Analog 3
Hiag ins Wasser und stellte sich mit dem Rücken gegen eine Wand.
Der Mann erholte sich schnell wieder von dem Schlag und schlich sich langsam näher. Der Hiag vergeudete keine Zeit mit Hilferufen, denn die Anlegestelle war immer noch menschenleer. Er stellte sich auf die Zehen und bereitete sich auf ein Ausweichmanöver vor: Im Geiste blätterte er durch die Seiten eines Hai-Ganzai -Handbuches, das er sich von der Bücherei ausgeliehen hatte.
Der Mann zog ein Messer. Der Hiag zielte mit einem Shika -Tritt gegen seine Leiste. Der Angreifer schlug mit dem Messer nach Billys Fuß, verfehlte ihn, lenkte aber den Tritt ab: Das Messer blitzte in einem geschickten Bogen abwärts. Der Hiag wehrte mit seinem Arm ab; hörte Stoff zerreißen und fühlte einen stechenden Schmerz, als die Klinge seinen Unterarm aufritzte. Er schlug mit seiner Faust wild um sich, fühlte Knochen knirschen; er schwankte, seine Füße wurden unter ihm weggerissen; er fiel auf die Seite. Das erhobene Messer blitzte auf, senkte sich auf ihn herab …
Ein gleißender Blitz blauen Lichts warf schwarze Schlagschatten und verwandelte die Szenerie in ein scharfes Relief. Ein knackendes Geräusch wie die Entladung elektrischer Spannungsfelder ertönte. Das Messer fiel aus einer leblosen Hand, und der Körper des Angreifers sackte plötzlich zusammen.
Otis Pigge steckte die Laserpistole zurück in seinen Gürtel. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung, Jarneyvore?“
Der Hiag setzte sich aufrecht hin und lehnte seinen Rücken gegen die Wand. „Ein Schnitt am Arm. Weiß nicht, wie schlimm. Blutet etwas. Zum Teufel.“ Es war inzwischen heller geworden, Pigge konnte sich die Verletzung genauer ansehen. Die Wunde war tief, aber die Klinge hatte keine Arterie getroffen. Geschickt band er den Arm mit einem Streifen, den er von seinem Hemdsärmel riß, ab. „Am besten bringen wir Sie jetzt zu einem Arzt“, sagte Pigge, „und informieren Lurkin Mole darüber, daß er eine Leiche fortschaffen kann.“
Die Rolltreppe setzte sich in Bewegung. Billy wollte wissen, was Pigge an die Anlegestelle geführt hatte.
„Die Sorge um Sie.“
„Warum? Trauen Sie mir nicht?“
„Hängt davon ab, worin ich Ihnen trauen soll. Ein Verbrechen zieht Verbrecher nach sich. Verbrecher sind nicht unbedingt freundlich zu Schnüfflern, besonders nicht in einem Kidnapping-Fall, bei dem es um Multimilliarden Kroon geht. Sie haben ein Interesse daran herauszufinden, wie weit man in ihrer Verfolgung gediehen ist. Als sich also Billy, der Hiag, eine wunderschöne Freundin zulegte …“
„Verdammt, Pigge.“
„… war ich umsichtig genug, ein Auge auf ihn zu werfen. Und als er der Dame erzählte, wie das Verbrechen begangen wurde, hatte ich plötzlich Angst um ihn. Ich vermutete richtig, daß Sie hier vorbeikommen müßten, aber die Anlegestelle schien mir sicher zu sein. Der Kerl hatte mich schon bemerkt. Ich glaube , er hatte sich hinter dem Kai versteckt. Er zischte ab wie eine Wasserschlange. Daraufhin habe ich ihn nicht mehr gesehen, bis er über sie herfiel. Ein Glück, daß ich ihn sauber ins Visier bekam. Einen Augenblick lang dachte ich schon, die Gelegenheit nicht mehr zu bekommen.“
„Jedenfalls vielen Dank. Aber ich bin nicht total verrückt. Ich habe mich über Lindilu bereits selbst bei der Einwandererbehörde informiert. Hatte die gleiche Vermutung wie Sie. Aber sie ist sauber. Warum sind Sie so sicher, daß sie mir an den Kragen wollte?“
„Sicher bin ich nicht … noch nicht.“
„Aber …“
„Aber da liegt eine Leiche auf dem Kai, und die sollte eigentlich Ihre sein. Eine Einwandererbehörde weiß nur das, was man ihr erzählt. Der wirkliche Name ihrer jungen Dame ist Alaya de Flore Strooghn.“
„Das will gar nichts heißen“, meinte der Hiag.
„Viele reiche Leute reisen incognito.“
„Der Strooghn-Familie gehörte früher einmal dieser Planet hier. Es kursieren Gerüchte darüber, daß ihr Urgroßvater ihn während eines Privatkrieges verloren hat.“
Der Hiag lachte bitter auf.
„Wohl keine Wunde, die im kriegerischen Zorn
Durch Schwertes Schärfe zugefügt, die jemals brennt
Wie des entehrenden Verrufes gift’ger Dorn,
Der steckt im Namen jenes Mannes, den man nobel nennt:
Denn keine Reinigung noch ärztlich Kunst, die kennt,
Wie sich die kranke Ehr’ läßt neu gesunden,
Noch all sein heldenhaft Vermögen, das jetzt getrennt,
Doch einst durch seinen Mut unsterblich ward verbunden,
Vermag zu lindern diesen Schmerz, den Schmerz
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