Analog 07
sich. Er war in braune Gewänder gekleidet und hatte eine gepuderte Perücke auf dem Kopf. Sie paßte allerdings nicht besonders gut und störte die Anmut seiner altmodischen Verbeugung, indem sie ihm ins Gesicht rutschte.
„Ein Vergnügen, Euch wohlbehalten wiederzusehen, mein guter Freund, gewiß, das ist es“, sagte er ruhig und mit steifem Akzent, während er die Perücke wieder zurechtrückte. „Und Eure Bekanntschaft zu machen, Sir“, fügte er an Brob gewandt hinzu, „wie ich im Augenblick die Ehre habe. Nehmt Platz, und erfrischt Euch ein wenig.“ Er läutete mit einem Glöckchen. Das Personal war bereit, denn auf der Stelle trat ein livrierter Diener ein, der ein Tablett mit drei Gläsern und einer verstaubten Flasche trug. „Exzellenter Portwein, wenn ich dies einmal bemerken darf.“ Dann, indigniert: „Der Gedanke, daß Boney uns vom Nachschub dessen abschneiden will! Teuflischer Flegel, was? Nun, verdammich, der wird noch andere Töne pfeifen, und zwar aus sehr trockener Kehle, wenn wir ihn erst nach St. Helena verbannt haben.“
Alex nahm Platz und nippte behutsam an seinem Pokal. Bei dem Getränk handelte es sich immer um ein und dasselbe teuflische Brennereierzeugnis, das als Sherry, Brandy, Rum, Whiskey oder was sonst von der Situation verlangt wurde, bezeichnet wurde. „Ich befürchte, Lord Oakheart“, sagte er vorsichtig, „Bonaparte wird kaum die Absicht haben, nach St. Helena zu gehen. Statt dessen …“ Er verstummte, weil der Kiefer des Hokas herunterklappte. Er wandte den Kopf, um nach der Ursache hierfür zu sehen. Er sah Brob. Der hünenhafte Raumfahrer hatte das Getränk höflich hinuntergeschluckt. Blaue Flammen schlugen aus seinem Mund.
„Ähem, dies ist mein Begleiter von Brobdingnag“, erläuterte Alex.
„Von wo?“ fragte Oakheart. „Ich will sagen, dieser Swift hat durchaus einige interessante Einfälle, aber ich wußte nicht, daß sie jemand in die Tat umgesetzt hat … bisher.“ Dann nahm er den britischen Habitus wieder an und schnupfte eine Brise.
Alex faßte sich innerlich. „Mylord“, sagte er. „Ihr wißt, weswegen wir gekommen sind. Ein bewaffneter Konflikt kann nicht erlaubt werden. Die Differenzen zwischen Seiner Majestät und dem Imperator müssen friedlich beigelegt werden. Diesbezüglich sind meine guten Ratschläge verfügbar, und ich muß darauf drängen, daß sie befolgt werden. Der erste Schritt für Euch und Eure Leute besteht darin, den Spanienfeldzug abzusagen.“
„Unmöglich, Sir, unmöglich“, schnaufte der Hoka. „Lord Nelson segelt morgen von Plymouth los. Wohl hat er derzeit nur die Heimatflotte unter seinem Befehl, doch sind Kuriere in die Kolonien unterwegs. Wir werden alle unsere Kräfte vereinen, ehe wir bei Trafalgar losschlagen. Wie sonst sollten wir sie denn aufhalten? Nein, der britische Löwe wird die elenden Franzmänner zertreten.“
Alex dachte rasch nach. Eine führerlose Armada besaß immer noch ein größeres Potential, Schaden anzurichten, als eine, die unter dem Befehl ihres respektierten Admirals stand. „Einen Augenblick“, bat er. „Die Windjammer werden zwei oder drei Wochen benötigen, den Punkt des Rendezvous zu erreichen, wohingegen die spanischen Schiffe nur zwei oder drei Tage segeln müssen. Weshalb startet Nelson schon so früh?“
Oakheart bestätigte seine Vermutung: „Aufklärung, Sir, um Geheimdienstmeldungen über die Bewegungen des Feindes zu sammeln und ihm eines auszuwischen, wann immer er sein feiges Antlitz zeigt und weniger Schiffe als wir zur Hand hat.“
„In diesem Fall werde ich mitkommen. Ich könnte Lord Nelson vielleicht mit einigen wertvollen Tips zur Seite stehen. Wichtiger aber: Wenn ich am Schauplatz präsent bin, könnte ich beginnen, mit den Franzosen Verhandlungen zu führen.“
Oakheart runzelte die Stirn. „Unmöglich. Es besteht hierbei größte Gefahr, das Gesetz über die absolute und strikte Geheimhaltung zu verletzen. Ich fürchte, ich kann keine Zustimmung erteilen, da …“
Alex hatte aber mittlerweile gelernt, wie man die Hoka-Logik gegen sich selbst wenden konnte. „Vergeßt nicht, Mylord, ich bin der akkreditierte Gesandte eines souveränen Staates, mit welchem der Eure Verträge geschlossen hat und Handelsbeziehungen aufrechterhält. Ich bin sicher, die Regierung Seiner Majestät wird mir die üblichen diplomatischen Gefälligkeiten nicht verwehren.“
„Nun … äh … aber wenn Ihr schon mit diesem Emporkömmling Bonaparte reden müßt, weshalb
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