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An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Blake Johnson fand sie nirgends verzeichnet. Dafür entdeckte sie auf der Fahndungsliste von Scotland Yard Jack Barry, samt einem Polizeifoto.
      »Man hat dich also wenigstens einmal erwischt, du Dreckskerl«, flüsterte sie. »Vielleicht schaffen wir es diesmal wieder.«
      Hedley kam herein und legte den Ordner auf den Schreibtisch. »Die neuen Barbaren.«
      »Ach Gott, eigentlich ist es eine ganz alte Geschichte«, erwiderte Helen, »bis auf die Tatsache, dass wir früher einiges dagegen unternommen haben.«
      »Soll ich Ihnen noch irgendwas bringen?«
      »Nein. Gehen Sie zu Bett, Hedley. Ich brauche nichts.«
      Zögernd verließ er das Zimmer. Lady Helen schenkte sich noch einen Whiskey ein. Etwas Whiskey half ihr über jeden Tiefpunkt hinweg. Dann öffnete sie auf der Suche nach einem Notizblock die unterste Schublade des Schreibtischs und sah die .25er Coltpistole, die Peter ihr aus Bosnien mitgebracht hatte; daneben lag eine Schachtel Munition und ein Schalldämpfer. Es war ein reichlich gesetzwidriges Geschenk gewesen, aber Peter hatte gewusst, dass sie gern schoss und oft mit Pistolen oder auch Gewehren auf dem improvisierten Schießstand in der Scheune von Compton Place übte. Beinah geistesabwesend griff sie nach der Waffe, öffnete die Schachtel mit Munition, lud das Magazin und schraubte den Schalldämpfer auf. Eine Weile hielt sie die Pistole in der Hand, ehe sie die Waffe auf den Schreibtisch legte und sich wieder mit dem Aktenordner beschäftigte.
      Irgendwie war es schon sonderbar, dass sie Ferguson seit so vielen Jahren kannte und ihn eigentlich doch nicht kannte. Und diese Bernstein – wie ruhig und beherrscht sie mit ihrer Hornbrille wirkte; dabei hatte sie bereits vier Menschen getötet, wie es in der Akte hieß, einmal sogar eine andere Frau, eine protestantische Terroristin, die es verdient hatte, zu sterben.
      Dann Sean Dillon – geboren in Ulster, aufgewachsen bei seinem verwitweten Vater in London; von Beruf Schauspieler, Absolvent der Royal Academy of Dramatic Arts. Als er neunzehn gewesen war, hatte sich sein Vater zu einem Besuch in Belfast aufgehalten und war unglücklicherweise bei einem Feuergefecht von englischen Soldaten getötet worden. Dillon war nach Hause zurückgekehrt und der IRA beigetreten.
      »Wie es jeder hitzköpfige Neunzehnjährige machen würde«, sagte Helen leise.
      Dillon war der gefürchtetste Kämpfer geworden, den die IRA je gehabt hatte. Wie viele er getötet hatte, wusste wohl nur er selbst. Der Mann mit den tausend Gesichtern – so hatten die Geheimdienste ihn genannt. Das Einzige, was zu seinen Gunsten sprach, war die Tatsache, dass er es immer abgelehnt hatte, Bomben zu legen oder Unschuldige abzuschlachten. Er war nie verhaftet worden, bis er eines Tages in einem serbischen Gefängnis gelandet war, weil er Medikamente für Kinder eingeflogen hatte (obwohl darunter offenbar auch ein paar Stinger-Missiles gewesen waren). Ferguson hatte ihn damals vor einem Erschießungskommando gerettet und Dillon durch eine kleine Erpressung dazu gebracht, für ihn zu arbeiten.
      Lady Helen beschäftigte sich wieder mit den Söhnen Erins und kam schließlich zu Tim Pat Ryan. Sein Sündenregister war wirklich übel – Drogen, Prostitution, Schutzgelderpressung; dazu stand er unter Verdacht, IRA-Aktivisten in London mit Waffen und Sprengstoff zu beliefern, obwohl man ihm nie etwas hatte nachweisen können. Am China Wharf in Wapping besaß er einen Pub namens ›The Sailor‹. Sie holte einen Stadtplan von London und suchte darauf diese Gegend an der Themse, ehe sie zur Couch ging und sich hinlegte.
      Der Gedanke an das, was mit ihrem Sohn geschehen war, ließ sie einfach nicht mehr los. Dieser Ryan war eine Bestie, genau wie Barry und die anderen – und alle trugen zumindest eine Mitschuld an Peters grauenhaftem Tod.

      Der große Psychologe C. G. Jung wies einmal darauf hin, dass manche tief greifende Ereignisse, zwischen denen scheinbar kein Zusammenhang besteht, zur selben Zeit stattfinden, was möglicherweise kein bloßer Zufall sei, sondern eine verborgene Bedeutung habe – und vielleicht hatte er Recht. Denn während Lady Helen sich mit Jack Barry und den Söhnen Erins beschäftigte, fand in Charles Fergusons eleganter Wohnung am Cavendish Square eine Besprechung statt, in der ebenfalls diese Namen fielen. Der Brigadier saß neben dem Kamin, ihm gegenüber Chief Inspector Hannah Bernstein, die einen offenen Aktenordner auf den

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