An die Empoerten dieser Erde
sein. Die erste Sitzung fand in Barcelona vor zwei Jahren statt, die zweite war vor einem Jahr in
London, und die dritte findet im November in Kapstadt statt. Ich denke, wir sind für die wichtigen Grundwerte verantwortlich, die in der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte stehen. Wir haben eine Verantwortung für diese Werte, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen immer wieder vorgebracht
hat. Wir dürfen es nicht zulassen, dass es den Palästinensern schlechtgeht, weil sie von niemandem wirklich verteidigt werden. Sie haben viel unter der
israelischen Besatzung gelitten. Sie haben versucht, richtigeWahlen durchzuführen und eine Demokratie aufzubauen. Gleichzeitig ist das aber unmöglich, solange es ihnen so geht, wie es ihnen jetzt seit Jahrzehnten geht! Sie haben 1948 während des israelisch-arabischen Krieges unter einer schrecklichen Vertreibung ohnegleichen gelitten, das, was die Palästinenser eben »Nakba«, arabisch für Katastrophe, nennen. Wir müssen jetzt versuchen, uns dagegen aufzulehnen.
Da wäre das Russell-Tribunal zu Palästina, das seinen Ursprung in einem Russell-Tribunal zu Vietnam hat. Es entstand in den Jahren, als Amerika diesen schlimmen Vietnamkrieg geführt hat. Das Tribunal beriet und schloss, dass Amerika in Vietnam unrecht hatte und wir die Vietnamesen unterstützen müssen. Genau so ist es auch heute: Amerika ist nicht streng genug mit seinem Partner Israel, und deshalb geht es den Palästinensern immer noch so schlecht.
Die Empörung über das, was dort passiert, ist Teil von dem Büchlein, das jetzt so eine unerhörte Wirkung in so vielen Ländern erzielt hat. Dieses Büchlein nannte ich auf Französisch Indignez-vous! . Die »Dignität«, die im französischen Wort steckt, ist das Wichtige für mich: Man muss seine Werte, seine Würde, eben seine dignitas bewahren können, und wenn sie irgendwo nicht gut angenommen ist, dann muss man sich »indignieren«. Auf Deutsch hat man das Büchlein mit Empört Euch! übersetzt, auf Spanisch lautet es ¡Indignaos! und auf Italienisch Indignatevi! .
Dieses Büchlein wurde vor einem Jahr, im Herbst 2010, von einem Verlag namens Indigène Éditions in Montpellier veröffentlicht. Es war billig und leicht zu verteilen, einsehr hübsches kleines Heft. Wir hatten uns gesagt, dass es die Franzosen vielleicht interessieren könnte. Wir machten also eine Auflage von 8000 Exemplaren und dachten, dass es schon reichen werde. Das war aber nicht der Fall, denn es wurden immer mehr Exemplare davon verkauft, zunächst mehrere Hunderttausend, dann eine, dann zwei Millionen. Es ist in Paris immer noch auf der Bestsellerliste, und jetzt nähern wir uns drei Millionen verkauften Exemplaren in französischer Sprache. Es ist zudem in über dreißig Sprachen übersetzt und erstaunlicherweise auch in solchen Ländern wie Schweden, Südkorea, Argentinien und Brasilien erhältlich, also fast überall und natürlich auch hier in der Schweiz und in Deutschland und Österreich. Überall gibt es jetzt dieses kleine Buch!
Was soll das bedeuten? Ich bin natürlich sehr stolz darauf, dass ein Buch, dass dreißig Seiten von mir so einen enormen Erfolg haben! Aber ich bin gleichzeitig auch etwas ängstlich, denn die Frage stellt sich mir, wie wird man so einen Text verstehen? Wird man nur den Titel lesen und dann sagen: Ja, also los! Wir müssen uns empören, wir müssen uns schlagen! Oder wird man den Text lesen? Denn in dem Buch steht alles sehr genau beschrieben.
Wir stehen am Beginn des 21. Jahrhunderts. Welches sind nun die Gefahren, über die man sich nicht nur empören, sondern gegen die man sich auch engagieren soll?
Die erste, schlimme Gefahr ist, dass es auf der einen Seite eine kleine Gruppe gibt, eben »ein Prozent« 2 derBevölkerung vielleicht, die unglaublich reich ist und die mit ihrem vielen Geld und ihrem politischen Einfluss alle Macht ausübt, während es auf der anderen Seite Leute gibt, die nur wenig oder gar keine Macht haben. So viele von ihnen leiden an Hunger, an Armut, das ist etwas Schreckliches!
Es hat immer Arme und Reiche in der Welt gegeben. Es gibt keine Gesellschaft, in der alle gleich sind. Das hat man mit der kommunistischen Revolution 1917 versucht, im Jahr meiner Geburt, und wir wissen, wohin das geführt hat. Aber die Ungleichheit kann so schrecklich werden, dass man jetzt große Angst haben muss, wenn das so weitergeht!
Wir sind jetzt sieben Milliarden Menschen. Gestern kam gerade ein Bericht der Vereinten
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