Amnion Omnibus
lang schwieg er; an seiner Schulter traten die Muskeln hervor, während er die Faust gegen die Schläfe preßte.
Er stöhnte unterdrückt. »Sie kommen nicht zurück, nicht wahr…« Er richtete keine Frage an Dios, sondern traf eine Feststellung.
Eisern behielt Dios die Contenance. »Was wäre der Zweck?« Ein Laut, der einem dumpfen Ächzen glich, drang durch Ubikwes Finger. Nun fehlten ihm die Worte.
»Na schön«, schnob Angus. Er mochte nicht mehr warten: Er wollte endlich wissen, woran er war. »Tun wir mal so, als wäre alles gescheit, was Sie da quasseln. Rundum vernünftig. Dann hätte ich nur noch eine Frage. Wie wollen Sie mich denn dazu ›überreden‹, Sie zu begleiten?“
Bedächtig drehte der Polizeipräsident seinen Andrucksessel, bis er Angus direkt ansehen konnte.
»Sie brauchen mich, das ist klar«, erklärte Angus.
»Wenn Fasner noch lebt, kann er sich auch noch verteidigen. Für Sie allein dürfte es verdammt schwierig werden, sich ihn vorzuknöpfen. Aber warum sollte ich mich mit ihm abgeben?« Während seines ersten Gesprächs mit Dios, kurz bevor er mit dem Auftrag, Morn zu retten und Kassafort zu vernichten, aufgebrochen war, hatte Angus den durchdringenden, künstlich durch IR-Sicht ergänzten Blick des Polizeipräsidenten kaum ertragen können. Jetzt hielt er ihm mühelos stand. Je offener Warden Dios wurde, um so weniger fürchtete Angus ihn. »Haben Sie vor, mich mit der Androhung irgendeiner Form der Selbstvernichtung zu erpressen?
Einem Codewort, das mir das Gehirn ausbrennt, im Interncomputer die festintegrierten Instruktionen verwürfelt oder meinen Data-Nukleus kurzschließt? Ich bin sicher, daß Ihnen diese Möglichkeit freisteht. Der Scheißkerl Hashi Lebwohl hat die Gelegenheit, mir irgendeine Gemeinheit dieser Art einzubauen, bestimmt nicht versäumt.« Dios wandte den Blick nicht ab. »Nein«, antwortete er knapp, »ich drohe Ihnen nicht. Ich habe es hinter mir, mir die Hilfe, die ich brauche, durch Zwang zu verschaffen.“
Danach nahm seine Stimme wieder ihre eindringlichste Schärfe an. »Sie werden mich begleiten, weil ich mit der Posaune fliege. Um mich daran zu hindern, müßten Sie mich töten. Und vielleicht auch Kapitänhauptmann Ubikwe.« Kurz sah er den Kapitän der Rächer an, aber wartete auch diesmal nicht auf eine Meinungsäußerung Ubikwes. »Und sobald ich unterwegs bin, sitzen Sie hier fest. Dann nimmt man Sie im VMKP-HQ in Gewahrsam.
Außer Sie nötigen Min Donner dazu, das Feuer auf Sie zu eröffnen. In diesem Fall kämen mit Ihnen auch Davies Hyland und Mikka Vasaczk um. Ich bin der Ansicht, daß sie weder am einen noch am anderen Gefallen finden.“
Angus feixte. »Oder ich begleite Sie nur ‘n Stück weit«, spekulierte er, »und murkse sie dann ab. Ich hätte gerne wieder ‘n eigenes Raumschiff. Die Posaune wäre für mich genau der richtige Hitzer.« Auch nun blieb Dios’ Blick fest. Er sah den Konsequenzen des eigenen Handelns schon so lang entgegen, daß er vor nichts mehr zurückschrak. »Das Risiko gehe ich ein.« Tief im Innern, wo niemand es merkte, seufzte Angus.
Aus keinem anderen als dem Grund, daß der Polizeipräsident endlich seine Versprechen einlöste, glaubte er ihm. Min Donner hatte recht: Dios versuchte Wiedergutmachung zu leisten.
Angus widmete seine Aufmerksamkeit Kapitän Ubikwe. »Etwas hat er Ihnen verschwiegen, Dicker. Dun ist von Vestabule ‘n Mutagen eingespritzt worden.« Das war für Dolph Ubikwe ein harter Schlag. Er riß die Hand vom Gesicht, hob ruckartig den Kopf. Er musterte Dios mit einem Ausdruck stummen Entsetzens.
»Es ist das gleiche Mutagen, das Sorus Chatelaine bei Ciro benutzt hatte«, erläuterte Angus unerbittlich. »Er bleibt so lange Mensch, wie er das Gegenmittel erhält, durch das das Mutagen in dormantem Zustand gehalten wird. Er hat’s in der Tasche. Ein paar Kapseln… für wenige Stunden nur.« Anscheinend wollte Dolph Ubikwe eine Frage stellen, doch er brachte kein Wort heraus.
»Das heißt, in Wirklichkeit ist die Lage für ihn mieser, als sie auf den ersten Blick wirkt«, erklärte Angus.
»Fliegen Sie ihn ins VMKP-HQ, kann seine Mutation auf Dauer abgewendet werden. Hashi Lebwohls Antimutagen ist dazu geeignet. Später wird er dann wegen Hochverrats hingerichtet. Oder Sie können dulden, daß er Fasner auf die Hacken steigt. Seinen Weg zu Ende geht. So wie ich es sehe, ist er in mehr als einer Beziehung kompromittiert. Er ist schon zu lange Polizist. Er ist endlich darauf gekommen,
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