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Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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kalten blauen Schatten.
    „Du bist gekommen, Kendrick, Geliebter!“ ruft Ricia aus und wirft sich in seine Arme.
    „Ruhig“, warnt sie die Stimme des weisen Alvarlan. „Wecke nicht unsere unsterblichen Feinde auf.“
    „Ja, wir müssen zurück.“ Scobie blinzelte durch seine Au gen. „Was, um Himmels willen, ist bloß in uns gefahren? Der Spaß sollte Spaß bleiben. Wir gehen allerdings etwas zu weit damit, nicht wahr?“
    „Laß uns noch eine Weile bleiben“, bat Broberg. „Dies ist so ein großes Wunder – die Tanzhalle des Elfenkönigs, für ihn gebaut von dem Herrn des Tanzes …“
    „Denke daran, wenn wir bleiben, werden wir gefangengenommen. Deine Gefangenschaft wird dann vielleicht für immer sein.“ Scobie betätigte den Hauptschalter seines Funkgerätes. „Hallo, Mark? Hörst du mich?“
    Weder Broberg noch Garcilaso schalteten sich in den Hauptkreis mit ein. Sie hörten nicht Danzigs Stimme: „Ja! Ich hocke hier über dem Apparat und ängstige mich zu Tode. Wie geht es euch?“
    „Gut. Wir sind bei dem großen Loch und kehren wieder um, sobald ich ein paar Bilder geschossen habe.“
    „Man kennt noch keine Worte, um auszudrücken, wie erleichtert ich bin. Hat sich vom wissenschaftlichen Standpunkt aus das Risiko gelohnt?“
    Scobie schnappte nach Luft. Er starrte nach vorne.
    „Colin?“ rief Danzig. „Bist du noch da?“
    „Ja. Ja.“
    „Ich fragte, ob ihr irgendwelche wichtigen Beobachtungen gemacht habt.“
    „Ich weiß nicht.“ Scobies Stimme war kaum mehr zu hören. „Ich kann mich nicht erinnern. Seitdem wir hier herumklettern, scheint nichts mehr wirklich zu sein.“
    „Ihr kehrt am besten sofort zurück“, sagte Danzig streng. „Laß das mit den Fotografien.“
    „Du hast recht.“ Scobie rief seinen Begleitern zu: „Vorwärts marsch!“
    „Ich kann nicht“, antwortet Alvarlan. „Ein Fluch hält meinen Geist in Raucharmen gefangen.“
    „Ich weiß, wo ein Feuerdolch aufbewahrt wird“, sagt Ricia. „Ich werde versuchen, ihn zu stehlen.“
    Broberg schritt nach vorn, als wolle sie den Krater hinabsteigen. Kleine Eiskörner vor ihren Stiefeln rieselten über den Rand des Abhangs. Es fehlte nicht viel, und sie würde den Halt verlieren.
    „Nein, warte“, ruft ihr Kendrick zu. „Das ist nicht nötig. Die Spitze meines Speeres hat eine Mondlegierung; sie schneidet …“
    Der Gletscher erzitterte. Der Überhang brach. Das Eis, auf dem die Menschen gerade noch standen, löste sich und stürzte in den Krater, gefolgt von einer Lawine. Hoch aufwirbelnde Kristalle glitzerten im Sonnenlicht; in Prismen gebrochene Lichtblitze wetteiferten mit den Sternen, senkten sich langsam und erloschen.
    Außer dem dumpfen Beben durch das Eis geschah dies in der absoluten Stille des Alls.
     
    Herzschlag für Herzschlag kam Scobie wieder langsam zu Bewußtsein. Er lag da, in Dunkelheit und Schmerzen, zu keiner Bewegung fähig. Sein Raumanzug hatte ihn am Leben gehalten und schützte ihn auch weiter. Er war zwar tief gestürzt, schien aber nicht hart aufgeprallt zu sein. Jeder Atemzug schmerzte enorm. Auf seiner linken Seite schienen eine oder zwei Rippen gebrochen zu sein. Der Aufschlag mußte immerhin so stark gewesen sein, daß die Eisenarmierung seines Raumanzuges eingedrückt wurde. Er lag unter einer Eismasse begraben, die so schwer auf ihm lastete, daß er sich nicht bewegen konnte.
    „Hallo“, keuchte er. „Kann mich jemand hören?“ Aber alles, was er zu hören bekam, war sein eigener, wild schlagender Puls. Das Funkgerät mußte eigentlich noch funktionieren, denn es war in seinem Anzug eingebaut. Also schienen wohl die Eismassen um ihn herum die Radiowellen abzuschirmen.
    Das Eis absorbierte ebenso seine Wärme, und zwar in einer beängstigenden Schnelligkeit. Er empfand keine Kälte, da das elektrische System Energie aus seinen Treibstoffzellen zog, soviel, um ihn warm zu halten und ihn mit chemisch wiederaufgearbeiteter Atemluft zu versorgen. Durch das zuletzt Genannte wurde natürlich die meiste Energie verpufft. Der Wärmestrahlenaustausch durch seinen Anzug ging nur langsam vonstatten. Seine mit Kerosinschaum beschichteten Stiefelsohlen ließen nur ein sehr kleines Quantum an Wärme durch. Und dennoch leitete jeder Quadratzentimeter seines Anzuges Wärmeenergie ab. Eine Reserveeinheit befand sich in der Versorgungsausrüstung auf seinem Rücken, aber er hatte keine Möglichkeit, an sie heranzukommen.
    Es sei denn … Er spürte, die Hoffnung war noch nicht verloren.
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