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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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den Gedanken zu fassen – bin so VERDAMMT aufgeregt …! Werde es versuchen, muß es versuchen. Sonst werde ich am Ende die besten und wichtigsten Stellen auslassen. Denn wenn mir die Haare nicht mehr zu Berge stehen und mein Blutdruck wieder gesunken ist, werde ich alles vergessen haben. Oh, ich muß mit diesem Schwachsinn aufhören. Muß zurück zur zeitlichen Reihenfolge. Also …
    Tief einatmen … langsam ausatmen … Herz rast nicht mehr. Körperliche Ruhe … Gelassenheit … ah … hm …
    Verblüffend, hat wieder gewirkt.
    Okay, erwähnte die Plackerei heute morgen. Brachte zwei Ladungen hinüber, kam zurück, um die dritte zu holen. Fertig, alles in den Wagen geladen, auf der Farm alles, was ich meiner Meinung nach dort brauchen würde. War aber noch immer unruhig, wußte jedoch nicht warum. Konnte nicht sein, weil ich Angst hatte, etwas zu vergessen, Farm ist nur kurze Fahrt entfernt, Versäumnis kein Grund zur Aufregung. Entdeckte schließlich, woher diese nicht zu beseitigende Unruhe stammte: War Zeit, daß ich meine Pflicht tat. Hatte sie zuerst vermieden, konnte den Gedanken nicht ertragen.
    War danach so beschäftigt, daß es mir entfallen war. Aber jetzt erinnerte ich mich. Soo Kim McDivott. Lehrer. Freund.
    Ist Pflicht eines Freundes, sich um die letzte Ruhestätte zu kümmern.
    War jetzt im großen und ganzen daran gewöhnt, dem Tod per se ins Gesicht zu sehen, war in den letzten Tagen ungerührt geblieben von den Tausenden von Leichen, über die ich während meiner Fahrten gestolpert war. War z. B. auch kein Problem, Mr. Haralsen von seiner Veranda zu einem angemesseneren Platz neben seiner Frau und den Kindern zu bringen; beendete diese Arbeit sogar mit einem warmen Gefühl im Inneren. (Vermute, erstes Trauma wurde hervorgerufen durch plötzlichen Schock über die Ereignisse, die Enormität und Vollständigkeit der Isolation.) Zustand jetzt verbessert, fühlte, daß ich meinem alten Freund den letzten Dienst erweisen konnte, mehr noch, verspürte ein Bedürfnis danach.
    Ging zum Nachbarhaus, suchte nach seiner Leiche. Durchsuchte das ganze Haus, oben, unten, im Keller – warf sogar einen Blick auf den Speicher.
    Kehrte schließlich in die Bibliothek zurück. Lehrer hatte sie als Arbeitszimmer benutzt, hier stand sein Schreibtisch, hier hatte er seine liebsten, eselsohrigen Nachschlagewerke gleich zur Hand. Hoffte, dort einen Fingerzeig für seinen Aufenthaltsort in dem Gewirr zu finden.
    Zuerst fiel mein Blick auf die „Akte Tarzan“, die auf dem Schreibtisch lag. Großer Umschlag war darauf, auf der Vorderseite beschrieben. Ich warf einen Blick auf die Worte. Das Blut gefror mir in den Adern.
    War an mich gerichtet!
    Machte ihn los, öffnete ihn mit plötzlich zitternden Fingern. In der peinlich sauberen, schönen Schrift des Lehrers, wie die Jeffersons auf der Unabhängigkeitserklärung, stand dort:
     
    Liebste Candidia,
    es ist die wohlüberlegte Meinung einiger gelehrter Männer, die mit deiner Situation vertraut sind, darunter Dr. Foster und ich selbst, daß Du die Seuche überleben und dies finden und lesen wirst. Der Viruskomplex, den der Feind benutzt, kann Dir nichts anhaben, wie wir wissen, denn er wurde geschaffen als Mittel gegen den Homo sapiens.
     
    Ließ den Brief fast fallen. Man brauchte sicherlich kein Genie zu sein, um die Implikation zu bemerken. Nahm einen tiefen Atemzug und las weiter:
     
    Ich weiß, mein Kind, daß diese Feststellung Dir vorkommen muß wie das aufgeregte Geschwätz eines alten Mannes …
     
    Geschwätz? Lehrer? Ha! War zwar alt, hatte ja auch schon viel erlebt (und nicht nur Erfreuliches). War wahrscheinlich auch aufgeregt, schließlich passierte sehr viel, als er das schrieb. Aber schwätzen? Lehrer? An dem Tag, an dem er schwätzt, erklärt St. Nikolaus seinen Rücktritt und nimmt einen Job als Skilehrer auf den herrlichen Pulverschneehängen verschiedener Orte an. Ich schwätze, aber jedes Wort vom Lehrer ist präzise und korrekt.
    Präziser, korrekter Brief lautete weiter:
     
    … aber bitte, bevor Du Dir eine Meinung bildest, tu mir den Gefallen und lies erst den Brief zu Ende und sieh Dir die zusätzlichen Beweise an, die fünfundzwanzigjährige, genaueste Untersuchungen von mir und anderen dokumentieren.
    Beachte, daß in den 1284 Fällen, in denen wilde Tiere der verschiedensten Arten Menschenkinder „adoptierten“, sich keins (mit Ausnahme der allerjüngsten, die noch aus der Wildnis zurückgeholt wurden, ehe sie drei Jahre alt waren)

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