An den Rändern der Zeit (German Edition)
LABOR.
Heute ist es mir nicht gelungen, ihn zurückzuhalten … sang Casimiria ängstlich, und das wilde Gefühlschaos, das daraufhin durch den Diamanten auf sie eindrang, verstörte sie noch mehr.
*
B.C. nahm sich zusammen. Wir sind EINER Sippe zugehörig … nein, sie wollte nichts davon wissen, sie hielt das auf Armeslänge von sich, und doch konnte sie mit Cathy – sie nannte sie niemals anders – kommunizieren, was an sich schon erstaunlich war; sie hatte das aber erst herausgefunden, nachdem sie von Varians Eindringen in ihre Erfindung hatte erfahren müssen (der neunmal verfluchte Rotzjunge …) Ebenso wie Varian war sie froh, dass Casimiria nicht den vollen Access hatte, denn über den Hochleistungshörcomputer hätte sie sonst garantiert zu viel gespürt, und es hätte sie aus ihrem bewussten Sein hinausgekippt. Sie fühlte auch so schon genug und schützte sich nie.
Das ist Scheiße, sang B.C. jetzt so ruhig wie möglich – der Kraftausdruck kam als dunkler Zacken bei Casimiria an – in zweifacher Hinsicht Scheiße. Vor allem sollte er bei dir sein und auf dich aufpassen.
B.C., summte es in ihrem Gehörgang, wir sind doch sicher, oder? Niemand versteht die Geheimzungen, folglich kann niemand uns abhören oder direkt entschlüsseln. – Disharmonische Töne mischten sich in Cathys Gesang, Ausdruck ihres aufkeimenden Zweifels.
(Ah! Sie hat es kapiert!), dachte B.C. ingrimmig. Ganz recht, kleine Cahty. Wir sind sicher. Außer vor denen, die an der Erschaffung jener Sprache mitbeteiligt waren.
Und um ihr klarzumachen, wie ernst die Lage war, sandte sie ihr ein Hörbild.
Jenes schwarze Nadelschornsteingebäude, das sie mit einem Schrecken erfüllte, der namenlos war. Davor ein lachender, ein jovial und gemütlich wirkender Mann, strotzend vor Muskeln und innerer Kraft, vollkommen im Einklang mit sich selbst. Besonders hervorstechend war sein buschiger schwarzer Schnurrbart. Man nannte so etwas womöglich martialisch. Im Hintergrund des Hörbildes gab es ein leise knatterndes Geräusch, ein bisschen wie von einer Nähmaschine. Casimiria vermochte es nicht zuzuordnen. Dann nahm sie in dem leicht bewegten Bild auch noch einen schwingenden pelzigen Schwanz wahr, ehe er aus dem Rahmen fiel und verschwand. Aber das Grauen blieb, und es hatte einen Namen.
Eric, flüsterte Casimiria singend. Er? Steckt? Dahinter?
B.C.s brummender Walgesang. Ja. Er kann den Zufall steuern. Und er tut es. Jetzt.
Casimirias erste Reaktion auf diese ungeheuerliche Eröffnung war der sehnliche Wunsch, sie hätte sich mehr Mühe gegeben und WIRKLICH auf ihre Vorahnung gehört. – Wenn ich mich richtig angestrengt hätte, ich HABE doch Einfluss auf Varian … dann (ihre Gedanken überstürzten sich, taumelten übereinander wie Bauklötzchen, die ein tyrannisches Kind umherstieß), könnten wir beide in einem anderen Schlupfwinkel sein. Zusammen. Andererseits: Hätte das was genützt? Der zweite Unterschlupf wäre höchstwahrscheinlich schon vorher umstellt gewesen, und zwar so, dass man sie in die Falle hätte tappen lassen. Wer die Zufallssteuerung beherrschte, war beinahe allmächtig, schließlich war das nur ein Synonym für totale Kontrolle.
Gibt es keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren?, sang sie.
B.C. antwortete darauf nicht direkt. Alles Scheiße, was? Komme mir vor wie nackt ausgezogen. Du dir sicher auch, Cathy. Die gute alte Laborlogik hat mir schon immer geflüstert, dass ich diesem perversen Widerling nochmal begegnen werde. B.C. gab ihren rauen, zerklüftet-melodischen Tönen mit Absicht etwas Lauerndes (ich hoffe ihn zu provozieren, los Eric, versuch es doch, versuch es mit einem EINGRIFF.)
Was will er von dir?, wisperte Casimiria. Ihr war schlecht vor Angst.
Irgendetwas Beklemmendes geht vor in der Augenwelt, Cathy, antwortete B.C., etwas, was sie nicht dulden können, unsere guten alten Freunde vom Labor. Ich bin vielleicht DEM FEHLER auf der Spur, den ich ihnen verdanke … aber wenn Labor und Amt sich durch Eric verbinden, muss es noch gravierender sein …
Ich erinnere mich an Eric, flüsterte Casimiria, er hat sich immer auf dich konzentriert. Wieso?
B.C. lachte. Es klang geborsten, abgründig schwarz. Er hält sich für meinen Erzeuger, behauptet, er habe mich zusammengemixt, dabei habe ich mehr ‚Eltern‘ als Finger an meinen Händen, niemandem gebührt dieser Ruhm allein.
Unwillkürlich sandte Casimiria einen hell-freundlichen, stärkenden empathischen Impuls aus, erwartete, dass er
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