
    Und war er etwa nicht gutmütig mit ihr umgesprungen? Auf Nicks Befehl hatte er ihr fast den Schädel eingedroschen. Allerdings hatte er den Schlag so bemessen, daß sie am Leben blieb.
    Der Augenblick war da. Die Zonenimplantate erlaubten es ihm, ohne das mindeste Zögern zum Handeln überzugehen, obwohl ihm Schweiß in den Augen juckte und Furcht durch seine Adern pulste. Während das Kommandomodul und die Posaune die letzten fünfzig Meter zu der beleuchteten Parkbucht im Rumpf der Stiller Horizont zurücklegten, hakte er mit flinken Handgriffen seinen Gürtel aus dem Schäkel.
    Im Vertrauen auf Stärken und Präzision der ihm anunifizierten Ressourcen stieß er sich neben Ciro ab und schwebte schnurstracks ins blendende Gleißen der Scheinwerfer. Gewichts-und lautlos, geschützt durch sämtliche Störfelder, die er ausstrahlen konnte, hielt er schnittig wie die Sense Gevatter Tods auf den noch um einiges entfernten Protonenemitter des Superlicht-Protonengeschützes der Amnion-Defensiveinheit zu.
     
    DAVIES
     
    Zusammen mit Dr. Shaheed stand Davies in der Schleusenkammer, während Kapitän Ubikwe das Kommandomodul durchs letzte Stück des Abstands zur Stiller Horizont steuerte. Sie trugen EA-Anzüge, aber hatten noch nicht die Raumhelme aufgesetzt. Sie hätten es als etwas zu Endgültiges empfunden, sie schon überzustülpen; als zu fatalistisch.
    Und ohne Raumhelme konnten sie sich nur zu zweit unterhalten. Solange sie nicht den Interkom-Apparat benutzten, hörte nicht einmal Kapitänhauptmann Ubikwe sie; auch Mikka, Angus und Ciro hörten sie nicht.
    Sobald sie die Helme aufsetzten, stellten die Funkgeräte die Verbindung zur Posaune und zum Kommandomodul her, allerdings nicht zu Angus und Ciro. Und auch die Amnion waren dann dazu imstande, ihre Gespräche aufzufangen… Die funktechnische Absonderung von Angus und Ciro war Davies zuwider, beruhte jedoch auf Absicht. Sie hätten dieselbe Frequenz wie Angus und sein Begleiter verwenden können. Aber die Amnion könnten irgendwie die Frequenz herausfinden; sie anhand der EA-Anzüge oder Helmlautsprecher anmessen. Aus diesem Grund hatte Angus darauf bestanden, daß Davies und Dr.
    Shaheed eine andere Frequenz verwendeten, die die Stiller Horizont ruhig belauschen sollte. So hatten sie Kontakt zu Kapitän Ubikwe, doch alle Verständigung, die Angus’ Aktionsplan betraf, blieb geheim. Damit fand Davies sich ab. Er beschwerte sich nicht einmal dar über, obschon es bedeuten mochte, daß die Amnion ihn schnaufen hören konnten. Ihn beschäftigten genügend andere Sorgen; deshalb zerbrach er sich nicht den Kopf darüber, ob seine Feinde ihm Furcht anmerkten, während er ins Unheil ging, oder nicht.
    Er hatte sich freiwillig bereiterklärt, schon bevor Angus interessantere Möglichkeiten vorschlug. Als er Ich gehe gesagt hatte, war es in der Annahme geschehen, daß er sich der Mutation auslieferte; einem schonungsloseren, grausameren Schicksal als dem Tod. Und auch Dr. Shaheed hatte sich unter den gleichen Voraussetzungen zur Verfügung gestellt. Diese Gemeinsamkeit hatte zwischen ihnen ein Band geknüpft. Doch jetzt übten sie einen gefährlichen, anspruchsvollen Part in einem derartig komplizierten, von so vielen unbeeinflußbaren Unklarheiten abhängigen Plan aus, daß es ihm noch immer den Atem raubte, wenn er nur daran dachte.
    Er fühlte sich zwischen gegensätzlichen Gefühlen hin— und hergerissen. Die Luftschleuse bot Platz für acht bis zehn Personen, aber durchs gewaltige Ausmaß seiner inneren Anspannung empfand er sie als zu klein. Zudem rieb sich die Beengtheit des EA-Anzugs mit seinem aufgeputschten Stoffwechsel. Hätte er keine Gelegenheit zum Gespräch mit Vector Shaheed gehabt, wahrscheinlich wäre er ausgerastet.
    Ein Teil seines Innern litt infolge der Trennung von Morn an einer Art von Phantomschmerz. Sie erfüllte die Aufgaben einer Polizistin – machte Zeugenaussagen über Verbrechen, die sie erlebt und beobachtet hatte, ganz gleich, wie tief die Wahrheit ihr weh tat. In gewissem Umfang hing von dem, was sie auszusagen hatte, die Zukunft der gesamten Menschheit ab. Und er, ihr Sohn, war mit ihrem Geist ausgestattet worden: Er schmachtete regelrecht danach, während der

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