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Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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für ein paar Stunden wohlverdienten Schlafes.
    Auch Kenton ging mit ihnen. Die Endergebnisse der Auswertung der Daten von heute nacht würden nicht vor den Morgenstunden verfügbar sein, und in der Zwischenzeit hatte er genügend Stoff zum Nachdenken. Es war an der Zeit, so entschied er, für seine erste Unterhaltung mit einem Thrulmodier – von Angesicht zu Angesicht.
     
    „Das hier ist er“, sagte Anne und deutete auf einen violett gepanzerten Fremden, der aus dem Flügel der Thrulmodier kam.
    Für Kenton sahen sie immer noch alle gleich aus, aber er war bereit, sich auf Annes Wort zu verlassen. Gemeinsam traten sie vor, und Kenton berührte einen Schalter an seinem Kehlkopfmikrofon. „Doktor, ich bin medizinischer Beobachter“, sagte er, wobei er die Worte und Phrasen verwendete, die erfahrungsgemäß am leichtesten übersetzt wurden. „Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten, wenn es Ihre Zeit erlaubt.“
    Der Fremde blieb bewegungslos stehen, bis die Computerübersetzung zu Ende war. Dann begann sein Obermund sich zu bewegen. „Meine Zeit erlaubt es“, flüsterte es in Kentons Kopfhörer. „Sprechen Sie, Beobachter.“
    „Der Adjutant Ihres Botschafters hat seit nunmehr drei Tagen sein Zimmer nicht mehr verlassen. Wir sind um seine Gesundheit besorgt.“
    „Solche Fragen gehen Sie nichts an. Mein medizinischer Assistent und ich werden uns jeder anfallenden Krankheit annehmen.“
    „Aber ist es nicht möglich, daß die Krankheit eines Thrulmodiers auch auf einen Menschen übertragen werden könnte?“ fragte Kenton behutsam. „In einem solchen Fall müßte unsere Ärztin …“ – er deutete zu Anne – „… alles Notwendige über die Krankheit wissen, vor allem, wie man sie richtig behandelt.“
    Wieder stand der Thrulmodier mehrere Sekunden lang bewegungslos, dann wand er seine Schwanzspitze. „Nun gut. Ich vermute, Sie sind über den Zustand des Adjutanten informiert?“
    „Unser Wissen ist gering.“ Kentons Enthüllung schien Anne zu schockieren, aber da der Arzt sowieso schon etwas von den Überwachungseinrichtungen ahnte, sah Kenton keine Veranlassung mehr, seine Vermutung nicht zu bestätigen. Politisch gewitzt, wie die Thrulmodier durchaus waren, war ihnen das Konzept des ‚offenen Geheimnisses’ sicher nicht unbekannt oder unverständlich.
    „Diesen Zustand macht jeder von uns in bestimmten Zeitintervallen durch, und wir nennen es Wiedergeburt“, erläuterte der Doktor. „Es ist eine Zeit der Reinigung von Geist und Körper. Wiedergeburt ist keine Krankheit, sondern eine Ausmerzung von Krankheiten. Sie stellt keine Gefahr für die Menschen dar. Mehr müssen Sie nicht wissen.“
    „Wie oft findet eine solche Wiedergeburt statt?“ fragte Anne.
    „Damit ist das Gespräch beendet.“ Er klopfte einmal mit dem Schwanz auf den Boden und entfernte sich dann.
    Anne starrte ihm nach. Offensichtlich dachte sie zu angestrengt nach, um sich über das brüske Verhalten des Fremden ärgern zu können. Kenton ergriff ihren Arm und führte sie zum medizinischen Flügel.
    „Glauben Sie, er sagt die Wahrheit?“ fragte sie unterwegs.
    Kenton erinnerte sich gerade noch daran, das Kehlkopfmikrofon abzustellen, bevor er antwortete. „Soweit ich weiß, hat bisher noch niemand einen Thrulmodier bei einer Lüge ertappen können. Außerdem paßt die Erklärung des Doktors zu den beobachteten Fakten.“
    „Eine faszinierende Vorstellung“, sagte Anne. „Wie das Häuten einer Schlange, allerdings auf einer wesentlich komplexeren Ebene.“ Aber Kentons ausweichende Antwort auf ihre Frage tat plötzlich ihre Wirkung. „Glauben Sie ihm denn nicht?“
    Kenton zuckte die Achseln. „Für den Augenblick halte ich ihn für ehrlich. Aber ich lasse alle Türen offen.“
    Sie schnob. „Zyniker.“
    „Das ist Teil des Jobs – für uns beide.“
    Sie schnob nochmals, danach legten sie den restlichen Weg schweigend zurück.
    In der Morgendämmerung des folgenden Tages, nach nahezu zehn Stunden ununterbrochenen Essens, war der Adjutant wieder an der Seite des Botschafters. Er schien völlig gesund zu sein.
     
    Die Verhandlungen mit den Thrulmodiern kamen im Schneckentempo voran und schienen bereits Ewigkeiten anzudauern. Trotz der zunehmenden Datenberge in den Übersetzungscomputern brach die Kommunikation hin und wieder zusammen, üblicherweise zu den ungünstigsten Zeitpunkten. Überdies erwiesen sich die Außerirdischen als ebenso geduldig wie in ihren Forderungen unnachgiebig, und es wurde immer

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