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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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wie es ihm gefiel, und ihr fiel kein Grund ein, weshalb sie den seinen wissen sollte.
    Er wälzte sich auf die Seite und legte den Arm über ihren Bauch. Seine vollen, rissigen Lippen zupften an ihrer Brustwarze. Yutid presste die Nägel in die Handflächen, denn der Schmerz lenkte ab. Mittlerweile waren Nägel und Hautfalten rot gefärbt. Als er den Kopf hob, um sie anzusehen, krauste sich seine Stirn. Weiße Fältchen verrieten, dass seine Haut gewöhnlich noch heller war. Wie viele Jahre er wohl zählte? Oder – Jahrhunderte? Narben auf seinem Arm verrieten, dass er verletzt werden konnte. Er selbst hatte sich verletzt, als er sich Mückenstiche und Flohbisse aufgekratzt hatte. Ihm fehlte sogar ein kleiner Finger.
    «Judith …» Genüsslich züngelte er nach einem Schweißtropfen zwischen ihren Brüsten. «Dort, wo du und deine Leute herkamt – gibt es da noch mehr Gold?»
    Er fragte etwas. Hilflos sah sie ihn an.
    «Gold!» Mit dem Daumen langte er nach dem Kettchen um seinen Hals und ließ das Amulett pendeln. «So wie das da. So wie das, was ihr in dem Sack mit euch herumgeschleppt habt. Gold!»
    Mit dem Nicken seines Kopfes wies er auf den Sack, der an der Zeltwand lehnte zwischen einem ledernen Sitzmöbel und einem Gestell, auf dem die metallene Hülle steckte, die beim Kampf seine Brust umschlossen hatte. Darüber ein ebenso metallener Hut. Das harte Material sah ähnlich aus wie Bronze, war aber an vielen Stellen rotfleckig und dünstete einen Gestank aus, der an Blut erinnerte. Das rundliche Ledermöbel war auf dem Rücken eines gewaltigen Reittieres festgezurrt gewesen, wie es mehrere solcher Tiere in diesem Lager gab. Auch jetzt hörte Yutid sie unruhig mit den Hufen scharren. Offenbar störten sie sich an dem Blutgeruch.
    «Gold?», wiederholte sie hilflos, da sie spürte, wie Zorn über ihre Begriffsstutzigkeit in dem Gott brodelte.
    «Ja, Gold!» Er deutete auf den Sack, als wolle er ihn mit seinem Finger aufspießen. Ah, sie verstand. Er wollte noch mehr Schätze. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Dorf hatte alles gegeben, was es derzeit besaß. Die Tiri-Hueta selbst förderten das Gold ja nicht. Andere Stämme brachten es, damit sie es zu Schmuck und rituellen Gegenständen verarbeiteten, die wiederum den herrschenden Inka gegeben werden mussten. Nur dass der Bote der Inka dieses Mal sehr früh gekommen war und nichts als Gegenleistung versprochen hatte. Nicht wie sonst Getreide, Fleisch, Werkzeuge und Waffen.
    Enttäuscht stöhnend ließ der Gott den Kopf auf ihren Bauch fallen.
    «Wo wolltet ihr damit eigentlich hin?» Er fuhr fort, mit ihren Brüsten zu spielen. «Etwa auch nach Cajamarca? Wahrscheinlich, oder? Schade, dass du mich nicht verstehst.»
    Cajamarca? Er erwähnte den Ort, an dem der Sapa Inka von den weißen Göttern gefangen gehalten wurde. Aus dem ganzen gewaltigen Reich des Sohnes der Sonne hatten sich Abgesandte der unterworfenen Völker aufgemacht, ihr Gold und Silber auf den Rücken der Lamas in Cajamarca abzuliefern.
    «Ich hörte, dass Atahualpa, euer gefangener Inkakönig, dem Konquistador Francisco Pizarro angeboten hat, eine große Kammer bis obenhin mit Schätzen zu füllen, als Preis für seine Freilassung. Er soll eine Hand in die Höhe gereckt und gesagt haben, er könne so viel Gold beibringen, dass es bis zu den Fingerspitzen reicht. Und dann soll Pizarro so verblüfft darüber gewesen sein, dass Atahualpa noch anbot, eine zweite Kammer zu füllen, und da die kleiner als die erste sei, sogar zweimal. Derzeit sollen die Wilden damit beschäftigt sein, Gold von überall herbeizuschleppen.» Er schlug sich mit dem Handballen gegen die Stirn. «Drei Kammern voller Schätze! Ich kann mir das nicht vorstellen.»
    Man sagte, der Sapa Inka wolle sich mit Schätzen freikaufen. Hatte der Gott nicht eben seinen Namen genannt? Aber er hatte ein wenig anders geklungen. Nicht Ataw Wallpa . Die weißen Götter veränderten sogar den Namen des Sohnes der Sonne.
    «Ich weiß nicht, was ich tun soll, und du kannst es mir nicht raten, meine Schöne. Soll ich das Gold meinem Herrn bringen, dem Statthalter Venezuelas? Es würde mich ja reizen, den Schatz zu behalten und mich damit in die entgegengesetzte Richtung davonzumachen. Schließlich ist es ein weiter Weg bis nach Cajamarca, und bis dahin kann viel geschehen.» Sein Zeigefinger umkreiste ihren Nabel. «Allerdings riskiere ich, auf dem Sitz einer Garotte zu enden, die Pizarro höchstpersönlich zudreht. Und wer will das schon,

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