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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wiebelt
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alledem hatte er stets versucht, ehrenhaft zu kämpfen und seinen Widersachern mit Respekt zu begegnen.
    Und doch blieb diese innere Müdigkeit und dieser Drang, sich endlich auszuruhen. Er war alt geworden und das spürte er jeden Tag, auch jetzt schmerzten seine Glieder, und seine Muskeln brannten nach der Flucht aus dem Wald.
    Wieder starrte er auf den Jungen und versuchte zu ergründen, warum er sein Leben gerettet und einen Kameraden dafür getötet hatte. Der Rest des Heeres sollte binnen kurzem bemerken, dass die beiden fehlten, bald darauf würde der Suchtrupp die Leiche im zerstörten Dorf finden und die Treibjagd beginnen. Er wusste, dass Muriel solch einen Verrat von einem der Ihren niemals tolerieren und seinen Kopf auf einem Tablett fordern würde. Die langen Jahre, die er der alten Hexe im Kampf gegen Elderwall und den Rest der freien Welt gedient hatte, waren nach dieser Tat nicht mehr von Interesse und ihr Fluch würde ihn auf ewig ver-folgen.
    Nur seinem alten Freund Bär war es vor vielen Jahren, in den dichten Wäldern von Dahran, gelungen zu verschwinden, ohne dass die Handlanger Muriels ihn hätten finden können. Vielleicht war die Suche nach Bär die einzige Chance, die er hatte, um sich vor der Hexe in Sicherheit zu bringen.
    Aber noch vermissten sie ihn nicht und er würde warten, bis der kleine Junge den schweren Weg in das ungewisse Dunkel hinter sich gebracht hatte.
    Natas atmete schwer, er wälzte sich in dem großen Schild hin und her, gequält von Krämpfen, die seinen ganzen Körper durch-zogen. Die spitzen Metalldornen drückten sich tief in den harten Boden, wenn er sich von einer auf die andere Seite warf. Seine Seele wurde von schrecklichen Alpträumen gequält, er sah seine Eltern im Feuer sterben, hörte ihre Schreie und die Stille danach, als nur noch die knisternde Glut zu hören war. Durch das fahle Licht eines fiebrigen Schleiers erahnte er furchtbare Gesichter, die er nie zuvor gesehen hatte und die ihn arglistig musterten. Eine alte, faltige Frau murmelte Unverständliches in einer frem-den Sprache und benetzte ihn mit faulig stinkendem Wasser, während seine Mutter ihn aus dem Hintergrund traurig und ängstlich beobachtete. All das waren kurze Augenblicke, die, wie Blitze, durch seine Gedanken zuckten und ihn an etwas erinnern sollten, das er längst vergessen hatte.
     
    Wolf hatte ein kleines Feuer gemacht, immer darauf bedacht, es nicht zu groß werden zu lassen. Der Versuch der Sonne, den eisigen Griff des Winters zu lockern, war auch an diesem Tag kläglich gescheitert, deshalb war die lebensspendende Glut des glimmenden Reisigs, wollte man nicht innerhalb weniger Stunden erfrieren,  unumgänglich.
    Er kaute an einem harten Stück getrockneten Fleisches, das er immer für Notfälle in seiner Satteltasche aufbewahrte, hatte es aber vorher am Feuer etwas erwärmt, um es weicher zu machen. Noch immer verweilte sein Blick grüblerisch auf dem Jungen, dessen Krämpfe allmählich nachließen, zwischen ihnen das wär-mende Flimmern des brennenden Holzes.
    Wolf wunderte sich sehr, denn Natas schien inzwischen eher friedlich zu schlafen, anstatt mit dem Tod zu kämpfen und es waren schon mehrere Stunden vergangen, in denen ein ausge-wachsener Mann qualvoll innerlich verbrannt wäre.
    Die Sonne neigte sich dem Abend zu und verabschiedete sich von diesem Teil der Welt, um der tausendäugigen Dunkelheit den Vortritt zu lassen und das Land der bitteren Kälte des strengen Winters zu überlassen.
    Im Morgengrauen würden sie aufbrechen müssen, denn die Su-che nach ihnen hatte sicherlich schon begonnen.
     
    Sturm schnaubte unruhig und scharrte mit den Hufen. Blitz-schnell zog Wolf einen Dolch aus dem Schaft an seiner Hüfte und drehte sich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Nicht weit von ihnen, im verblassenden Licht der nahenden Dämmerung, stand eine Gestalt und beobachtete sie.
    Misstrauisch hielt er die Waffe in Richtung des Eindringlings. Wie, um alles in der Welt, konnte jemand so dicht an ihn heran-kommen, ohne, dass er es bemerkt hatte. Der weite Umhang des Unbekannten wehte im eisigen Wind und verbarg sein Aussehen und seine Statur. Die Gestalt richtete sich zu einer stattlichen Größe auf. Wolfs Muskeln waren zum Zerreißen gespannt und er rechnete mit allem.
    „Wolf! Halte inne, ich will euch nichts Böses!“, röchelte das We-sen, „ich werde nicht näher kommen, das Verlangen nach eurem Blut wäre zu groß!“
    Wolf vernahm ein angespanntes

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