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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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die von Pee-wee Herman, auch keine übermäßig nervende wie die von Arnold Horshack aus der alten Fernsehserie Welcome Back, Kotter aus den Siebzigern. Sie war höher, als jene, an die ich mich gewöhnt hatte, und ich flippte regelrecht aus, wenn ich zu viel darüber nachdachte, wem sie einst gehört haben mochte.
    »Ich sagte nicht auf wachen .« Die alte Krankenschwester bückte sich und kniff die Augen zusammen, um meine Krankenakte auf dem Klemmbrett am Fußende meines Betts zu lesen. »Ich sagte auf stehen ! Das ist ein Unterschied. Putzen Sie sich besser die Ohren und lernen Sie, zuzuhören, sonst werden Sie und ich aneinandergeraten, verstanden?«
    »Wovon reden Sie?«, fragte ich. »Und wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Nennen Sie mich Junie. Ich bin Ihre Wiedererweckerin.«
    »Meine was?«
    »Ihre Physiotherapeutin, Sie Trottel, aber Wiedererweckerin erscheint mir irgendwie passender zu sein – jedenfalls für die meisten Teile von Ihnen.«
    »Lecken Sie mich«, gab ich zurück. Jeder Zoll meines Körpers schmerzte, und mein Kopf fühlte sich erbärmlich an. Ich war weder in der Stimmung für Wortspiele noch für den verschrobenen Sinn für Humor dieser alten Vettel. »Geben Sie mir meine Medikamente und verschwinden Sie aus meinem Zimmer!«
    Sie starrte mich eine Weile an, kalt und eindringlich wie eine Schlange. Ich war mir ziemlich sicher, dass ihr schon lange niemand mehr gesagt hatte, sie solle sich zum Teufel scheren, und ich konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht besonders gefiel.
    »Sie hören nicht zu«, meinte sie schließlich. »Ich sagte, Sie sollen aufstehen, und das meine ich durchaus ernst. Es ist an der Zeit, mit Ihrer Rehabilitation zu beginnen. Sie haben lang genug herumgelegen. Dr. Marshall erwartet Ergebnisse, wie Sie hoffentlich wissen. Er hat seinen Teil erfüllt; jetzt sind Sie an der Reihe. Auf die Beine, Junge!«
    Nun war ich wirklich stinksauer. Ich war auseinandergerissen und mit weggeworfenen Ersatzteilen wieder zusammengenäht worden, man hatte mich für wer weiß wie viele Monate auf diesem unchristlich harten Bett festgegurtet, und mein zusammengeflickter Körper schmerzte derart schlimm, dass ich Mühe hatte, nicht zu schreien. Was fiel dieser dummen, alten Schnepfe überhaupt ein, hier reinzuplatzen und mir zu befehlen, aufzustehen? Meine Wiedererweckerin – von wegen! Drauf geschissen.
    »Ich bin nicht sicher, aus welchem Friedhof man sie ausgegraben hat, Lady, und eigentlich ist es mir auch egal. Doch irgendjemand hätte Ihnen Bescheid sagen sollen, dass ich nicht einfach auf die Beine springen kann . Aufstehen? Ebenso gut könnten Sie mich auffordern, verkehrt herum zu schweben und einen Jitterbug an der Decke zu tanzen. Ich kann mich kaum bewegen, Sie Miststück!«
    »Papperlapapp«, entgegnete Junie in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete. »Hören Sie auf, eine solche Heulsuse zu sein. Sie glauben vielleicht, mich zum ersten Mal zu sehen, aber ich betreue Sie schon seit Monaten. Während Sie sich im Halbkoma erholt haben, ließ mich Dr. Marshall Sie an diese fantastischen Maschinen anschließen, die laufend Ihre neuen Muskeln stimulieren und Ihre Sehnen und Bänder dehnen. Während Sie geschlafen haben, hatten Ihre neuen Körperteile Gelegenheit, einander kennenzulernen. Wir haben Ihre Arme und Beine, Ihren Hals, ja sogar Ihre Finger und Zehen gründlich behandelt. Also plustern Sie sich nicht auf und behaupten, Sie könnten sich nicht bewegen. Ich habe Sie genau beobachtet und weiß , dass Sie es sehr wohl können. Haben Sie es überhaupt versucht? Oder waren Sie zu sehr damit beschäftigt, in Selbstmitleid zu versinken?«
    »Natürlich habe ich es versucht«, log ich. »Ich kann es nicht. Ich zittere und bekomme Wadenkrämpfe, durch die ich mich bewege. Sie bringen mich fast um, aber ich kann sie nicht kontrollieren. Außerdem habe ich im Moment zu große Schmerzen für diesen Scheiß. Geben Sie mir meine Medikamente, lassen Sie mir eine Stunde Zeit, bis sie wirken, und ich verspreche Ihnen, dann versuche ich alles, was Sie wollen. Aber nicht jetzt. Keine Chance.«
    Die alte Physiotherapeutin schleuderte mir einen Blick blanken Hasses zu, dann schüttelte sie angewidert den Kopf. »Sie sind erbärmlich, Mike, aber die Jammerei hat heute ein Ende. Auf der Stelle. Sie wollen Ihre Medikamente? Hier, kommen Sie her. Sie müssen Sie sich schon selbst holen.«
    Sie legte die vertrauten Plastikbehälter mit meinen bunten Glückspillen auf den Holzrollwagen für meine

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