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Analog 04

Analog 04

Titel: Analog 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Regen zu finden. Tagsüber hielten sie sich kaum dort auf. Ein schattiger Platz bedeutete ihnen nichts. Manchmal jedoch luden sie Chris und Martina tagsüber zu einem Gespräch unter ihren Dächern ein. Meistens waren sie allerdings zu geschäftig, um stillzusitzen. Es gab immer etwas zu tun, sogar für das kleinste Kind und auch für ihre Gäste, die Xenologen. Martina hatte inzwischen einiges Geschick beim Nüsseknacken mit einem Stein gewonnen.
    An diesem Abend ging sie zum Laubdach des Häuptlings. Dieser behandelte sie immer sehr respektvoll, da er die Überlegenheit von Wesen, die durch die Luft fliegen konnten, durchaus anerkannte und ihr einen hohen Platz in der Rangordnung dieser Wesen zuschrieb. Anders als die Wilden auf manch einem anderen Planeten, war der Häuptling so verständig, daß er die Menschen nicht für Götter hielt. Vielleicht fehlte ihm dazu aber auch einfach die Vorstellungskraft, dachte Martina manchmal bei sich.
    Der größte Teil der Häuptlingsfamilie hatte sich unter dem Dach versammelt, im flackernden Feuerschein reparierten sie ihre Waffen. Als sie näher kam, hob der Häuptling eine Hand. Das war der Gruß, mit dem er ein Wesen seines Geschlechtes begrüßte, das einen geringfügig niederen Platz in der Rangordnung innehatte. Martina erwiderte die Begrüßung in der erwarteten Weise: mit einer kurzen ruckhaften Vorbeugung des Oberkörpers. Nachdem sie diese Förmlichkeit vollzogen hatte, stand es den Frauen, Mitgatten und Kindern frei, das Wort an sie zu richten.
    Sie nahm sich einen Speerschaft von dem Stapel neben Ferilara, dem ältesten Sohn des Häuptlings, dazu eine Steinspitze, um sie daran zu befestigen. Offenbar war die Spitze einmal abgebrochen, und man hatte sie sorgfältig so zugespitzt, daß man sie wieder verwenden konnte. „Der Älteste“, sagte Martina in Jinrah-Sprache, „versteht sich auf das Herz der Steine.“
    „Er hat es sein ganzes Leben lang geübt“, erwiderte Ferilara, „wenn der Besucher aus dem Himmel häufiger üben würde, würde er es auch verstehen.“
    „Das ist wahr“, sagte Martina. Sie hatte das Steinschlagen probiert, aber schnell wieder aufgegeben. Als sie während der Schulzeit Steinwaffen von der Erde kennenlernte, hatte sie deren Schärfe nicht besonders erstaunlich gefunden. Jetzt achtete sie diese Waffen und die Leute, die sie hergestellt hatten, höher als damals.
    Aro, eine der Häuptlingsfrauen, kroch zu Martina herüber. Sie war das zweitjüngste erwachsene Mitglied der Gruppe, noch nicht einmal so alt wie Ferilara, und sie war kleiner als eine durchschnittliche Jinrahfrau; sie reichte Martina gerade bis zum Ellenbogen. Wegen ihrer geringen Größe wurde sie von den anderen Erwachsenen sehr zuvorkommend behandelt. Sie nahmen ihr schwere Lasten ab und halfen ihr bei der Arbeit. Sie wird geradezu verhätschelt, dachte Martina. Um diese Privilegien zu rechtfertigen, hatte Aro es übernommen, oder man hatte es ihr aufgetragen – Martina wußte nicht, wie es sich tatsächlich verhielt –, sich der ältesten Tochter des Häuptlings anzunehmen. Shi’Lor, so hieß sie, befand sich gerade im Übergangsstadium zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter, und es mußte jemanden geben, der darauf achtete, daß die Tochter all die neuen Regeln und Tabus beachtete, die nun für sie galten.
    Aro fragte: „Hat der Besucher aus dem Himmel auf seinem Weg hierher die Tochter Shi’Lor gesehen?“
    „Nein“, antwortete Martina.
    Aro zögerte, dann kroch sie noch näher heran. „Der Regen fällt. Es ist nicht gut, wenn man im Regen draußen ist.“
    Martina sah über das Feuer hinweg in die feinen Nieseltröpfchen, die im Flackerschein aufblitzten. „Bald wird es noch stärker regnen“, sagte sie. „Warum ist Aro denn nicht bei Shi’Lor?“
    Aro seufzte leise. „Shi’Lor war bei ihrer heiligen Schwester und brauchte ihre Beschützerin nicht. Aro hatte Hunger.“
    Martina legte den Speer auf den Boden. Die, ‚heilige Schwester’’ war die eine, bestimmte Pflanze im Familienhain, die zu Shi’Lor gehörte und der viele ihrer Rituale galten. Also war Shi’Lor allein dort draußen im nächtlichen Regen. Sie war ein lebenslustiges, freundliches Wesen und hatte Martina mit vielen anderen Jinrah bekannt gemacht. „Wenn Aro nach Shi’Lor sehen möchte, dann wird sie der Besucher aus dem Himmel begleiten.“
    „Der Regen fällt“, erwiderte Aro. „Es ist nicht gut im Regen draußen zu sein.“
    Ferilara erhob sich, er ragte hinter Aro

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