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Analog 06

Analog 06

Titel: Analog 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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den Ausländern, die unter wer weiß welchen Entbehrungen Pilgerzüge auf sich nahmen, nur weil die Priester freizügig in der Auslegung eines göttlichen Wunsches waren und du dich nicht selbst um die Konsequenzen gekümmert hast? Und was, o Himmelssänger, ist mit mir ? Während ich mit dir lange Unterhaltungen geführt habe, während ich deine üblen Launen mit meinen Liedern besänftigte, während ich ständig daran gedacht habe, wie ich dich erfreuen könnte – während dieser Zeit sind alle meine Freunde gestorben oder weggegangen oder haben sich verändert. Schimmere mir nicht mehr von himmelhohen Spekulationen und epischen Abenteuern, die ich doch zeit meines Lebens niemals sehen werde! So wie du niemanden hast, der dich beim Freundesnamen nennt, gibt es auch keinen mehr, der mich mit dem Namen Wink anblinkt!“
    Ös verlangsamte sein abgehacktes Pulsieren, und ein rosiger Schimmer umgab all seine Symbole. „Also werde ich von nun an diesen Namen der Freundschaft bewahren, Kleines … wenn du mich als Freund annehmen möchtest?“
    Nun endlich gab Wink sich geschlagen. „Du weißt, Himmelssänger, es war mir die größte Ehre, daß du dich entschlossen hast, einen Teil deiner Gedanken mit mir zu teilen, als wären wir Gleichgestellte. Wenn du mir deine Freundschaft anbietest, wie könnte ich sie ausschlagen? Doch sicherlich verstehst du in deiner großen Weisheit, daß es zwar eine große Ehre für mich ist, meinen Namen in deinen Farben zu sehen, ich aber trotzdem denselben Namen in den vertrauten Spektren meiner Kameraden vermisse.“
    Überrascht und gekränkt sah sie silbernes Lachen unter den Wellen.
    „Was habe ich mir aufgebürdet, eine solche Rasse zu erziehen! Wink, versuche nicht, deine inneren Augen so fest zu verschließen. Öffne sie und betrachte deine Gedanken: Ist deine Traurigkeit ein Seelenhunger oder nur eine vorübergehende Melancholie?“ Da sie dunkel blieb, fuhr Ös fort. „Ich kenne dein Volk besser, als ihr euch selbst kennt. Ich hatte die Gelegenheit, Hunderte von Generationen zu beobachten, du aber, Kleines, nur den ersten Teil einer einzigen Lebensspanne. Dabei habe ich herausgefunden, daß nur ein Geschlechtsloser wie ich wirklich lieben kann. Das heftigste Gefühl, dessen ein Er oder Sie fähig ist, ist eine Art von panzergebundener Sentimentalität. Ich habe darüber nachgedacht und kam zu dem Ergebnis, daß es daran liegen könnte, daß die Ers und Sies niemals tief empfinden, die Ös’ – ja, auch eure Geschlechtslosen sind in gewissem Sinne Ös – aber sehr wohl. Die Ös widmen ihr Leben der Sorge um andere, während die Ers und Sies einzig für abstrakte Konzepte, Ideale und Gruppenidentitäten leben. Wenn die Zeit kommt, werden meine Pläne auch für euch Früchte tragen, doch belästige mich nicht mit deiner altmodischen Sehnsucht nach deinen Freunden. Diese Sehnsucht, Grünauge, ist nichts weiter als ein Gefühl der Nostalgie für die alten Zeiten, die vergangen sind und niemals wiederkehren können. Keiner deiner Art nimmt Veränderungen gerne hin. Ich weiß nicht genau, woran das liegt. Es könnte damit zusammenhängen, daß die Verpuppung in größere Panzer während der Kindheit eine so traumatische Erfahrung für euch ist. Dies ist das einzige, was Zweifel in mir weckt, ob ihr wirklich rückhaltlos für das große Projekt geeignet seid. Doch Veränderung und Anpassung sind die Grundlagen meiner Rasse, und vielleicht kann jeder den anderen soweit beeinflussen, daß die große Allianz doch von Erfolg gekrönt sein wird.
    Nein, warte, unterbrich mich nicht. Denke ernsthaft nach, kleine Freundin. Du bist zornig auf die Priester, du bist zornig auf mich, und wahrscheinlich bist du auch zornig auf das Wetter, denn wir alle haben uns gegen dich verschworen, um dir dein altes Leben wegzunehmen. Aber wer, so frage ich dich, kam jede Nacht hierher, Sturm oder Sternenlicht, um zu studieren, zu singen und zu philosophieren? Wer weckt die armen, schwer arbeitenden Ruderer mit jeder Dämmerung früher? Und wer ist diejenige, die bereitwillig ihr Leben aufgegeben hat, und aus welchem Grund? Ergebenheit und Pflichtbewußtsein? Das glaube ich nicht. Ich glaube, du findest mich ebenso unterhaltsam wie ich dich. Ist es nicht so?“ Doch Wink weigerte sich störrisch, auch nur ein Fünkchen von sich zu geben. „Sei nicht kindisch“, wies Himmelssänger sie zurecht. „Was die Manipulation und Kontrolle deiner Rasse anbelangt, so bin ich bereit, auf jede Anklage einzugehen, die

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