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An den Springquellen

An den Springquellen

Titel: An den Springquellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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heraus – oder war es nur in der überreizten, angsterfüllten Phantasie der rennenden, sich hin und her werfenden Flüchtenden zu hören?
    War es nur Einbildung?
    Oder sprach tatsächlich der Geist des ertrunkenen Alptraumritters aus dem Geheule und Stöhnen des Wassers?
    Arruf, Uinaho und Maldra dachten nicht mehr.
    Sie vermochten nicht mehr klar zu denken. Ihre einzige Möglichkeit war, wahllos im Zickzack hin und her zu springen und zu versuchen, nicht in die vernichtende Gewalt einer Wassersäule zu geraten. Trotzdem war ihnen, als befänden sie sich in der Gewalt einer dämonischen, lauten Stimme. Ihr dramatischer Lauf zwischen den Säulen schaltete jeden anderen Gedanken aus. Aber gerade deswegen waren sie frei für die Einflüsterungen der lauten, eindringlichen Stimme von Alanen.
    Was sagte sie?
    Die Stimme Illanens klagte die Eindringlinge an. Sie schalt sie, sie war voller Drohungen. Die Stimme schrie, daß die drei winzigen Menschlein die Ruhe des Heiligtums entweihten. Daß sie Eindringlinge waren, die keineswegs willkommen waren. Daß die rauschenden Wassersäulen sie töten würden, weil sie sich freiwillig der tödlichen Umarmung des Alptraumritters Illanen entgegenwerfen würden.
    Illanens Stimme?
    Der Geist des Alptraumritters?
    Oder nur eine Wirkung, die ihre überreizten Hirne angesichts der tödlichen Gestalt hervorbrachten?
    Sie rannten weiter.
    Jeder weitere Schritt, schnell oder langsam, schickte höllische Schmerzen durch ihre Muskeln. Noch immer hielten sie sich gegenseitig an den Händen fest. Arruf riß Maldra nach rechts, Uinaho zog sie mit aller Gewalt nach links. Gleichzeitig rannten sie nach vorn, dem charakteristischen Felsen entgegen.
    Plötzlich riß sich Maldra los.
    Sie hatte bisher kein einziges Wort gesagt und hatte sich willenlos von den zwei Männern durch das tödliche Labyrinth ziehen und stoßen lassen. Die Stimme Illanens schien sie tief im Innern zu treffen und ihre Dinge zu befehlen, die Uinaho und Arruf nicht verstanden.
    Arruf schrie:
    »Bist du wahnsinnig?«
    Die junge Frau hörte seine Stimme nicht. Sie breitete die Arme aus und rannte, immer schneller werdend, durch den nassen Sand. Der Sand unter ihren Sandalen war jetzt nicht mehr schwarz, sondern lodernd feuerrot. Sie machte zehn, zwölf, fünfzehn Schritte, dann stolperte sie. Noch bevor sie mit den ausgestreckten Händen den Boden berührte, öffnete sich dort, wo sich eben noch ihre Oberschenkel befunden hatten, der rote Boden.
    Zuerst flog eine Sandschicht, halb so dick wie ein Ur, nach oben und nach allen Seiten. Dann, schneller als ein Augenblick, schob sich zischend eine Wassersäule in die Höhe. Ihr Durchmesser war nicht geringer als derjenige eines Mannes. Die Fontäne packte Maldra und riß sie in die Höhe.
    Ihr Entsetzensschrei gellte auf, aber er wurde übertönt vom Heulen und Kreischen der Springenden Quelle. Arruf und Uinaho blieben starr stehen und rissen die Köpfe in den Nacken.
    Sie sahen, wie der Körper der jungen Frau sich in rasender Geschwindigkeit vom sandigen Boden entfernte und in die Höhe gerissen wurde. Er drehte sich, als habe ihn eine unsichtbare Faust gepackt und wirbelte ihn herum. Dazu ertönte abermals die Stimme der Wassersäulen und schrie in den Gedanken der erstarrten Männer etwas von Rache, von Sühne und Schuld, von Schändung und Vernichtung. Der Körper entschwand den Blicken der zwei Männer und tauchte unter in dem Regen aus Wassertröpfchen, der vom Sonnenlicht in schimmernde Farbenspiele getaucht wurde.
    Wie angewurzelt blieben Arruf und Uinaho stehen.
    Nach wenigen Herzschlägen oder nach einer kleinen Ewigkeit hämmerte krachend der Regen aus roten Sandkörnern und Wassertropfen, scheinbar so groß wie Fäuste, auf die Krieger herunter. Dann senkte sich, wirbelnd und sich immer wieder überschlagend, der blutende Körper der jungen Frau abwärts, wurde seitlich aus der Gewalt der Wassersäule entlassen und herausgeschleudert, kippte abermals und krachte mit der Gewalt eines Himmelssteines in den Boden. Maldra war tot, als sie den Sand berührte und ein Loch schlug, das fast zwei Mannslängen tief war.
    Als Arruf und Uinaho nach oben blickten, starr vor Schrecken, glaubten sie ein seltsames Bild zu sehen.
    Seltsam?
    Es war nicht seltsamer als vieles andere, das sie erlebt hatten: aus Tausenden und aber Tausenden Wassertröpfchen, die in verschiedenen Farben leuchteten, ergab sich ein Bild. Mehr als ein Bild – der Eindruck einer Gestalt von gewaltigen

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