An hoechster Stelle
überbringen.«
»Mein Gott, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Harrison griff nach seinem Taschentuch. »Ich denke, ich gehe besser zurück zu meiner Frau.«
Dillon war nicht besonders religiös. Er erinnerte sich an die katholische Kirche in County Down, die er als Junge besucht hatte, an den Weihrauch, die Kerzen und das Weihwasser, an seinen Onkel, der Priester gewesen war und viel zu gut für diese Welt – aber als er hinten in dieser alten englischen Kirche stand, erschien ihm der Gottesdienst mit den vertrauten Gesängen und der Orgelmusik und selbst die Ansprache des Priesters, der Helen Langs Leben würdigte, eher wie ein leeres Ritual. Merkwürdigerweise war Lady Helen ebenfalls Katholikin gewesen, im Gegensatz zur Familie Lang. Aber was für einen Unterschied machte das am Ende schon?
Er war froh, wieder nach draußen zu kommen, und zündete sich am Rand des Weges eine Zigarette an. Für den Augenblick hatte er die anderen aus den Augen verloren. Hedley erschien mit einem großen schwarzen Schirm.
»Noch so ein Klischee, Hedley«, sagte Dillon. »Bei einem Begräbnis muss es natürlich in Strömen regnen.«
»Sie klingen, als seien Sie wütend, Mr. Dillon.«
»Ich habe bloß das Gefühl, sie hätte was Besseres verdient.«
»Sie haben dieses Schwein für sie erledigt.«
»Das ist auch das einzig Gute.«
Die Träger brachten den Sarg aus der Kirche und trugen ihn über den Friedhof zum Mausoleum der Familie Lang.
»Eine verteufelte Frau«, seufzte Hedley. »Wissen Sie, was sie für mich getan hat?«
»Erzählen Sie.«
»Ihr Anwalt hat mich diese Woche angerufen. Eine Million Pfund hat sie mir in ihrem Testament hinterlassen – und das Haus in der South Audley Street.«
Dillon versuchte, die richtigen Worte zu finden. »Sie hat Sie gern gehabt, Hedley, und wollte, dass Sie versorgt sind.«
»Es ist bloß Geld, Mr. Dillon.« In Hedleys Augen standen Tränen. »Bloß Geld, und was ist das im Grunde schon?«
Dillon klopfte ihm auf die Schulter, ehe sie sich in die Menge einreihten und dem Sarg folgten. Als er sich umschaute, sah er auch Ferguson, Hannah Bernstein und Blake.
Der Sarg wurde ins Mausoleum getragen, der Priester sprach die üblichen Worte, und die bronzenen Türen wurden geschlossen. Unter der Tafel mit der Aufschrift ›Major Peter Lang, M.C., Scots Guards, Special Air Service Regiment 1966
1996. Ruhe in Frieden‹ war bereits eine neue angebracht worden. Auf ihr stand lediglich: ›Helen Lang. Von allen geliebt. Gestorben 1999.‹
»Das habe ich vorgeschlagen«, sagte Hedley, »weil ich wusste, dass sie was gegen große Sprüche gehabt hätte.«
»Schon bemerkenswert«, nickte Ferguson. »Ein Kranz vom britischen Premierminister und vom Präsidenten der Vereinigten Staaten. Das sieht man nicht alle Tage.«
Die Menge begann sich zu zerstreuen, und sie kehrten ebenfalls zum Parkplatz der Kirche zurück, wo auch eine Limousine der amerikanischen Air Force stand, an deren Steuer ein uniformierter Sergeant saß.
»Geht’s gleich wieder heim, Blake?«, fragte Dillon.
»Es wartet Arbeit auf mich, mein irischer Freund; du weißt ja, wie es ist.«
»Und ob.«
»Auf Wiedersehen, Brigadier.« Blake schüttelte ihm die Hand, küsste Hannah auf die Wange und stieg in den Wagen, der sofort losfuhr.
Nach und nach verließen auch die anderen Fahrzeuge den Parkplatz. »Das war’s dann«, seufzte Ferguson.
Sie stiegen in den Daimler, Dillon nahm auf einem Klappsitz gegenüber Hannah und Ferguson Platz und schloss die gläserne Trennscheibe zum Fahrer.
»Fühlen Sie sich manchmal auch so müde?«, fragte er Hannah. »So richtig müde?«
»Ich weiß, was Sie meinen, Sean, ich weiß.«
»Und was nun?«
»Es gibt immer noch Probleme, Dillon«, erwiderte Ferguson. »Im Mittleren Osten, in Afrika, Bosnien…« Er zuckte die Schultern. »Nur in Irland hat sich die Lage seit dem Friedensprozess inzwischen verändert.«
»Brigadier, wenn Sie das glauben, dann glauben Sie wahrhaftig alles.«
Dillon lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und schloss die Augen.
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