Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
Vom Netzwerk:
sich selbst nicht mehr wiedererkannte.
    Daraufhin zwinkerte Davies ihn übermüdet an. »Das meine ich nicht. Es geht mir um…« »Ich weiß, was du meinst.« Davies zuliebe bändigte Angus den Wirrwarr seiner Gedankengänge – und die Wirrnis seines Herzens –, die sich zerfahren mit viel zuviel auf einmal beschäftigen wollten. »Von nun an läuft alles recht überschaubar weiter. Der Dicke fliegt dich und Mikka Vasaczk zum VMKP-HQ. Dort nimmt man euch in so was wie Schutzhaft, bis das Regierungskonzil und die Astro-Schnäpper sich darüber im klaren sind, ob sie den Mumm haben oder nicht, offen einzugestehen, daß ihr und Morn dem ganzen Planeten Kopf und Kragen gerettet habt. In der Zwischenzeit« – er feixte – »machen Warden Dios der Großmächtige und ich mit Holt Fasner reinen Tisch.“
    Davies nickte versonnen. Vielleicht war er zu müde, um Angus’ Ankündigungen in ihrer gesamten Tragweite zu überblicken. »Und was passiert dann?“
    Angus unterdrückte ein rohes Auflachen. »Wie kommst du auf die Idee«, fragte er, ehe er sich zurückhalten konnte, »daß es ein ›danach‹ gibt?“
    »Das meine ich nicht«, erwiderte Davies zum zweitenmal. »Du wirst fort sein. Das hab ich gerafft. Und Polizeipräsident Dios ist wohl endlich zufrieden, wenn er Fasner verhaftet hat. Aber was ist mit Morn? Was wird aus ihr?“
    Angetrieben durch ruhelosen Drang zum Handeln, gab Angus dem MediComputer den Befehl zum Entfernen der Schläuche aus Mikka Vasaczks Arm ein und schnallte sie los, so daß sie frei überm Behandlungstisch schwebte. Er hegte die feste Überzeugung, daß Dios keine Absicht hatte, den Drachen lediglich zu verhaften. »Wenn Morn nicht aufpaßt«, antwortete Angus, »läßt Direktorin Donner wahrscheinlich zu ihren Ehren ‘n Standbild errichten, und dann muß bestimmt jeder Scheißbulle wenigstens einmal im Leben hinpilgern und der Statue die Füße küssen. Ich nehme an, es wird Morn so gut gehen, daß sie nicht weiß, was sie mit sich anfangen soll.« Einen Moment später nickte Davies ein zweites Mal.
    Anscheinend hatte er nach wie vor Vertrauen zur OA-Direktorin.
    Angus hingegen nicht. Er zweifelte zwar keineswegs an, daß sie Morn und Davies nicht nur zu Ehren verhalf, sondern auch die Bereitschaft aufbrachte, beide mit dem eigenen Leben zu schützen. Ihm gegenüber erwies sie sich möglicherweise aber weniger großzügig. Er konnte sich ohne weiteres vorstellen, daß sie ihn einbunkerte wie einen riskant gewordenen Atomreaktor.
    Falls der Drecksack Hashi Lebwohl ihn nicht als erster in die Pfoten bekam; sich nicht noch Fieseres für ihn ausdachte.
    Nachdem er Mikka Vasaczk vom Behandlungstisch losgeschnallt hatte, schubste er sie sachte in Davies’ Richtung. Davies fing sie mit beiden Armen ab; lehnte sie so gegen sich, daß er sie mit einem Arm ziehen konnte, ohne Druck auf ihre Verletzungen auszuüben.
    »Weißt du, es ist merkwürdig«, sinnierte er halblaut.
    »Ich habe alles im Gedächtnis, was du ihr angetan hast.« Man hatte seinem Hirn Morns Geist imprägniert; ihre Erinnerungen. Er senkte den Kopf, sein Blick umschleierte und trübte sich; er schwieg über seine Kümmernis. »Trotzdem glaube ich, sie wird’s bedauern, wenn sie keine Gelegenheit zum Abschied hätte.« Das rührte Angus; anscheinend vermochte er es nicht zu verhindern. Es verursachte ihm Stiche des Wehs und der Bitterkeit. Die Leichtigkeit, die es bei ihm hinterlassen hatte, über sich selbst hinausgewachsen zu sein, verflog für einen Moment vollständig; Schwere schien auf ihm zu lasten wie eine Bürde der Reue.
    »Richte ihr aus…«, setzte er barsch zu einer Antwort an; doch zuerst hatte er gar keine Ahnung, was er eigentlich sagen könnte. Aber da wurde es ihm klar, als hätte sein Interncomputer einen Datenweg zu den Teilen seines Ichs gebahnt, die er als fremd empfand.
    »Richte ihr aus, ‘s tut mir leid, daß ich mich nicht besser bewährt habe.“
    Es wurmte ihn, daß sie ausgerechnet Nick Succorso ausgesucht hatte, um sich ihm zu entziehen. Hätte sie Succorso nicht dabei geholfen, ihn in die Pfanne zu hauen, wäre danach alles anders verlaufen. Dennoch verstand er ihren Beweggrund. Nick Succorso hatte ihr kein Z-Implantat eingepflanzt.
    Davies blickte Angus endlich ins Gesicht. Sein Sohn sah ihn so offen an, als wäre sogar er zu guter Letzt eine ehrliche Haut geworden.
    »So gut kann niemand sein«, antwortete Davies gedämpft. »Ich bin der Meinung, du hast dich sehr tüchtig ins Zeug gelegt.«

Weitere Kostenlose Bücher