An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
leuchtete glutrot auf und ve r schwand sofort wieder. Feiner Sand rieselte auf den B o den, den ihr Gewand aufgewirbelt hatte.
Der alte Thronsaal war eine gigantische Glaskuppel, gestützt von vier gewaltigen und reich verzierten Säulen. Doch die Jahrhu n derte hatten den Saal verkommen lassen und durch die vergilbten Scheiben der Halbkugel drang nur spärliches Tageslicht, das den Raum in ein trostloses gelbliches Licht tauchte. Dessen Farbspi e le mit der allgegenwärtigen Dunke l heit führte dazu, dass sich, in die Säulen eingemeißelte, D ä monen zu bewegen schienen und jeden bösartig beäugten, der es auch nur wagte, diesen verfluc h ten Raum zu betreten. Schier endlose, verschlissene Vorhänge hi n gen schmucklos von der Decke und wiegten sich sanft im lauen Hauch, der die verblichene Eleganz des Prachtbaus mit der schmerzlich mystischen Erinnerung an längst vergangene Tage erfüllte. An einer Seite des Saales brannte ein Feuer in einem großen, in die Wand eingelassenen Kamin, dessen Einfassung von mannshohen, steinernen Drachen gestützt wurde, die in der flirrenden Hitze der lodernden Flammen zu schattenhaftem L e ben erwachten. Die Wärme des Kamins reichte bei weitem nicht aus, um die beträchtliche Größe des Raumes mit einer lebenswe r ten Atmosphäre zu erfüllen.
Vor der Feuerstelle standen ein einfacher Holzstuhl, sowie ein kleiner Tisch, die so gar nicht in das pompöse, aber verblasste A m biente passten.
Maks, ein kleiner, dicker Waldzwerg, gekleidet in vielfarbige Lumpen, lag zusammengekauert und laut schnarchend in dem, für ihn viel zu großen Stuhl. Sein ausgefranster Strohhut war über die Augen gerutscht und wurde nur durch eine be e renartige Nase enormen Ausmaßes am Herunterfallen gehindert. Die übelri e chenden, nackten Füße hatte er auf dem Tisch übereinander g e -schlagen und seine groben Stiefel lagen unordentlich auf dem ehemals edlen Steinboden, während das aufdringliche Schlafg e räusch respektlos durch die unheimliche Stille des großen G e wölbes hallte.
Das Feuer im Kamin flackerte unruhig und kleine Flämmchen züngelten in Richtung des schlummernden Zwerges. Heißer Dunst waberte über den Boden und legte sich wie ein Hitzete p pich auf den Marmor. Maks bewegte sich unruhig und schmatzte laut, als die unerklärliche Erscheinung empor stieg, sich in einer schemenhaften Gestalt manifestierte und gleich einer Fata Mo r gana in seine Richtung schwebte.
„Maks! Mein kleiner Spion, wach auf!“, flüsterte eine Stimme, die so zart war, wie die Gestalt selbst.
„Allzeit bereit, meine Königin!“, erwiderte eine mürrische Sti m me. Er hob die Hand und schob seinen Strohhut nach oben. Der helle Schein des Feuers blendete ihn, er blinzelte und seine kle i nen schlauen Augen blickten auf zu Muriel, deren Körper nun langsam die ursprüngliche Form annahm.
„Ich habe eine Aufgabe für dich, Zwergenkönig!“ Muriels Sti m me wurde bestimmter.
„Euer Wunsch ist mir Befehl, sprecht, was soll ich tun!“
„Geh vor die Tore in die Unterkünfte und bring Trajos zu mir!“
„Ist er denn schon wieder da?“
„Er ist soeben eingetroffen und wird mit Adler und Stier in der Söldnerschenke einkehren!“
„Gut! Ich werde tun, was ihr sagt. Aber welchen Grund soll ich ihm nennen, wenn er danach fragt?“
„Geh und lass dir etwas einfallen!“, entgegnete sie ungehalten, als die Metamorphose vollendet war und der Saum ihres Umhangs sich sachte auf den Boden legte.
„Adler und Stier werden ihm sicherlich folgen wollen, M u riel!“.
„Auch sie sind willkommen. Geh jetzt!“
Maks sprang vom Stuhl und stieg in seine alten Stiefel, zupfte sich etwas zurecht und schlenderte leise pfeifend davon. Sein spit z mundiges Flöten hallte noch lange nach, selbst nachdem er den Saal schon verlassen hatte.
Muriel stand regungslos mit dem Rücken zum Feuer und lauschte der entfernten Melodie, bis sie nicht mehr zu hören war, dann drehte sie sich um und blickte in die Flammen.
„Kasim! Tritt hervor!“ sprach sie leise.
Nur das Knistern des brennenden Holzes war zu hören, als ein Dunkelelf lautlos aus dem Schatten trat und hinter ihr stehen blieb. Kasim hatte eine schlanke Gestalt, trug ein langes, schwa r zes Gewand und dunkle Lederstiefel. Seine we i ßen, zu einem Zopf gebundenen Haare umrahmten ein bla s ses Gesicht mit ei-ner feinen Nase und tiefschwarzen Augen. Auf seinen Rücken war ein Stab gebunden, dessen legendärer Ruf als tödliche Waffe nur noch
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