Analog 07
sapiens.
Jedoch wurde erst vor kurzem, nach Jahren erschöpfender Hintergrunduntersuchungen und Analysen ein mögliches Verbindungsglied bemerkt. Es war eine offensichtliche Verbindung, aber zeitlich so entfernt, daß wir ihre Bedeutung fast übersahen, ganz entsprechend der verbreiteten wissenschaftlichen Tendenz, nach dem Unwahrscheinlichen zu suchen und das Wahrscheinliche zu ignorieren.
Die Großmütter dieser Kinder waren alle im gleichen Alter, geboren innerhalb einer Spanne von zwei Jahren. Alle wurden empfangen, während die große Grippeepidemie von 1918/19 wütete …
Dieses „Zusammentreffen“ macht seine Implikationen mehr als deutlich: eine umfassende genetische Veränderung, zurückzuführen auf spezifische Virusinvasionen, die jede Keimzelle vor und/oder während der Zygoten-Formation, aus der die Großmütter entstanden, beeinflußten und je eine Hälfte der Matrix schufen, die zwei Generationen später zusammengefügt wurden, um dann zu den „gesunden“ AA und AB-Kindern zu werden.
Ich persönlich zweifle nicht daran, daß dies die Erklärung ist; aber diese Information ist erst vor so kurzer Zeit ans Licht gekommen, daß wir noch keine Zeit hatten, diese Frage genau zu studieren, und anzunehmen, daß etwas wahr ist – selbst eine feste, innere Überzeugung –, ist nicht dasselbe, wie es zu beweisen. Ich hoffe, Du wirst eines Tages Gelegenheit haben, diese Frage in Deinen eigenen Studien zu bearbeiten. Sie verlangt nach einer Beantwortung.
Nach vielem Nachdenken nannten wir diese neue Spezies Homo post hominem, d. h., ‚der Mensch, der nach dem Menschen kommt’, weil es scheint, daß diese Mutation evolutionär ist, und weil, nach einer gewissen Zeit und vorausgesetzt, es ist wahr (es gibt keinen Grund, etwas anderes anzunehmen – die Chromosomenuntersuchung deutet nämlich darauf hin, daß die Mutation dominant ist, d. h. daß ein Sapiens/Hominem-Paar unfehlbar ein Hominem-Kind zeugt), sie den Homo sapiens ganz ersetzen wird.
Wundervolle Sache, das menschliche Nervensystem, gewöhnt sich sehr rasch an tödliche Schocks. Habe nicht einmal geblinzelt, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel – hatte es vielleicht dem ganzen Aufbau nach schon geahnt, fragte mich nur, wie es wohl formuliert war.
Sehr nett, ohne Trara, eine einfache Feststellung von Tatsachen:
Du, mein Kind, bist ein Homo post hominem. Du bist wesentlich jünger als Deine Kameraden in der Studiengruppe und warst niemals selbst an der Studie beteiligt. Deine Identifizierung und Einbeziehung in unsere Analysen erfolgte spät und unter verwickelten und amüsanten Umständen.
Die Fosters hatten sich, wie Du weißt, schon lange ein Kind gewünscht und ebenso lange gewußt, daß sie nie eins bekommen würden. Als Deine leiblichen Eltern starben, war es vollkommen vorhersehbar, daß sie keine Zeit verloren, um Deine Adoption sicherzustellen (was völlig verständlich ist, denn Du warst ein besonders liebenswertes Baby).
Weder Daddy noch ein anderer aus der Arbeitsgruppe dachte daran, mich zu testen, war zehn Monaten „unbewachter Elternschaft“ ausgesetzt gewesen, war „beeinträchtigtes Objekt“. Außerdem war Daddy nicht daran interessiert, mich zu studieren, wollte nur seinen Spaß daran, sein „kleines Mädchen“ aufzuziehen. Professionelle Zuständigkeit zerbröckelte vor dem Ausbruch atavistischer väterlicher Fürsorge. Sehr tadelnswert.
Mama war dagegen, fühlte, daß Bestimmung des Potentials nützliche Informationen für die Kindererziehung bringen könnte. Hielt sich an das langerprobte Rezept für eine friedliche Ehe, behielt ihre Zweifel für sich, unternahm jedoch Schritte:
Setzte dem Stab gegenüber durch, mich zu testen – ohne Wissen von Daddy.
Tests erwiesen sich als positiv, aber nachfolgende Bestimmung des „Gesund“-Status wurde nicht durchgeführt – kam disziplinblinden Wissenschaftlern nicht in den Sinn, und Mama wußte es nicht besser, also bestand sie nicht darauf.
Du warst ein Genie, sie war dessen sicher. Und deshalb unternahm sie es selbst, dafür zu sorgen, daß Du in der gleichen „bevorzugten“ Weise aufgezogen wurdest wie die anderen AAs – mit Ausnahme der Tatsache, daß der Doktor nicht wußte, was vor sich ging. Er fuhr fort, sich wie früher an „Daddys kleinem Mädchen“ zu freuen, über die Vorteile von „Liebe und Verständnis“ zu schwätzen usw. Und wir anderen, nachdem wir uns gegenseitig geschworen hatten, das Geheimnis über Deinen Test zu
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